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krasna:e-03-01-00

3.1 Das Dorf Krasna, seine Lage und sein Aussehen

Die Lage

Die geographischen Koordinaten von Krasna sind ungefähr: N 46°07’, O 29°14’.
⇒ s. auch Karte in Ziff. 3.8 Krasna und seine Umgebung

In einem russischen Schriftstück von 18271) heißt es zur Lage der Kolonie Krasna: “Sie ist auf der Wiese im Tal des Kogälnik an dessen rechten Ufer angelegt.“
Und im Gemeindebericht von 1848 steht: „Der Fluß Kugelnik zieht von Osten nach Süden. Das Dorf liegt mitten im Tal in zwei Häuserreihen. Krasna ist 100 Werst von der Gouvernementsstadt Kischinew, 90 Werst von Akkerman u. 90 Werst von Ismail entfernt.“

Das Dorf selbst lag nach einer alten Militärkarte gut 50 bis 60 m über dem Meeresspiegel, die Höhen links und rechts des Kogälnik stiegen bis auf etwa 140 m an.

Der Kogälnik (s. Ziff. 3.3 Der Kogälnik) prägte durch das breite Tal, das er bildete, die Krasnaer Gemarkung und gab ihr zusammen mit den ihn begleitenden Höhenrücken den Charakter einer leicht hügeligen, gewellten Steppenlandschaft. Das Kogälniktal war in Krasna etwa 3 km breit. Das Land der Kolonie Krasna hatte die Form eines leicht verkanteten Rechtecks und lag links und rechts des Kogälnik. Das Dorf befand sich etwa in der Mitte der Gemarkung.
⇒ s. auch Ziff. 3.4 Die Gemarkung der Kolonie Krasna

Oberhalb des Dorfes mündete der Bach Antschiokrak (an ihm liegt Tarutino) in den Kogälnik. An diesem Bach gab es einige Teiche. Das Flußbett des Kogälnik und das Bachbett des Antschiokrak zusammen mit deren Teichen bedeckten in der Gemarkung Krasna gut 68 Desjatinen. Teiche wurden oft künstlich hergestellt durch Aufschütten von Dämmen, bestehend aus Kuhdung, Schutt, Stroh und ähnlichem. Sie dienten als Wasserreservoir für das Vieh in der Trockenperiode. Ohne diese Dämme wäre das Wasser relativ schnell abgeflossen und im Sommer hätte jegliches Wasser gefehlt. Einen solchen Damm gab es auch am Kogälnik in Krasna.
⇒ über den Dammbau s. Ziff. 3.3 Der Kogälnik

Bei der Wahl des Platzes für die Dorfanlage spielte das Vorhandensein von Wasser die Hauptrolle. Auf der Krasnaer Gemarkung gab es keine Quellen. Man mußte Grundwasser nutzen. Zu diesem Zweck hatte man im Ort viele Einzelbrunnen und mehrere Gemeinschaftsbrunnen. Eine Wasserleitung war ein Luxus, den man sich nicht leisten konnte.
⇒ s. Ziff. 3.7 Wasserversorgung Krasnas

Der Ortsname Krasna2)) (Russisch Krasninskaja, Rumänisch Crasna) erinnert an den Ort einer siegreichen Schlacht gegen Napoleon.
⇒ s. Ziff. 3.2 Namensgebung der Kolonie Krasna

Krasna lag an der Straße Tarutino-Sarata-Akkerman, eine der wichtigsten Straßen Bessarabiens. Krasna war gewissermaßen auch Verkehrsmittelpunkt. Es gingen Wege nach allen Himmelsrichtungen zu den Nachbarorten und in die Region. 1914 wurde eine Eisenbahnlinie gebaut, an der dann nach 1936 auch ein Haltepunkt für Krasna bestand.
⇒ s. Ziff. 4.5 Verkehrsinfrastruktur, Post und Telefon

Krasna war umgeben von deutschen Kolonien: Tarutino, Alt-Posttal, Katzbach, Alt-Elft, Paris, Friedenstal, Neu-Paris, Beresina, Klöstitz. Lediglich nach Westen lag das Bulgarendorf Ciuleni/Tschemlek. Nach Osten gab es den Weiler Hoffmannsfeld/Luxenburg.
⇒ s. Ziff. 3.8 Krasna und seine Umgebung

Das Aussehen des Dorfes

Die Dorfform der bessarabischen Kolonistendörfer wurde bei der Gründung behördlich vorgegeben. Sie hatten landesweit etwa den gleichen Zuschnitt bezüglich der Höfeanordnung und der Straßen. Krasna war gemäß diesen Vorgaben als Straßendorf mit einer langen geraden Straße längs des Kogälniktales angelegt.

Da es in der Ansiedlungszeit an Land nicht fehlte, baute man großzügig. Die Dorfstraße war schnurgerade, 40-50 m breit und unbefestigt. Typisches Merkmal war, daß sie nach den letzten Häusern abrupt in die offene Steppe überging.
Die deutschen Kolonisten wurden seit der Ansiedlung angehalten, Bäume zu pflanzen. Entsprechend waren auch in Krasna zu beiden Seiten der Fahrstraße durch Akazienbäume Gehwege abgetrennt. Das gab der Dorfstraße ein alleenartiges Aussehen. Die auf bessarabischen Fotographien zu sehenden Straßenbäume waren wohl erst gut 10 Jahre alt. Die Vorgänger waren im kalten Winter 1928/29 erfroren.

Ein Hofplatz hatte gewöhnlich etwa eine Desjatine Grundfläche, war ca. 250 Meter lang und 40 Meter breit. Die Gesamtfläche einer Landwirtschaft betrug anfangs mit Hof etwa 60 Desjatinen, gut 65 Hektar.

Die Dorfkonzeption von Krasna basierte auf 114 Hofstellen3), die allesamt an einer einzigen Dorfstraße lagen, und zwar gegenüber in gleicher Größe und gleichen Abständen. Wir müssen uns demnach die Straße mit rechts und links je 57 Höfen vorstellen. Das macht bei einer Hofbreite von 40 m etwa 2 – 2,5 km Länge aus, und bei einer Hoftiefe von 250 m kam plus Straßenbreite von 40 -50 m eine Dorfbreite von 500 – 600 m heraus. Dieses Grundkonzept war trotz zahlreicher Veränderungen bis zur Umsiedlung der Bessarabiendeutschen im Jahr 1940 noch zu erkennen. Allerdings hatte sich das Dorf längst von der einzügigen Straßenführung auf mehrere Längs- und Querstraßen erweitert (s. Ortsplan unten). Die Höfe an den neuen Straßen waren erheblich kleiner, als die ursprünglichen. Letztere waren allerdings, als die Bevölkerung im Laufe der Jahrzehnte weiter gewachsen war, der Länge nach geteilt worden. 1940 gab es, von ganz wenigen Ausnahmen abgesehen, nur noch halbe Höfe oder sogar noch kleinere. Man sprach aber immer noch davon, daß Krasna 114 ganze Wirtschaften habe, 60 Wirtschaften im Oberdorf, 54 Wirtschaften im Unterdorf, obwohl die wirkliche Zahl von Landwirtschaften infolge der Teilung der ursprünglichen Wirtschaften viel höher lag. Die einzelnen Höfe hatten Hofnummern. Diese Nummern waren in der Gemeindeverwaltung registriert, sie waren keine Hausnummern. Die im Jahre 1850 geltenden Nummern ergeben sich aus dem Census von 1850, die 1940 geltenden sind in der Seelenliste von Krasna aufgeführt4).

Die Höfe der Krasnaer Bauern waren, wie in allen deutschen Dörfern Bessarabien, von der Straße durch eine Straßenmauer getrennt. Diese war verputzt und weiß getüncht und gab somit dem Hof einen sauberen Anblick. In den meisten Fällen waren die Kolonistenhäuser Einheitshäuser die alle den gleichen Grundriß hatten. Sie standen fast immer mit der Giebelseite zur Straße.
⇒ s. Ziff. 3.5 Hof und Haus des Kolonisten

Abb. 7: Frauen beim Tünchen der Straßenmauer

Bei der Vermessung der Grundstücke zur Anlage der Kolonie wurde von vornherein je eine genügend große Parzelle für Schule und Kirche in der Mitte des Dorfes eingeplant.
Da die Höfe eine einheitliche Größe hatten, machte der Dorfplan einen regelmäßigen, fast schachbrettartigen Eindruck. Die Bauernhäuser waren immer einstöckig, wodurch die Kirche mit ihrem Turm das Dorfbild beherrschte.

Der Unterschied zwischen den sauberen, gepflegten deutschen Siedlungen und denen der Russen, Rumänen, Zigeuner und Juden bestand noch im Jahre 1940. Einen Eindruck von einem deutschbessarabischen Dorf und seinem Leben vermittelt der Aufsatz von Wilhelm Hornung „Eine andere Welt. Aus dem Leben der Deutschen in Bessarabien“5). Seine Schilderungen treffen auch auf Krasna zu.

Die Entwicklung des Dorfes

Wir wissen nicht im einzelnen wie das Dorf am Anfang ausgesehen hat. Man kann aber davon ausgehen, daß es zunächst einen sehr ärmlichen Eindruck gemacht hat: primitive Hütten weit auseinander liegend, auf den großen, baumlosen Höfen nur einen Bruchteil der Fläche bedekkend, keine Mauern oder Zäune an der Straße. Allerdings kamen die Bäume bald, denn das war eine Anordnung des Fürsorgekomitees. Auch die kleinen Kronshäuschen machten das Aussehen nicht viel besser. Man muß die Entwicklung zum endgültigen Aussehen als einen fortschreitenden Prozeß sehen. Die Häuser wurden mit zunehmendem Wohlstand größer, die Höfe ordentlicher, Mauern wurden zur Straße gezogen6).

Eine Momentaufnahme haben wir aus dem Jahre 1827, nach der es in Krasna folgende Gebäude gab7):

  • Hölzernes Bethaus 1
  • Häuser aus Stein 2
  • Häuser aus Geflecht 68
  • Häuser aus ungebrannten Ziegeln 37
  • Windmühlen 1
  • Wassermühlen am Kogälnik 1
  • Bodenmühlen 1

Die nächste Teilbeschreibung datiert von 1848. In der Mitte des Dorfes befanden sich die öffentlichen Gebäude (Kirche, Dorfkanzlei und Schule). Der Gemeindebericht von 1848 nennt die Einrichtungsjahre folgender Gebäude:

  • 1818 ein steinernes Bethaus gebaut und mit Rohr gedeckt;
  • 1818 das Pfarrhaus aus Lehm gebaut, es steht 8 Faden (gut 17 m) von der Kirche;
  • 1836 in der Mitte des Dorfes ein hübsches Schulhaus gebaut;
  • 1844 unweit des Schulhauses ein Vorratsmagazin aus Stein erbaut und mit Rohr gedeckt;
  • 1839 eine Gemeindekanzlei in der Mitte des Dorfes gebaut.

Anhaltspunkte über einzelne Veränderungen im Dorf haben wir dann wieder ab etwa 1860 bis 1885. Die in dieser Zeit entstandenen öffentlichen Gebäude waren bis 1940 voll in Funktion und prägten das Bild des Dorfes entscheidend mit.

  • 1866 stellte die Gemeinde eine Pfarrkirche fertig, die das alte Bethaus ersetzte.
  • Um 1870 wurde eine neue Kanzlei errichtet,
  • 1881 erfolgte der Bau eines neuen Pastorats.

⇒ Beschreibung dieser Gebäude im einzelnen siehe weiter unten.

1911 wurde das letzte Haus aus der Gründerzeit Krasnas abgetragen. Nach E. Ruscheinsky befand es sich bei Josef Johannes Kuß.

Die Erweiterung des Dorfes

Das Dorf wurde mit dem Wachsen der Bevölkerung schrittweise erweitert. Wann welcher Teil hinzukam, konnte nicht im einzelnen ermittelt werden.

Schon bald nach der Ansiedlung mußten für Leute, die keine Hofstelle erhalten hatten, „Einwohnerplätze“ ausgewiesen werden. Diese sogenannten „Landlosen“ verdienten ihren Lebensunterhalt durch Handwerk oder als Tagelöhner bei den (Land)-Wirten. Im zwanzigsten Jahrhundert bestanden solche Plätze am Kilianseck am Antschiokraker Weg (Richtung Tarutino) und am Südende der Hauptstraße (Hinterdorf). Man nannte diesen Dorfteil etwas abträglich auch „Sampasui“ oder „Stadt Moskau“. Die ersten fünf Häuschen dort standen schon vor dem 1. Weltkrieg. Im Jahre 1924 wurden weitere Hofplätze an Landlose ausgeteilt und die Leute bauten sich kleine einfache Häuschen, die sie mit Lehm deckten.
Als Bauland für diese Siedlungen wurde ein Teil der Gemeindeweide kostenlos zur Verfügung gestellt. Die Siedler hatten daran das Nutzungsrecht, wurden aber nicht Eigentümer.

Die vorhandenen Unterlagen erlauben eine ziemlich genaue Vorstellung vom Aussehen des Dorfes etwa der letzten 15 Jahre vor der Umsiedlung:

  • Beschreibung des Dorfes, Stand 1929 von Josef Braun in mehreren Teilen in der Dakota Rundschau im Jahre 1929,
  • ein von Melchior Koch gezeichneter Ortsplan mit Namen der Hof- und Hausbesitzer, Stand 19408) (s. Ziff. 7.13) und
  • eine Seelenliste (Umsiedlungszeitpunkt) von A. Leinz verbunden mit einer Ortskarte von Herbert Ruscheinsky9).

Die Dorflänge betrug 1940 gut vier Kilometer. Es gab mehrere Längs- und Querstraßen. Um mit E. Ruscheinsky zu sprechen: „Krasna besteht heute (1940) schon aus sechs Häuserreihen, also seit der Ansiedlung besitzen wir zwei neue Dorfstraßen.“ Die Straßennamen und die einzelnen Ortsteile sind im nachstehenden Ortsplan zu ersehen.

Abb. 8: Krasna Ortsplan
Abb. 9: Krasna, Gesamtansicht etwa Mitte der 1930er Jahre
Abb. 10: Hauptstraße von Krasna, aufgenommen vor dem 1. Weltkrieg
Abb. 11: Blick auf die Hauptstraße von Krasna 1940

Die wichtigsten Gebäude und Einrichtungen

Kirche

Schon wenige Jahre nach der Gründung bauten die Krasnaer unter Führung Pater Paschkowskis ein Bethaus (1818). Der Gemeindebericht spricht von einem steinernen, die Statistische Beschreibung des Budschaks von einem hölzernen Bethaus, wie dem auch sei: fest steht, daß Krasna die erste Kolonie war, die über ein eigenes Gotteshaus verfügte. Wie es konkret aussah, wissen wir nicht. Man kann aber annehmen, daß es einem Wohnhaus glich, nur größer und geräumiger mit größeren Fenstern. Der Glockenstuhl aus Holz stand vielleicht etwas getrennt von dem Gebäude. Das Bethaus lag wohl im damaligen Zentrum des Dorfes „an der Stelle, wo heute Markus Ternes wohnt“10). Dieses Gebäude diente der Gemeinde fast 50 Jahre. Zur Erinnerung an dieses erste religiöse Zentrum der Kommune wurde später an der Straßenmauer ein Kreuz an der Stelle angebracht, wo der Altar gestanden hatte.
Der Hof von Markus Ternes war damals die Mitte des katholischen Teils von Krasna. Ein Teil des Oberdorfes war von evangelischen Siedlern bewohnt, die im Jahre 1825 Krasna verließen und sich in Katzbach niederließen.

Im Laufe der Jahre war das Bethaus zu klein geworden und entsprach auch sonst nicht mehr den Bedürfnissen der Gemeinde. Es existiert ein Kostenanschlag der Gemeinde Krasna aus dem Jahre 1858 mit einem Antrag an das Fürsorgekomitee, die Reparatur der Kirche und einen Kirchenanbau zu genehmigen11). Offensichtlich hat man diesen Plan aber nicht ausgeführt und statt dessen einen anderen Weg beschritten. Unter Pfarrer Adam Kümowitsch wurde im Jahre 1866 eine völlig neue große Pfarrkirche gebaut. Sie lag an der Hauptstraße nördlich der Kanzleigasse/Totengasse. Den Bau mußte die Gemeinde allein finanzieren.
Beim Baustil folgte man den in der zurückgelassenen Heimat vorherrschenden neoklassizistischen und historistischen Mustern des 18./19. Jahrhunderts. Als Baumaterial verwendete man Muschelkalkstein und gebrannte Ziegel (s. Ziff. 3.6 Bau- und Heizmaterial).

Neben Geld mußte die Gemeinde kräftig durch Arbeitsleistungen zur Errichtung des Gotteshauses beitragen (Fuhr- und Handfronen). Man mußte z.B. die Baugrube für die Fundamente ausheben, viele Fuhren mit Steinen aus anderen Orten heranfahren (in Krasna selbst gab es keinen Steinbruch).

Da, wie an anderer Stelle schon ausgeführt, in Bessarabien Wald fehlte, war die Beschaffung von Dachbalken für die neue Kirche von auswärts erforderlich. Nach der Überlieferung war die schwierigste Aufgabe, den großen Balken, der über dem Glockenstuhl den Kreuzturm tragen sollte, aus dem Hafen von Odessa über mehr als 140 km nach Krasna zu bringen12).

Die neue Kirche war ein schmuckes geräumiges Gebäude, weißgetüncht, mit einem lichten, großen Kirchenraum und einem hohen, über die Bauernhäuser hinausragenden Turm. Sie wurde am 6. Oktober 1874 von Bischof Vinzenz Lipski geweiht und nach dem Schutzpatron St. Joseph benannt.

Abb. 12: Die Kirche von Krasna
Abb. 13: Das Kircheninnere; Blick in Richtung Hauptaltar

Man betrat die Kirche durch das Portal unter dem Turm von der Straße her. Es war eine Saal-, keine Hallenkirche mit Haupt- und Seitenschiff. Über der Vorhalle befand sich eine Empore mit dem Platz für die Orgel.
Auf der gegenüber liegenden Seite waren angeordnet der Hauptaltar, ein Marienaltar auf der linken und ein Josephsaltar auf der rechten Seite. Von der Kirchendecke hingen große Kristalleuchter.

Abb. 14: Blick in Richtung Empore und Eingang

Altarkreuz

Abb.: 15: Auf dem Hauptaltar der Krasnaer Kirche befand sich dieses silberne Altarkreuz

Es hat eine eigene Geschichte.
Max Riehl erzählt: „ Aussagen unserer Krasnaer Vorfahren und die Inschrift auf dem Kreuz deuten darauf hin, daß das Altarkreuz der St. Josef-Kirche in Krasna von den Einwanderern aus Polen mitgebracht wurde. Es hat die Krasnaer über Generationen begleitet und den Umzug vom ersten Gotteshaus in die spätere Pfarrkirche mitgemacht. Es wurde über 125 Jahre in Krasna in Ehren gehalten. Es hatte keinen besonderen materiellen Wert, weder als Kunstwert noch als Werkstoff.
Als im Herbst 1940 die Umsiedlung der Deutschen aus Bessarabien begann, fand am 29. 09. 1940 in der Krasnaer Kirche der letzte Gottesdienst statt. Damit die sakralen Dinge nicht irgendwo auf dem Abfallhaufen landeten, hat der damalige Pfarrer, Prof. Schumacher, sie an Familien gegeben, die bereit waren, sie mit außer Landes zu nehmen. Mein Vater (Eduard Riehl) hat das Kreuz an sich genommen. Es hat uns begleitet auf dem Treck nach Galatz, auf dem Donauschiff, in den Umsiedlungslagern, bei der Ansiedlung in Westpreußen und auf der Flucht. Das Kreuz war auf dieser über 10 jährigen Wanderschaft mehrfach beschädigt worden. Als die Familie Riehl in Kobern an der Mosel wieder eine Heimat gefunden hatte, übergab Eduard Riehl das Kreuz an die dortige St. Laurentius-Kirche. Hier hat das Kreuz seine Bleibe gefunden. Der Kulturkreis der Bessarabiendeutschen hat es restaurieren lassen und unter seinem Fuß seine Herkunft dokumentiert.“

S. auch Ernst Schäfer: Das Altarkreuz aus der St. Josefs-Kirche Krasna, in: Erinnerungen an Bessarabien, 60 Jahre nach der Umsiedlung, 2001, S. 239

Der musikalischen Gottesdienstgestaltung diente zunächst ein Harmonium. 1906 wurde eine Orgel angeschafft und geweiht. Woher sie kam, war nicht zu ermitteln. Meist wurden in den bessarabischen Kolonien Orgeln aus Deutschland beschafft. Besonders häufig war die WalkerOrgel aus Ludwigsburg in den Siedlungen vertreten, z.B. in Alt-Elft, Katzbach.

Die Krasnaer Kirche hatte drei Glocken. Die größte war gegen Ende der 20er Jahre unbrauchbar geworden (gesprungen). Im Jahr 1930 beschloß die Gemeinde, Ersatz zu beschaffen. Die neue Glocke mit einem Gewicht von etwa 320 kg wurde im Dezember 1930 im Glockenstuhl montiert. Darüber berichtete die Dakota Rundschau 13. 02. 1931: „Am 21. 12. 1930 wurde unsere neue Glocke auf den Kirchturm gebracht und auf der Stelle der alten Glocke aufgehängt. Dieselbe kostet 55.000 Lei. Die ganze Bevölkerung fand sich hier ein und guckte zu. Die Glocke hat den Ton, wie die frühere, nur eine Kleinigkeit feiner.“

Außer zum Ausrufen von Gottesdiensten wurden die Glocken aus anderen Anlässen geläutet, wie zum Betglockenläuten (morgens und abends), bei Feuer im Dorf, Unfall und Tod. Die Zahl der läutenden Glocken und die Tonfolgen waren für die einzelnen Anlässe genau bestimmt.
Das Gotteshaus wurde 1930 renoviert (innen und außen frisch gestrichen und verziert). Im Jahre 1938 erneuerte man das Dach mit einem Kostenaufwand von rund 120.000 Lei.

Der um die Kirche angelegte »Kirchengarten« und die »Kirchenmauer« waren immer gut gepflegt. Im Jahre 1938 ließ Pfarrer Schumacher nach eigenen Angaben rund um die Kirche 35 Pappeln sowie andere Büsche pflanzen.

Pfarrhaus (Pastorat)

Das erste Pastorat wurde im Jahre 1818 neben der ersten Kirche erbaut. Es war gemäß dem Schreiben des Innenministeriums vom 5. Dezember 1822 von dem ersten Pfarrer auf dessen Kosten errichtet worden. Diesem Aktenstück verdanken wir die Kenntnis über das Aussehen des Hauses und das zu seinem Bau verwendete Material. Es hatte vier Zimmer, stand auf einem Steinfundament und hatte ein Ziegeldach. Das Haus wurde 1821 von der Gemeinde erworben13). Dem Erwerb war ein Streit mit den Erben von Pater Paschkowski vorausgegangen, die von der Gemeinde eine Entschädigung für das ihnen als Erbschaft zugefallene Haus verlangt hatten.
Dieses Gebäude befand sich unten bei Markus Ternes, auf dem gleichen Grundstück wie die erste Kirche, aber hinten am Gartengraben, fast am Rande des dort befindlichen Lehmlochs. Die Hofstelle mit dem alten Pfarramt gehörte bei der Umsiedlung 1940 dem Bauern Haag.

1881 wurde ein neues Pastorat errichtet. Es war bis zur Umsiedlung der Krasnaer im Jahre 1940 immer geistiger Mittelpunkt der Gemeinde.
Das Gebäude stand links neben der Kirche (aus Richtung Oberdorf gesehen) an der Hauptstraße. Hinter dem Pfarrhaus und der Kirche lag der Kirchenacker (ein Stück Kirchenland) und des Pfarrers Obstgarten.
Die Dakota Rundschau berichtet am 17. 04. 1931 aus Krasna: „Der Sturm vom 02. und 03. März richtete sehr viel Schaden an. Unser Pastorat ist halb abgedeckt, und wird es viel Geld kosten, wieder neues Blech zu kaufen und dasselbe zu decken. Es war ein solcher Sturm, wie ich einen zweiten noch nicht erlebt habe.“

Abb. 16: Pfarrer Szell vor dem Pastorat in Krasna im Jahre 1934

Friedhof

Der Friedhof lag am Kirchhof-Weg und an der Neuen Straße (auch als Friedhof-Straße bezeichnet). Es gab darauf eine Kapelle. Der Friedhof war eingezäunt und hatte ein eisernes Eingangstor. Sein Aussehen ließ, jedenfalls in den 30er Jahren des 20. Jahrhunderts nach Meinung von Pfarrer Schumacher zu wünschen übrig. Er schreibt in seinem Jahresbericht 1938: „Die einzig strittige Sache bleibt der Zustand des Friedhofs. Ich stelle ihn mir mehr wie einen Park vor, nicht als ein Stück ungepflegten Landes, was er jetzt ist. Die Leute sehen bis jetzt nicht den Grund dafür. Ich hatte gehofft, etwas Geld für ein neues Friedhofstor zu bekommen als die Gräber gesegnet wurden. Aber viele sind erst gar nicht zur Gräbersegnung erschienen.“

Die Situation war wohl in allen oder vielen bessarabischen Dörfern ähnlich. In der Chronik von Katzbach kann man zum Beispiel lesen: „Mit unserem Friedhof können wir keine Ehre einlegen. Es ist immer noch keine Ordnung auf ihm. Die Gräber werden nicht in grader Linie angelegt. Ferner bettet man die Toten nicht der Reihe nach, sondern jeder macht sein Grab dahin wohin er will.“

Es gab in Krasna keinen Friedhofsgärtner oder dergleichen. Die Gräber mußten von den Angehörigen der Verstorbenen selbst ausgehoben werden.

Pfarrer Leibham hat im Jahre 1930 für die Schaffung eines Kriegerdenkmals für die Gefallenen des 1. Weltkriegs geworben, wie sich aus einer Zeitungsnotiz in der Dakota Rundschau vom 04. 07. 1930 ergibt: „Auf Christi Himmelfahrt am Donnerstag, den 29. Mai, ging’s mit der Prozession auf den Friedhof, wo P. Leibham eine rührende Predigt hielt. Er sprach über die Gefallenen im Weltkrieg und beantragte eine Sammlung für ein Denkmal zu errichten, das schon auf vielen Dörfern getan wurde. In der Vesper kamen 2500 Lei zusammen. Unser Oberschulze hat Männer bestimmt, die von Haus zu Haus gehen werden, um weiter zu sammeln.“ Dieses Vorhaben ist nicht realisiert worden. In der Friedhofskapelle hing lediglich eine Gedenktafel für die Gefallenen des russisch-japanischen Krieges von 1905.

Abb. 17: Der Krasnaer Friedhof

Alte Schule (Mädchenschule)

1836 wurde in der Mitte des Dorfes ein Schulhaus neben der Kirche gebaut (von Norden her gesehen rechts neben der Kirche in der Hauptstraße). Es war 22 m lang und 8 m breit. Neben den Klassenräumen befanden sich darin auch Lehrerwohnungen. Dieses Gebäude diente in der rumänischen Zeit als Mädchenschule, die über drei Klassenräume verfügte.

Abb. 18: Die alte, 1836 erbaute Schule, später die Mädchenschule

Neue Schule (Knabenschule)

Seit 1914 besaß Krasna eine zweite Schule. Sie wurde 1914 vom Landschaftsamt (Semstwo) erbaut und kam auf 20.000 Rubel zu stehen, davon bezahlte die Gemeinde Krasna 8000 Rubel und leistete alle Fronfahrten. Dieses Schulgebäude fungierte als Knabenschule und hatte vier Klassenräume. In dem Haus gab es auch Lehrerwohnungen. Diese Einrichtung, auch SemstwoSchule genannt, lag hinter der Kirche und hatte Zugänge von der Totengasse, dem Häfnersweg und der Tschagurgasse.

Abb. 19: Knabenschule in Krasna

Die Gemeinde(Dorf)kanzlei

In den ersten Jahrzehnten hatte sich die Dorfverwaltung, im wesentlichen in Form von Gemeindeversammlungen, in einer Schenke abgespielt, die auf dem Hof von Rochus Fähnrich neben der Tschagurgasse stand. 1839 baute man eine Gemeindekanzlei in der Mitte des Dorfes; sie befand sich auf dem späteren Hof der Familie Melchior Ruscheinsky. Die damalige Dorfkanzlei lag neben dem Pfarramt, das zu jener Zeit allerdings noch unten bei Markus Ternes war. Die erste Dorfkanzlei stellte, gemessen an den üblichen Häusern, schon ein stattliches Gebäude dar.

Anfang der 1860er Jahre genügte das Bauwerk wohl nicht mehr den gestiegenen Anforderungen, denn uns liegt ein Gemeindebeschluß aus dem Jahre 1863 vor

  • mit der Bitte um Erlaubnis zum Bau einer neuen Kanzlei,
  • mit der Bitte um ein Darlehen zur Finanzierung eines Teils der Baumaßnahme.

Die neue Dorfkanzlei wurde Anfang der 70er Jahre erbaut. Das neue Gebäude lag schräg gegenüber vom Pfarrhaus, Ecke Hauptstraße/Kanzleigasse. Es war ein geräumiger Bau mit eingebauter Wohnung für den Gebietsschreiber. Das Haus war Gebiets- und Dorfkanzlei in einem (s. Ziff. 4.8 Die Verwaltung). Siebzig Jahre, bis zur Umsiedlung, diente das Bauwerk seinen Zwecken. In rumänischer Zeit wurde es Primaria genannt.

1929 erfolgte eine vollständige Renovierung. Die Dakota Rundschau meldet am 06. 12. 1929: „…Unsere Kanzleirenovierung kommt teurer zu stehen, als man anfangs berechnete, nämlich 80.000 Lei. Dafür bekommt aber das Haus ein Ziegeldach, neue Fenster und neue Türen und ein Vorhäuschen davor gebaut, so daß es recht hübsch aussieht.“

Im Hof des Kanzleigebäudes befand sich der Unterstand für die Feuerwehrgeräte: eine große Spritze und eine kleine Spritze mit handbetätigten Pumpen, ein Ackerwagen mit gefüllten Wasserfässern.

Abb. 20: Die Kanzlei von Krasna

Das Heim

Pfarrer Schumacher erkannte im Frühjahr 1936 sofort nach seiner Einführung als Pfarrer von Krasna die dringende Notwendigkeit eines kulturellen Ortes für die Gemeinde. Er schreibt: „… Er (der Bischof) hat mich ausdrücklich gebeten, Jugendaktivitäten zu entwickeln. Diese bedurften aber einer Struktur. Es war nicht möglich, die Jugendlichen im Pfarrhaus zu versammeln, weil der Raum dort sehr beengt war. Deshalb stimmte Seine Exzellenz zu, daß ich versuchen sollte, einen Gemeindesaal zu errichten, ein Pfarrheim sozusagen, um einen Raum für Versammlungen zu haben.“

Er begann sofort und zügig die Planung eines solchen Gebäudes, mußte aber sehr viele Schwierigkeiten bei Behörden überwinden und große Energie aufwenden, um die Gemeinde von der Nützlichkeit dieses Vorhabens zu überzeugen.

Abb. 21: Krasnaer Bürger bei Ausschachtarbeiten für das Heim

Diese Kulturstätte wurde innerhalb von gut einem Jahr von der Krasnaer Bevölkerung in Eigenleistung erbaut und war dann der Stolz der Gemeinde. Hier trafen sich Jugend- und Musikgruppen, hier gab es Diskussionsabende, Theater- und Musikaufführungen. Das Gebäude lag in der Totengasse hinter der Kirche.

Eduard Ruscheinsky referiert über Gründe für den Bau und die zu überwindenden Schwierigkeiten14): „Besorgt um die Erhaltung unserer Muttersprache in unserer alten Heimat, die durch die von der rumänischen Regierung angestrebte Romanisierung der deutschen Bevölkerung Bessarabiens, besonders unter dem Kultusminister Angelseku, bedroht war, nahm man auf Vorschlag von Professor Wilhelm Schumacher, der deutscher Staatsbürger war, den Bau eines deutschen Kulturhauses in Angriff. Man gab ihm den Namen ‚Unser Heim’. Von Seiten der rumänischen Schulbehörde wurden dem Bau große Schwierigkeiten gemacht. Pfarrer Wilhelm Schumacher wollte man deshalb seine Aufenthaltsbewilligung nicht mehr verlängern. Trotzdem gelang es, den Bau zu vollenden. Dieses Haus war von sehr großer kultureller Bedeutung für die Gemeinde Krasna. Es war eine Pflegestätte der deutschen Kolonistenkultur. Hier versammelte sich die erwachsene Jugend und gab von Zeit zu Zeit unter großem Beifall der Gemeinde deutsche Theaterstücke. Hier fand auch das deutsche Lied seine Pflege.“

Abb. 22: „Vetter Bertus Riehl, mit Lackname Scheck genannt, machte das Zeppchä renn“, als der Grundstein zum Heimbau im Jahre 1936 gelegt wurde.

In der Deutschen Zeitung Bessarabiens wird am 20. Dezember 1936 über den Fortgang der Bauarbeiten am Heim, seinen vorgesehenen Zweck, sowie seine räumliche Aufteilung berichtet: „… Wir haben unser großes prächtiges Haus – unser Katholisches Heim – unter Dach gebracht und auch schon die innere Wölbung vollendet. Im Frühjahr soll es dann noch verputzt werden und die Fußböden erhalten. Schon heute möchte ich einiges über Zweck und Ausmaße unseres Katholischen Heimes mitteilen. Das Katholische Heim in Krasna soll eine Erziehungsstätte für unsere Jugend und ein Pflegestätte unserer Kultur sein. Es ist 32 Meter lang und 12 Meter breit und hat eine Giebelhöhe von 10 Metern. In den Giebel ist das Christuszeichen eingemauert, als beständiges Mahnzeichen für uns Menschen, unseren Gott über alles zu stellen und gleichzeitig als Kampfzeichen gegen den Kommunismus. Hinter dem Eingang, welcher von einem schmucken Balkon überdacht wird, befindet sich ein Empfangszimmer, neben welchem ein Schreibzimmer liegt. Daran schließen sich dann Übungszimmer, eine Galerie, ein Saal und eine Bühne an. Über der Bühne liegt ein Wohnzimmer für auswärtige Gäste. …“

Eingeweiht wurde das Haus am 26. Dezember 1938. Der eigentliche Einweiheakt fand am Vormittag gleich nach dem Gottesdienst in Anwesenheit vieler Männer und Frauen und im Kreise der Helfer statt.

Die offizielle Einweihung des Heimes erfolgte am gleichen Abend in großem Rahmen mit vielen auswärtigen Gästen. Darüber gibt es einen Zeitungsbericht.
⇒ s. unter Ziff. 10.2 Berichte über das Leben in Krasna.

Abb. 23: Vereinsheim in Krasna

Vorratsmagazin

Um Vorsorge gegen die häufig vorkommenden Dürreperioden zu treffen, wurden die Kolonien verpflichtet, Vorratsmagazine für Getreide einzurichten. Die Kolonie Krasna errichtete 1844 ein Getreidemagazin „aus Stein gebaut und mit Rohr gedeckt“. Es stand unweit des Schulhauses (spätere Mädchenschule). Wann es abgerissen bzw. anderen Zwecken zugeführt wurde, konnte bisher nicht ermittelt werden.
⇒ s. auch Ziff. 6.4 Gemeinschaftsaufgaben/Selbsthilfeeinrichtungen

Die Mühlen

Laut dem Bericht von Pater Keller gab es 1912 eine Windmühle in Krasna, die auch 1940 noch vorhanden war (am Ende des Dorfes Richtung Beresina auf der Kogälnikseite). Sie wird so ähnlich ausgesehen haben, wie die von Katzbach, die das nebenstehende Photo zeigt.

Im Jahre 1895 bauten Gottlieb Leinz und Hieronymus Ternes eine Dampfmühle. Sie befand sich in der Mühlengasse (s. Ortsplan).
⇒ Weiteres zu dieser Mühle s. unter Ziff. 4.4 Handwerk, Handel, und Gewerbe in Krasna.

Abb. 25: Mühle in Krasna 1930; in dem flachen Anbau im Vordergrund befand sich die Ölmühle

Gemeindeladen/Genossenschaftsladen

Der Genossenschaftsladen (Gemeindeladen) lag an der Ecke Hauptstraße/Ladengasse. Er war kurz vor dem ersten Weltkrieg gegründet worden.
⇒ s. auch Ziff. 4.4 Handwerk, Handel, und Gewerbe in Krasna

Abb. 26: Der Gemeindeladen (Lafke)

Gemeindebrunnen

Einen Gemeindebrunnen gab es im Unterdorf, ein neuer wurde 1936 vor der Kanzlei angelegt. ⇒ s. auch Ziff. 3.7 Wasserversorgung Krasnas.

Standkreuze (Dorf- und Feldkreuze)

Standkreuze, wie eines im Bild unten dargestellt ist, gab es 8 Stück, sie befanden sich rund um das Dorf an Straßen und Wegen. Sie waren Ziel von Prozessionen an den sogenannten Bittagen. Eduard Ruscheinsky führt dazu aus15)): „Am Tage des hl. Markus am 25. April und an den drei Bittagen wurden die Bittprozessionen veranstaltet, aber ohne das Allerheiligste mitzutragen. Die Zielpunkte dieser Prozessionen waren die Dorf- und Feldkreuze. …An den Feldkreuzen wurden vom Geistlichen die kirchlichen Handlungen vorgenommen. Nach dem Besuche einiger Kreuze des einen Dorfendes zog die Prozession in derselben Ordnung wieder in die Pfarrkirche zurück. An den anderen zwei Bittagen wurden die Kreuze des anderen Dorfendes und der Mitte mit der Prozession in derselben Ordnung besucht.

Abb. 27: Standkreuz vor dem Ort

Das abgebildete Standkreuz (auf einer kleinen Anhöhe in Richtung Tarutino, einige 100 m vor dem Dorf) soll nach alten Überlieferungen die Stelle markieren, wo die ersten Ansiedler Krasnas 1814/1815 ihre Erdhütten gebaut hatten. Weil dort der Grundwasserspiegel nur durch sehr tiefe Brunnen erreichbar gewesen wäre, rückte man mit dem Dorf näher an den Fluß heran.

Elektrizität

Es gab in den Dörfern Bessarabiens noch keinen elektrischen Strom. In den letzten Jahren wurde öfter darüber geredet. Bis zur Umsiedlung ist es aber nicht zu entsprechenden Einrichtungen gekommen. In Tarutino gab es wohl schon durch lokale Stromaggregate erzeugte Elektrizität. Ähnliches plante man in Krasna z. B. für das Pfarrheim.
In den Häusern waren Petroleumlampen und Kerzen die einzigen Lichtquellen. Elektrische Antriebe für Maschinen und Geräte in Haus und Hof waren nicht vorhanden. Alles mußte durch Körperkraft bewegt werden.
Die Mühlen wurden durch Motoren angetrieben: zunächst waren es Dampfmaschinen, geheizt mit Stroh, später Dieselaggregate.
Auch eine Straßenbeleuchtung hatte Krasna noch nicht. Das Dorf lag nachts völlig im Dunkeln, da auch die Häuser im Innern durch die Petroleum-Lampen nur spärlich beleuchtet waren.

Brücken über den Kogälnik

Eine der verhältnismäßig wenigen steinernen Brücken über den Kogälnik stand in Krasna. Sie war 1876 erbaut worden. Im Zuge der Planungen für den Ausbau der Straße von Krasna nach Tarutino wurde (um 1930) festgestellt, daß die Brücke nach kleineren Renovierungsarbeiten weiter nutzbar bleiben konnte.
Die andere Brücke in Krasna, die in Richtung Beresina, war aus Holz.

Krasna im Winter

Alle bisherigen Fotos zeigen Krasna im Sommer. Wie in Ziff. 1.1 ausgeführt, waren die Winter in Bessarabien und damit auch in Krasna oft streng. Es gab regelmäßig viel Schnee. Die nachfolgenden Fotos zeigen einen typischen Wintertag, an dem Schneeräumen die dringendste Tätigkeit der Dorfbewohner war. Schneepflüge oder andere Hilfsmittel gab es nicht.

Abb. 28:
Abb. 29:

Zusammenfassend kann man sagen, Krasna war ein übersichtlich gegliedertes Dorf, die Gebäude meist solide und sauber. Das Grün der Straßenbäume und der Obstbäumen auf den Höfen hoben den Ort als Grünzone aus dem Steppenumland hervor. Krasna war von seinem Aussehen von weitem als deutsches Dorf erkennbar.

1)
Statistische Beschreibung Bessarabiens und des sogenannten Budschaks” aufgestellt in dem Jahren 1822-1828. Stuttgart, Mühlacker: Heimatmuseum der Deutschen aus Bessarabien, 1969
2)
Heute heißt der Ort Krasnoe (s. Ziff. 9 Der Ort Krasna nach Auszug der Deutschen bis heute
3)
Anfangs wurden 133 eingerichtet, nach Wegzug der evangelischen Kolonisten (s. Ziff. 7.4) und Abbruch von deren Häusern blieben 114 Wirtschaften.
4)
Heimatbuch der Bessarabiendeutschen; 20 Jahre nach der Umsiedlung , 1960, S. 28 ff
5)
erschienen im Jahrbuch der Deutschen aus Bessarabien Heimatkalender 2002, S. 16 ff
6)
Nach dem Gemeindebericht 1848 von Wittenberg gab es dort damals schon Hofmauern; man kann wohl unterstellen, daß auch in Krasna die ersten um diese Zeit schon errichtet waren.
7)
Statistische Beschreibung Bessarabiens und des sogenannten Budschaks aufgestellt in dem Jahren 1822-1828. Stuttgart, Mühlacker: Heimatmuseum der Deutschen aus Bessarabien, 1969
8)
verkleinert abgedruckt in Die Geschichte der Gemeinde Krasna, herausgegeben von Ernst Schäfer, als Manuskript gedruckt, 2006
9)
Beides findet sich in Heimatbuch der Bessarabiendeutschen-20 Jahre nach der Umsiedlung, herausgegeben von Alois Leinz, 1960, S. 27 ff
10)
Eduard Ruscheinsky, Chronik der Gemeinde Krasna, erschienen im Bauernkalender 1939
11)
State Archives of the Odessa Region, Odessa, Fond 6, Inventory 4, File 18856
12)
Alex Hein, Überlieferungen aus Krasna und die gesellschaftliche Entwicklung unserer Landesstelle Rheinland-Pfalz, in Heimatkalender der Bessarabiendeutschen 1998, S. 200
13)
Tabelle der Krasnaer Pfarrei und des Pfarrers 1832 (State Historical Archive of St. Petersburg Fond 383, Inventory 29, File 622
14)
Ruscheinsky, Eduard; Kulturbilder aus unserer alten Heimat Krasna, Bessarabien. Eine Dokumentation über die Kulturleistungen unserer Väter, abgedruckt in Heimatbuch 25 Jahre nach der Umsiedlung, Herbst 1965
15)
Ruscheinsky, Eduard; 126 Jahre kirchliches Leben in unserer alten Heimat Krasna/Bessarabien, in Heimatbuch der Bessarabiendeutschen 20 Jahre nach der Umsiedlung 1960, S. 12
krasna/e-03-01-00.txt · Zuletzt geändert: 2019/05/21 17:41 von Otto Riehl Herausgeber