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Altarkreuz aus St. Joseph · Krasna



Vorbemerkung

  • Meine Oma Veronika Riehl hat am 30. September 1940 von Pfarrer Prof. Wilhelm Schumacher den Auftrag bekommen, das Altarkreuz aus St. Joseph vor den Bolschewiki zu retten.
  • Mein Opa Eduard Riehl hat das Altarkreuz Ende 1953 in eine würdige Umgebung an die Pfarrgemeinde St. Lubentius, Kobern zur Verwahrung gegeben. Dieses Verwahren war immer getragen von einer zaghaften Hoffnung, wieder nach Krasna zurückkehren zu können. Das war halt nicht möglich.
  • Den Auftrag, das Altarkreuz wieder nach Krasna zu schaffen, haben mein Onkel Eduard Riehl und mein Vater Max Riehl mir gegeben. Die Beiden sind die letzten lebenden Söhne von meinem Opa. Hintergrund dieser Entscheidung sind folgende Aspekte:
    • Es gibt nicht mehr viele Personen, die in Krasna geboren wurden. Der Bedarf sich das Kreuz für Feierlichkeiten auszuleihen, geht gegen Null.
    • Mein guter Kontakt zur momentanen Gemeindeverwaltung von Krasna zeigt dort ein historisches Bewusstsein für diesen schönen Ort am Fluss Kogälnik.
    • Im Juli dieses Jahres wurde die Friedhofskapelle in Krasna, in Eigeninitiative von einer Gruppe Gemeindemitgliedern, anlässlich des 25. Jahrestages der Einsegnung der Kapelle herausgeputzt
  • Der Pfarrer von Kobern, Carsten Scher, wünscht uns alles Gute und freut sich, dass wir das Altarkreuz wieder in seinen Herkunftsort verbringen wollen. Dafür haben wir seinen Segen. (Auskunft von Sigrid Becker am 23.09.2021, Küsterin in St. Lubentius)

Otto Riehl - September 2021

Meine Großeltern wohnten in Krasna in diesem Haus.


Hersteller

Das Kreuz aus St. Joseph, Krasna hat eine Herstellermarke von Fraget aus Warschau. Verwendet wurde die Herstellermarke ca. 1851 bis 1854.

Dieses Fraget-Zeichen bezieht sich auch auf die schmelzbasierte Silberabscheidung. Es hat die polnische Inschrift „WARSZAWA FRAGET“ („WARSAW FRAGET“) + ein französisches Wort „PLAQUÉ“ im Oval. Beachten Sie den Punkt (!) nach dem Wort „PLAQUÉ“. Sehr selten.

Die Fabrik Fraget wurde 1824 von zwei französischen Geschäftsleuten - den Brüdern Alphonse (Alfons) und Joseph (auf Polnisch Józef) Fraget - gegründet. Nach 1841 wurde Joseph Fraget jedoch der alleinige Eigentümer dieser Firma. In den fünfziger und sechziger Jahren des 19. Jahrhunderts wandte sich die Firma der Herstellung von galvanisierten Silbergegenständen zu und exportierte sie hauptsächlich auf den russischen Markt. Die Produkte der Firma Fraget erfreuten sich bald großer Beliebtheit. Seitdem wurde jeder versilberte Gegenstand im Russischen Reich einfach fraget genannt. 1867 starb Joseph Fraget und sein Geschäft wurde von seinem Sohn Julian geerbt. 1905 wurde Julian ermordet und ab 1906 wurde Fraget von Julians Tochter Maria Antonina geführt, die 1934 starb.

Herstellermarke Fraget unter dem Altarkreuz

Fachmann Dr. David N. Nikogosyan, Bonn, Deutschland.

Die Firma Fraget wurde 1824 gegründet und hatte später Geschäfte unter anderen in Lemberg und in Odessa. Quelle: https://pl.wikipedia.org/wiki/Fraget

  • Da die Firma Fraget erste 1824 gegründet wurde, kann das Kreuz nicht, wie überliefert, von den ersten Kolonisten stammen.
  • Die Herstellermarke wurde 1851 - 1854 verwendet. Den Zeitraum würde ich auch für das Auftauchen in Krasna annehmen.
  • Ich nehme an, das Kreuz stammt aus der alten Kirche.
  • Die neue Kirche wurde 1866 begonnen zu bauen. Das Kreuz war wahrscheinlich schon vorhanden.
Vorderseite des Altarkreuzes von St. Joseph in Krasna

Die Gestaltung entspricht dem Historismus des 19. Jahrhunderts. Die Stilelemente, die Form der Akanthusblätter und die gesamte Formensprache lassen das Kreuz als ein Objekt der Neorenaissance erscheinen, die 1851 mit der Weltausstellung in London beginnt, sich europaweit durchzusetzen.

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Versilbert

Versilberte Gegenstände unterscheiden sich optisch nicht von massiv silbernen. Die Versilberung - Silberauflage genannt - ist eine galvanisierte Oberfläche, die auf einen Kern aus unedlem Material wie Stahl, Alpaka oder Bronze aufgebracht wird. Stahl wird vornehmlich für Besteck aus Großserienproduktionen genommen, die im Kern günstiger herzustellen sind. Bronze finden wir vornehmlich bei Leuchtern und Hohlwaren, während Alpaka - auch Neusilber genannt – bei gutem versilbertem Besteck Tradition hat. Alpaka ist eine Legierung aus Kupfer (Cu), Nickel (Ni) und Zink (Zn) und in seinen Eigenschaften dem Silber (Ag) ähnlich. Aufwändige Dekore können auf diesem Kernmaterial gut gestaltet werden. Die Oberfläche wird mit Silber galvanisiert, deren Qualität in Gramm pro je 12 Tafelgabeln und -Löffeln , die mit 24 dm² angenommen werden, angegeben wird.

Linke Seite Altarkreuz
Rückseite Altarkreuz
Rechte Seite Altarkreuz
Höhe 62 cm Altarkreuz
Breite 20 cm Altarkreuz


Umsiedlung

Am 29. September 1940 hat die Kirche St. Joseph in Krasna aufgehört, eine Kirche zu sein. Sie wurde danach als Getreidelager genutzt. Damit die Inneneinrichtung der Kirche nicht auf dem Schrottplatz landete, hat Pfarrer Schumacher alle beweglichen Teile an Familien verteilt, die bereit waren, etwas mitzunehmen. Die Sachen sollten für einen Neuanfang in die neue Heimat mitgenommen werden und dort beim Neuanfang einer Kirche zurückgegeben werden.

Zu den aufgeteilten Sachen gehörte auch das Altarkreuz von St. Joseph. An materiellem Wert hatte es keine besondere Bedeutung. Die aufgeteilten Sachen mussten von den Familien, die etwas mitgenommen hatten, als privates Eigentum verpackt werden.

Nach dem Umsiedlungsabkommen durfte kein Eigentum der Kirche oder sonstiger Gemeinschaften mitgenommen werden. Am Donauhafen Kilia wurde bei vielen Familien das Gepäck nach Sachen der Kirche durchsucht. Das materiell fast wertlose Kreuz vom St. Josephsaltar wurde bei der Durchsuchung als Eigentum der Kirche aussortiert und sollte deshalb in Russland zurückbleiben. Ein heftiger Wortwechsel entstand zwischen den russischen und deutschen Beamten um das Kreuz. Nach einem harten, längeren Streit packte der russische Beamte fluchend das Kreuz und hat es mit voller Wucht auf die Erde geschmissen. Leicht beschädigt wurde es von den Helfern eingepackt. Die Kiste wurde als letztes Gepäckstück auf das schon abfahrbereite Schiff gebracht.

Das Kreuz machte den Weg der Umsiedlung über Sachsen zurück nach Polen mit. Dorthin, von wo es einstmals hergekommen war. Nach der Ansiedlung in Polen waren zu der damaligen Zeit fast alle Kirchen geschlossen und es gab keine Gelegenheiten, das Kreuz an eine Kirche zugeben.

Bei der Beerdigung unserer Mutter am 13.03.1942 in Gromaden, Westpreußen, wurde das Kreuz mit seiner Beschädigung zum ersten Mal seit Krasna bei der Feier der Totenmesse und einer Kindstaufe benutzt. Wegen Platzmangel wurde das Kreuz wieder verpackt und ging im Januar 1945 mit auf die Flucht bis nach Knüppeldamm in Mecklenburg. Beim Einmarsch der Russen in Mecklenburg durchwühlten und plünderten die russischen Soldaten die verbliebenen Sachen, die auf dem Wagen schon zur Flucht verladen waren und beschädigten das Kreuz noch mehr. Auf den 10 Jahren Wanderschaft bis 1950 nach Kobern-Gondorf, kamen noch weitere Schäden hinzu.

Als feststand, dass Kobern die neue Heimat sein wird, gab unser Vater das Kreuz circa Spätsommer 1953 der Kirche in Kobern, mit all den Schäden, die durch die Umsiedlung, Flucht, Plünderung und den vielen Umzugsfahrten entstanden waren.

Nach mehreren Jahren übernahm der Kulturkreis die Kosten für die Reparatur. Bei der Reparatur wurde eine bleibende Plakette Eduard Riehl unter dem Fuß angebracht. Mit der Inschrift wurde die Herkunft dokumentiert.

Soweit mir bekannt ist, ist es das einzige Stück, das aus der Kirche St. Joseph von Krasna gerettet wurde.

Riehl Maximilian, Januar 2005

So kann man verbergen

Rückführung

  • Für die Rückführung will ich, Otto Riehl, einen würdigen Anlass finden. Gedanken zu einem Termin:
    • 26.04.2023 - 25 Jahre Glockenweihe der Friedhofskapelle
      Die Glocke wurde leider vor Juli 2021 geklaut.
      Der neue Gemeindeverbund hat im Januar 2022 eine neue Glocke gekauft.
      Wenn es wärmer ist, wird die Glocke vom Priester aus Krasna eingeweiht.
    • 04.08.2024 - 30 Jahre Grundsteinlegung Friedhofskapelle
    • 20.07.2026 - 30 Jahre Einweihung der Friedhofskapelle
    • 29.09.2030 - 90 Jahre nach der Umsiedlung
    • 29.09.2040 - 100 Jahre nach der Umsiedlung
Plakette von Eduard Riehl unter dem Altarkreuz


Reparatur

Ausgeführt wurde eine Reparatur am Altarkreuz ca. 1980 von der Ordensgemeinschaft der Pallottiner, Vallendar, bei Koblenz.

  • Das Kreuz war stark verbogen und verkratzt. Diese Schäden wurden gerichtet.
  • Der Korpus Christi wurde neu vergoldet.
  • Auf der Unterseite, wurde am Fuß eine Plakette zur Herkunft des Altarkreuzes angeklebt.
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