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krasna:d-02-04-01

2.4.1 Rumänisches Bessarabien, die Zwischenkriegszeit (1918-1940)

Am 9. April 1918 (russischer Kalender: 27. März) erklärte Bessarabien unter Beibehaltung einer Teilautonomie den Anschluß an Rumänien für ewige Zeiten. Im November 1918 wurde die Vereinigung faktisch vollzogen und der Sfatul Ţărei löste sich -wohl auch auf rumänischen Druck hin- auf. Bessarabien wurde in den zentralistischen rumänischen Nationalstaat eingegliedert1).

Die Angliederung an Rumänien war mit erheblichen Umstellungen und Anpassungen verbunden (völlig andere Rechtsvorschriften, andere Behördenkultur, neue Einrichtungen, die Bessarabiendeutschen sprachen die neue Staatssprache nicht). Trotz aller Erschwernisse begrüßten die deutschen Bauern den Anschluß an Rumänien, weil sie sich davon Schutz vor den Bolschewisten versprachen.

Zunächst trieb sie die Sorge um, was aus den nicht aufgehobenen russischen Liquidationsgesetzen wird (s. vorangehender Abschnitt). Ein Kongreß der Deutschen (Versammlung deutscher Gemeindevertreter) in Tarutino am 07. 03.1919 bat in einem Schreiben an den rumänischen König um Aufhebung der (russischen) und Liquidations- und Enteignungsgesetze und plädierte für die Beibehaltung der deutschen Sprache in Verwaltung und Schule. Kern2): “Von der Eingabe an den König wurde nur die Bitte um Aufhebung der Enteignungsgesetze erfüllt. Auf allen anderen Gebieten setzte eine Romanisierungspolitik ein.“

Schon bald nach dem Anschluß begann die Bukarester Regierung die Minderheiten, die etwa ein Drittel der Bevölkerung des neuen Nationalstaats stellten, zu schikanieren. Mit der zunehmenden Konsolidierung Großrumäniens und der von Bukarest zum Prinzip erhobenen Zentralisierung wurde der rumänische Staat immer minderheitenfeindlicher. Bessarabien bekam dies besonders zu spüren, weil die Russen seine Abtretung an Rumänien niemals anerkannten und die Rumänen alle Anstrengungen unternahmen, die bevölkerungsrelevanten Verhältnisse dieser Provinz in ihrem Sinne zu regeln und die Eigenständigkeiten der dort lebenden Bevölkerungsteile abzuschaffen. Abmachungen, die die Deutschen mit rumänischen Stellen trafen, wurden immer wieder gebrochen.

Ein paar Daten zu Ereignissen in Krasna:

  • 1920/21 Bischof Kessler residierte nach seiner Flucht vor den Sowjets in Krasna.
  • 1920/1921 Landreform, in der auch Krasnaer Bauern zum Teil enteignet wurden.
  • 1921 in Krasna wurde rumänisches Militär stationiert.
  • 1925 die Volksbank „Koncordia“ in Krasna gründete eine Molkerei.
  • 2./ 3. September 1927 schwere Überschwemmung in Krasna.
  • 27. 11. 1928 schwerer Orkan über Krasna: Häuser abgedeckt, Kirchendach beschädigt.
  • 21. 12. 1930 neue Glocke im Kirchturm aufgehängt.
  • Herbst 1930 Kirche renoviert.
  • 1930 Kanzlei renoviert.
  • 15. 01. 1937 der erste Zug hält an der neuen Eisenbahnhaltestelle Krasna.
  • 26. 12. 1938 Einweihung des Pfarrheimes.

Die Selbstverwaltung

Die rumänische Verwaltung raubte den Deutschen den letzten Rest von Selbstverwaltung. Die rücksichtslose Romanisierung der Verwaltung in den deutschen Gemeinden führte zu Schikanen und Entlassungen der deutschen Beamten, die durch Rumänen aus dem alten Staatsgebiet ersetzt wurden. Der deutsche Charakter der Gemeinden wurde durch das neue Wahlrecht, das allen Nationalitäten gleichen Zugang gewährte, gefährdet. Ab 1925 galt uneingeschränkt die rumänische Verwaltung, bis dahin gab es gewisse Übergangsstadien. Die Amtssprache war von Anfang an Rumänisch. Krasna behielt auch unter rumänischer Herrschaft seine Selbständigkeit als Gemeinde. Der frühere Oberschulz hieß jetzt Primar.
⇒ Einzelheiten s. Ziff. 4.8. Die Verwaltung

Deutsche Schule

Nachdem die Schulen unter russischer Herrschaft im Laufe des Jahres 1917 gerade wieder geöffnet hatten, mußten sie nach dem Anschluß an Rumänien erneut bis Ende des Jahres 1918 schließen. Dann konnten sie den Unterricht wieder aufnehmen, wurden aber im Zuge der einsetzenden Rumänisierungsbestrebungen 1919 zu staatlichen Schulen. Die Schulgebäude wurden verstaatlicht, Rumänisch als Unterrichtssprache eingeführt.
Der Fortbestand des deutschsprachigen Unterrichts blieb zentrales Thema aller Kongresse der Deutschen und ein Dauerkonflikt mit der rumänischen Regierung. Als aber nach langen Kämpfen im Jahre 1938/39 die Rückgewinnung der Kirchenschulen endlich erreicht wurde, war die Zeit der Deutschen in Bessarabien abgelaufen.
In Krasna gab es in rumänischer Zeit getrennte Schulen für Jungen und Mädchen. Die Krasnaer waren besorgt, weil ihre Kinder kaum noch Deutsch lernen konnten; es gab nur noch wenige deutsche Lehrer im Dorf. Ab Mitte der 30er Jahre war der Religionsunterricht praktisch der einzige Unterricht in deutscher Sprache, denn alle anderen Fächer wurden rumänisch erteilt. ⇒ s. Ziff. 5.2 Die Schule in Krasna

Wirtschaftliche Lage

Wirtschaftlich war der Staatswechsel von Rußland zu Rumänien auch eine schwierige Zeit. Der Krieg und die darauf folgende landwirtschaftliche Krise haben die deutschen Kolonien materiell zurückgeworfen. Die ökonomischen Verbindungen, die vor 1918 nach Osten, nach Odessa gerichtet waren, waren nun unterbrochen. Landwirtschaftliche Überschüsse konnten jetzt zwar ins Innere Rumäniens geleitet werden. Dort bestand aber kein großer Bedarf. Solange es kaum Möglichkeiten zur Verarbeitung landwirtschaftlicher Produkte in Bessarabien gab, produzierten die meisten Bauern nur soviel, wie sie und ihre Familien zum Überleben benötigten.
Zunächst nahmen Landwirtschaft, Handwerk und Gewerbe dank guter Preise für landwirtschaftliche Produkte einen sichtbaren Aufschwung. Dann gerieten die deutschen Bauern in eine wirtschaftlich prekäre Lage.

  • 1924 und 1925 gab es Mißernten, wodurch es in mehreren Teilen Bessarabiens zur Hungersnot kam. Auch in Krasna war die Lage kritisch. Man mußte ein Darlehen von 500.000 Lei bei der Temesvarer Bank aufnehmen, um Samen für die nächste Saat kaufen zu können3).
  • 1928 folgte erneut ein Dürrejahr mit einer großen Mißernte; der Winter 1928/1929 war sehr hart; es erfroren viele Bäume und Weinreben.
    Die Bauern im Süden Bessarabiens hatten Probleme, ihr Überleben zu organisieren. Man mußte Getreide und Kartoffeln aus anderen rumänischen Regionen beschaffen. Die USZeitung „Das Nordlicht“ berichtet unter dem 19. 10. 1928 zu Krasna, daß 2 ½ Waggon Weizen angekommen seien, den man in der Dobrutscha gekauft hatte. Die Dakota-Rundschau vermeldet am 11. 01. 1929, es seien 300 Pud Kartoffeln eingetroffen. In der gleichen Ausgabe wird erwähnt, daß die königliche Familie 500.000 Lei für die Notleidenden in Bessarabien gestiftet habe.

Die Eureka Rundschau schreibt am 15. 03. 1929, daß viele mittlere und kleine Bauern in Krasna ihr Vieh für einen sehr niedrigen Preis verkaufen mußten, um wenigstens etwas Geld für Nahrungsmittel zu bekommen.
Viele Krasnaer gerieten durch die hohen Preise für Saatgetreide und Futter in Schulden. Die Gemeinde nahm wegen der allgemeinen Not eine Anleihe von 2,6 Mio. Lei bei der „Allgemeinen Sparkasse in Hermannstadt auf, wofür 18 Gemeindemitglieder als Bürgen geradestanden4). Das Geld wurde um die Jahreswende 1928/1929 bereitgestellt.
Seit 1930 machten sich in Bessarabien immer stärker die Folgen der Weltwirtschaftskrise bemerkbar. Viele Bauern waren durch die vorangegangenen schlechten Ernten hoch verschuldet. Es kam zum Preissturz. Die materielle Lage war nach einer gewissen Zeit geradezu verhängnisvoll. Dies traf auch für Krasna zu, wie man aus Zeitungsmeldungen von damals entnehmen kann. Trotz der guten Ernte von 1929 gelang die Rückzahlung der Darlehensschulden nicht so schnell5). Die Abzahlung der Anleihe zog sich in die Länge, so daß die letzten Schuldner das Umschuldungsgesetz in Anspruch nehmen mußten6).

Die wirtschaftliche Not spiegelt sich auch in den starken Auswanderungen wider, die insbesondere 1925 und 1929 stattfanden.
⇒ s. Ziff. 7.6 Aus- und Abwanderung aus Krasna.

Um die Mitte der Dreißiger Jahre nahm der Getreideexport, besonders nach Deutschland dank neuer Staatsverträge zu, wovon die deutschen Bauern in Bessarabien profitierten.

Die im Vergleich zu den oft noch rückständigen rumänischen Bauernwirtschaften bessere Bewirtschaftung der deutschen Höfe und die hochstehende Viehzucht ließen die deutschen Bauern jedoch trotz der geschilderten Schwierigkeiten bald wesentlich zu den Überschüssen des Landes beitragen.

Landkauf/Landreform

In den zwanziger und dreißiger Jahren beschäftigte die Bessarabiendeutschen besonders intensiv das Problem des Landkaufs. Der Sachverhalt war nicht neu, seine Ursprünge reichten weit in die russische Vergangenheit der Bessarabiendeutschen zurück.
⇒ s. Ziff. 2.3 Die Veränderungen ab der zweiten Hälfte des 19. Jh. (etwa 1860-1918)

Da für die meisten Bessarabiendeutschen das Leben auf Landbesitz ausgerichtet war, wurde ihre Existenz bedroht, als es schwierig wurde, die Söhne durch Landkauf mit einem eigenen Hof auszustatten. Zwar hatte die rumänische Regierung im Jahre 1919 auf Bitten der Deutschen ihre Enteignung durch die russischen Liquidationsgesetze für nicht rechtskräftig erklärt. Aber bis zur Agrarreform nach 1920 konnten die Deutschen nicht über das Land verfügen. Das bedeutete konkret, daß ein Vater sein Land nicht einmal an seine Söhne überschreiben konnte.
1920, nachdem die Landreform beschlossen worden war, begann die Enteignung von Gütern über 100 ha. Dabei verloren deutsche Landeigentümer auch in Krasna Land. Einige landlose Krasnaer bekamen je 6 ha. Land aus dieser Aktion zugeteilt.
⇒ s. Ziff. 4.3 Landbesitzer und Landlose in Krasna

Mit der Landreform begann eine Verschlechterung der Situation der deutschen Landbevölkerung. Die Bedingungen des Landerwerbs wurden für die deutschen Gemeinden erheblich erschwert. Während der von 1927-1937 durchgeführten Landvermessung war es von Rechts wegen gänzlich verboten, Land zu kaufen. Das blühende Bauerntum Krasnas stieß damit an die Grenzen seiner Entwicklungsmöglichkeiten.

⇒ s. Ziff. 4.1 Die Landwirtschaft in Krasna

Politische Aktivitäten der Bessarabiendeutschen

Die deutschenfeindlichen Entwicklungen besonders im ersten Weltkrieg und dann die Minderheitenpolitik Rumäniens bewirkten eine gewisse Politisierung der an sich politikfernen Bessarabiendeutschen. Aus dem Bezirkskomitee Tarutino des 1917 gegründeten „Allrussischen Verbandes russischer Bürger deutscher Nationalität” bildete sich ein „Deutscher Volksrat für Bessarabien”, zu dem auch Krasna Delegierte entsandte. ⇒ s. Ziff. 5.4 Verbände, Räte, Vereine

Zunächst fanden sich die politischen Führer des Deutschtums gegenüber dem rumänischen Staat zu loyaler Mitarbeit bereit. Das Hauptziel der volksdeutschen Politik, die Verabschiedung eines Minderheitenstatuts, wurde bis zum Ende der 30er Jahre zwar nicht erreicht; jedoch gelang es, manche Härte zu mildern. Die Situation verschlechterte sich zu Beginn der 30er Jahre mit dem Auftreten autoritär-faschistischer Bewegungen bei den Rumänen („Eiserne Garde”). Dies und die immer deutlicher zutage tretende Krise des parlamentarischen Systems in Rumänien erhöhte auch in volksdeutschen Kreisen die Aufnahmebereitschaft für nationalsozialistisches Gedankengut.

Ute Schmidt7): “Die politischen und sozialen Umbrüche nach dem Ersten Weltkrieg, die minderheitenfeindlichen Maßnahmen der rumänischen Regierung und schließlich die Auswirkungen der wirtschaftlichen Krise erzeugten Ende der 20er und Anfang der 30er Jahre in Bessarabien ein Klima der Verunsicherung. Das Verhältnis zwischen der rumänischen Verwaltung und der deutschen Minderheit verschlechterte sich zusehends.“

Unter diesem Druck radikalisierten sich, besonders nach 1933, die Funktionäre der deutschen Minderheit in Rumänien - nicht unbedingt die von ihnen angeblich Vertretenen.
⇒ s. in Ziff. 7.1 Die Krasnaer Kolonisten und ihr Verhältnis zu anderen

Die Situation der Krasnaer auf kulturellem Gebiet

Nach der Loslösung Bessarabiens von Rußland entfiel auch die enge Verflechtung der Deutschen in Bessarabien mit denen im Raum Odessa, mit denen sie bis dahin eine kulturelle Einheit gebildet hatten. Notgedrungen entwickelten die Bessarabiendeutschen für die letzten zwanzig Jahre ihres Verbleibens in der Heimat eine eigene Geschichte, die sich nun im wesentlichen an anderen deutschen Gebieten Rumäniens, wie Siebenbürgen, orientierte.
Der rumänische Staat machte es ihnen nicht leicht. Im Gegenteil, er schränkte die kulturelle Autonomie der Bessarabiendeutschen (wie aller Minderheiten) ein. Trotz aller Belastungen wurden in den zwanziger und dreißiger Jahren in Krasna verschiedene Vereine gegründet. Dies zeigt, daß es eine Fortentwicklung der eigenen Kultur gab und zwar in einem Ausmaß, wie es vorher nicht bestand.
⇒ s. Ziff. 5.4.Verbände, Räte, Vereine

Die Gemeinde baute unter engagierter Anleitung des letzten Pfarrers von Krasna, Prof. Schumacher ein Haus für kulturelle Zwecke (s. Ziff. 3.1. Das Dorf Krasna, seine Lage und sein Aussehen). Dieses Haus (Heim) war für Krasna der Start in eine neue kulturelle Zeit. Bedauerlicherweise konnte man sich nur kurze Zeit daran erfreuen, denn es kam bald die Umsiedlung.

All das geschah trotz zunehmender Behinderung durch rumänische Stellen, denn ab 1930 hatte die radikale rumänische Innenpolitik schikanöse Maßnahmen gegen die Minderheiten zur Folge. Solche Behinderungen wurden besonders sichtbar, als Pfarrer Schumacher energisch daran ging, kulturelle Aktivitäten zu entfalten (Jugend etc.). Mehrfach wurde die Fortsetzung der Arbeiten am Heim verboten. Pfarrer Schumacher wurde beschuldigt, antirumänische Umtriebe zu fördern, entsprechende Akten sind noch erhalten8).
Die rumänischen Lehrer und der rumänische örtliche Behördenchef haben mit allen Mitteln versucht, die Krasnaer auf ihre Linie zu zwingen. Sie ernteten dafür Mißtrauen und Ablehnung.

Nicht zuletzt wegen der aufgezeigten kulturellen Fortentwicklung wurden die Jahre unter rumänischer Herrschaft von der letzten Krasnaer Erlebnisgeneration überwiegend positiv wahrgenommen.

Kirche

Auch für die Kirchengemeinde von Krasna hatte der Anschluß an Rumänien Konsequenzen. Die Abtrennung Bessarabiens von Rußland bedingte die im September 1921 vollzogene Lostrennung des bessarabischen Raumes von der russischen Diözese Tiraspol und seine Einverleibung in die rumänische Diözese Jassy. Zu diesem Zweck kam der Bischof von Jassy nach Krasna, wo damals der Bischof der Diözese Tiraspol Bischof Keßler weilte (s. Ziff. 5.1 Kirche und Religion). Er hatte nach dem Abzug der deutschen Truppen aus der Ukraine am 20. Januar 1920 Odessa verlassen, um sich nach Bessarabien zu begeben, das noch zu seiner Diözese gehörte. Er wohnte bis Ende 1921 in Krasna.

Abgesehen von der Landenteignung (s. weiter oben) und den beschriebenen Schwierigkeiten Pfarrer Schumachers sind auf Kirche und Religion bezogene Maßnahmen der rumänischen Regierung nicht bekannt. Allerdings sahen die Rumänen streng darauf, daß jede außerkirchliche Tätigkeit des Pfarrers unterblieb, und sie verstanden unter kirchlicher Tätigkeit im Grunde nur die Liturgie. Jugendseelsorge, die über Kirchengesang hinausging, war schon verdächtig.

Die Abtretung Bessarabiens an die Sowjetunion

Die nach 1917 entstandene Sowjetunion hatte die Abtrennung Bessarabiens von Rußland im Jahre 1918 niemals akzeptiert. Stalin beanspruchte das Land weiterhin. Er gründete am Ostufer des Dnjestr 1924 die „Moldauische Autonome Sozialistische Sowjetrepublik“ (MASSR) als Gegenpol zum jetzt rumänischen Bessarabien.
Schon seit Ende 1939/Anfang 1940 gab es Anzeichen für eine Verschärfung der sowjetischen Haltung. Rumänien hatte deshalb Truppen an die Ostgrenze verlegt und bei den deutschen Bauern (aber nicht nur bei ihnen) Pferde, Vieh und landwirtschaftliche Produkte requiriert. Mehr und mehr Männer wurden zum rumänischen Militär eingezogen. Die Einwohner wurden zum Kauf von Kriegsanleihen aufgefordert. Nach Schätzung von Eduard Ruscheinsky zeichnete Krasna eine Summe von 800.000 Lei. Auch in Krasna hatte man Kenntnis von dem starken Druck, den die Sowjetunion auf Rumänien ausübte, um sich Bessarabien wieder einzuverleiben. Eduard Ruscheinsky9) beschreibt die Stimmung so: „Die Gemüter der Leute waren stark bedrückt. Die Menschen hatten schon eine unheimliche Ahnung, daß sich über unseren Köpfen schwere Gewitterwolken zusammenziehen würden und uns schwere Tage bevorständen.“

Ab Mai 1940 kreisten russische Flugzeuge regelmäßig über dem deutschen Siedlungsgebiet Südbessarabiens. Ein sowjetisches Flugzeug war im Frühsommer sogar in Krasna gelandet.
Kaspar Ternes war Augenzeuge10): „An einem ruhigen Sonntagnachmittag kreiste ein russischer Doppeldecker über unserem Dorf. Er landete schließlich im Unterdorf auf der Hauptstraße mit zwei Mann Besatzung. Wie viele andere lief ich voller Neugier zum Landeplatz. Ein Uniformierter ohne Rangabzeichen erhob sich in der Maschine und versuchte in gebrochenem Deutsch und Russisch lautstark zu erklären: ‚Ihr seid jetzt frei und die Rote Armee wird in Kürze Bessarabien besetzen’. Nach etwa einer Viertelstunde flog der Doppeldecker wieder in Richtung Norden. Die Anwesenden, über das Vernommene arg schockiert, gingen bedrückt heim. Im Ort gab es nur noch ein Thema: Wer kann uns vor dem Kommunismus retten?“

Als Frankreich am 22.6.1940 nach dem Einmarsch der deutschen Truppen kapitulierte und Rumänien damit seinen Bündnispartner verlor, hielt die Sowjetunion den Zeitpunkt für gekommen, die Rückgabe Bessarabiens zu verlangen.
Am 26.06.1940 stellte die Sowjetunion Rumänien ein Ultimatum, Bessarabien binnen 48 Stunden zu räumen. Die rumänische Regierung fügte sich am 27. Juni 1940 diesem Ansinnen und trat Bessarabien an die Sowjetunion ab.
Die abziehenden rumänischen Truppen, in denen sich auch viele Bessarabiendeutsche befanden, brachten den deutschen Dörfern zusätzliche Belastungen: Pferdefutter, Requirierung von Pferden, Stellung von Fuhren.

1)
Die völkerrechtliche Anerkennung Bessarabiens als Teil Rumäniens kam 1920 im Vertrag von Versailles zustande. Das Gebiet wurde Rumänien zugesprochen, weil es im Ersten Weltkrieg auf der Seite der Gegner des Deutschen Reiches stand.
2)
Kern, Albert. Heimatbuch der Bessarabiendeutschen. Hannover: Selbstverlag der Hilfskomitees der evangelisch-lutherischen Kirche aus Bessarabien, 1976, S. 20
3)
Zeitungsnotiz in Das Nordlicht vom 29. 04. 1926
4)
Dies war Teil des 60-Mio.-Lei-Kredits, der nach Verhandlungen mit Finanzkreisen in Deutschland für die bessarabiendeutschen Dörfer zur Verfügung gestellt wurde. S. Heer, Richard: Die alte und die neue Heimat der Bessarabien-Deutschen, S. 642 Das Notstandwerk für die deutschen Gemeinden in Bessarabien
5)
Ruscheinsky, Eduard; Chronik der Gemeinde Krasna, erschienen im Bauernkalender , Jahrbuch der Deutschen in Bessarabien / Kultur- und Presseamt des Deutschen Volksrates für Bessarabien 1939, S. 164-172
6)
Wegen der Unruhen in vielen Landesteilen strich die Regierung 1934 durch Gesetz 70% der Schulden der Bauern
7)
Ute Schmidt, Die Deutschen aus Bessarabien. Eine Minderheit aus Südosteuropa (1814 bis heute) Böhlau, 2004, S. 61
8)
Materials extracted from Microcopy T81, Roll 599, from National Archives II, College Park, MD, U.S.A
9)
Ruscheinsky, Eduard; Die katholische Diasporagemeinde Krasna/Bessarabien. Vor dem herannahenden Gewitter des Zweiten Weltkrieges (1939-1940), in: Heimatbuch der Bessarabiendeutschen 1960, S. 7
10)
Ternes, Kaspar; Überlieferungen aus der Zeit der Umsiedlung und danach, in Jahrbuch der Deutschen aus Bessarabien Heimatkalender 2002, S. 189
krasna/d-02-04-01.txt · Zuletzt geändert: 2019/06/17 16:14 von Otto Riehl Herausgeber