Bessarabien (rumänisch Basarabia; russisch/ukrainisch Bessarabija) ist eine historische Landschaft in Südosteuropa. Das südliche Drittel Bessarabiens (mit der Schwarzmeerküste) gehört heute zur Ukraine; die nördlichen zwei Drittel bilden den Hauptteil des Staatsgebietes von Moldawien. Begrenzt wird Bessarabien durch den Fluss Pruth und den Unterlauf der Donau im Westen sowie den Fluss Dnjestr im Osten; im Süden reicht es bis an das Schwarze Meer. Im Norden bilden die Ausläufer der Karpaten die Grenze. Seine Fläche beträgt knapp 45000 km2.
Der Name „Bessarabien“ leitet sich nach überwiegender Meinung vom moldauischen Fürstengeschlecht „Basarab“ ab, das dort im 14. und 15. Jahrhundert herrschte (s. unten Bessarabiens Geschichte). Ursprünglich galt nur das südliche Drittel des Landes als Terra Bassarabum (lat.). Die Tataren, die früher dominierenden Bewohner des Landstrichs, nannten Südbessarabien nach seiner Form zwischen dem Dnjestr und dem Schwarzen Meer „Budschak“ (teilweise auch Budjak geschrieben, russisch: Budžak; rumänisch: Bugeac), was so viel wie „Winkel“ oder „Dreieck“ heißt. Dieses Dreieck entsteht, wenn man die Orte Bender (Tighina), Akkerman (Bilhorod-Dnistrovs’kyy) und Ismail (Izmayil) mit je einer Linie verbindet. Der Budschak war das eigentliche Siedlungsgebiet der deutschen Kolonisten.
Als selbständige Gebietsbezeichnung für ganz Bessarabien, d. h. auch für den nördlichen Teil, nicht nur den Budschak, führten die Russen den Begriff in den russisch-türkischen Friedensvertrag 1812 ein (s. unten Bessarabiens Geschichte). Russland wollte damit die Abtrennung von der Moldau rechtfertigen und gegen geschichtliche Tatsachen vorgeben, dass schon immer ein bessarabisches Land bestanden habe. 'Bessarabien' war zwischen 1812 und 1918 die offizielle Bezeichnung für einen Landesteil des russischen Zarenreichs und von 1918 - 1940 Name einer rumänischen Provinz. Heute besteht es nicht mehr als eigenständige politische Einheit.
Das Land ist im Süden hügelig-wellig und weitgehend baumfrei, im Mittel etwa 100 m über dem Meeresspiegel (ü. M.). Im Norden mit den Ausläufern der Karpaten ist es wald- und gebirgsreicher, mit Hügeln und Höhenzügen bis etwa 500 m ü. M. ansteigend.
Die größten Flüsse sind die Grenzgewässer Dnjestr und Pruth. Im Landesinneren sind der Kogälnik und der Jalpuch als Hauptflüsse zu nennen. Sie und andere kleinere Flüsse fließen bei geringem Gefälle in süd- südöstliche Richtung. Einige bilden an ihren Unterläufen Haffseen aus, die „Limane“ (Salzwasserseen), z. B. am Dnjestr, am Kogälnik, bevor sie ins Schwarze Meer münden. Abgesehen von Pruth und Dnjestr fallen alle Flüsse im Sommer fast trocken.
Obwohl das Land nahe dem Meer liegt, ist sein Klima kontinental geprägt, mit trockenheißen Sommern und eiskalten, z. T. stürmischen Wintern, im Süden Steppenklima mit geringen Niederschlägen (350 mm), im Norden gemäßigter, 600 mm Niederschlag. Zuweilen dauert der Frost von Oktober bis März. Aber trotz der häufigen Dürre und der gewaltigen Sommerhitze sind nach ausreichendem Regen die Ernten äußerst ergiebig. In „Statistische Beschreibung Bessarabiens und des sogenannten Budschak“ 1) lesen wir: „Infolge der offenen Steppenlage ist das Klima Bessarabiens unbeständig, jederzeit großen und schroffen Übergängen ausgesetzt. Selten ist es still, fast ständig wehen anhaltende Winde.“ (Hinweis: infolge der Eingriffe in die Natur ist das Klima heute (2007) gemäßigter).
Die weiten Flächen Süd- und Zentralbessarabiens sind fruchtbares Ackerland, das zum ukrainischen Schwarzerdegebiet gehört. Es gibt aber auch weniger gute Böden. Dieser Boden und die menschliche Arbeit der seit 1814 dort angesiedelten deutschen und bulgarischen Bauern waren das Fundament für die Entwicklung des Landes. Bodenschätze fehlen im Budschak.
Die Steppenlandschaft war ursprünglich unbewaldet, ja Bäume und Sträucher fehlten fast gänzlich. In der Steppe wuchs nur dürres Steppengras und eine eigentümliche Pflanze, die als Burian bezeichnet wurde. Erst mit der Kolonisierung begann hier eine Änderung.
⇒ S. Ziff. 4.1. Landwirtschaft)
Die Tier- und Vogelwelt wich nicht wesentlich von der in Mitteleuropa bekannten ab. Als Besonderheiten zu erwähnen sind insbesondere Trappgänse (Großtrappen) und Stepphühner (Zwergtrappen) sowie die noch anzusprechenden Zieselmäuse.
Die Menschen in Bessarabien gehören seit jeher sehr unterschiedlichen Volksgruppen an. Seit Anfang des 19. Jahrhunderts wohnten dort Moldauer 2), Rumänen, Ukrainer, Großrussen, Zigeuner, Bulgaren, Tataren, Gagausen, Deutsche, Juden und andere. Nach einer Statistik betrug die Einwohnerzahl im Jahre 1936 ca. 2.862.000; davon gehörten nur 2,8 % der deutschen Minderheit an. Sie bewohnten zusammen mit Bulgaren, Ukrainern und Großrussen den Süden. Im Kreis Akkerman hatten die Deutschen einen Anteil von 16,3 %. Heute (Stand 2004) bewohnen Bessarabien 4.322.800 Personen, davon sind ca. 62,5 % Moldauer, 17,5 % Ukrainer und 9,0 % Russen, so gut wie keine Deutschen mehr.
Bessarabien gehörte im Laufe seiner wechselvollen Geschichte zu sehr unterschiedlichen Staatsgebilden:
Dazien
, und einige Zeit später kam es teilweise zum Römischen Reich. Die Römer sicherten ihren Landesteil mit dem Trajanswall
. Zwischen dem 2. und 11. Jahrhundert durchzogen Wandervölker, darunter Goten, Hunnen, Awaren, Madjaren Bessarabien. Nach dem Mongoleneinfall von 1241 gehörte der Süden zeitweise zum Khanat der Goldenen Horde.