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krasna:f-04-04-00

4.4 Handwerk, Handel, und Bankwesen in Krasna

Wie bereits an anderer Stelle gesagt, war das Rückgrat der bessarabischen Wirtschaft die Landwirtschaft. Obwohl auch in Krasna einige Kolonisten zu Wohlstand gekommen waren, investierten sie kaum in Gewerbe und Unternehmen zur Verarbeitung landwirtschaftlicher Produkte. Wie die meisten kapitalkräftigen Bessarabiendeutschen versuchten sie nach wie vor ihre Söhne mit Grund und Boden zu versorgen. Dies wurde aber zunehmend schwieriger.

Dennoch bestand die Bevölkerung Krasnas auch noch 1940 vor der Umsiedlung hauptsächlich aus Bauern. Zuletzt gab es neben 380 Landwirten 61 anderweitig Tätige, die über eigenes Land verfügten sowie 56 Bauernfamilien mit gepachtetem Land. Daneben gab es 67 abhängig in der Landwirtschaft beschäftigte Familienoberhäupter. Von den 61 anderweitig Tätigen waren 58 selbständige Handwerker und drei Höherqualifizierte1). Pfarrer Schumacher beklagte sich im Jahre 1936, daß es unter den 3000 Seelen nicht einen einzigen Friseur gab. Die Landwirte schnitten Bart und Haare selbst. Es sei da kein Arzt, kein Rechtsanwalt. Gewerbetreibende und Handwerker würden nicht besonders geachtet. „Alles was zählt ist Land.“2)

An den Erfordernissen und Bedürfnissen der Landwirtschaft und der in ihr beschäftigten Menschen mußten sich die allmählich entstehenden anderen Segmente der örtlichen Wirtschaft (Handwerk, Handel und Gewerbe) in erster Linie orientieren.

Hinweis: Eigentliche Industriebetriebe gab es in Krasna nicht, wohl aber in anderen deutschen Orten, z.B. eine Pflugfabrikation und ein Mühlenwerk in Alt Arzis. Einen guten Einblick gibt Hugo Häfner: „Handel, Gewerbe und Industrie in Bessarabien“ in: Heimatkalender 1980 der Bessarabiendeutschen, S. 66. Er gibt im gleichen Heft eine sehr anschauliche Schilderung über den für die Bauern sehr wichtigen Wagenbau (S. 93)

Handwerk

Am Anfang war jeder Kolonist im Hauptberuf Bauer, im Nebenberuf sein eigener Handwerker. Man denke an die Ausbesserungsarbeiten an Geräten und Gebäuden. Der Gemeindebericht von 1848 (Wortlaut s. Ziff. 10. Dokumente, Berichte, Fakten) erwähnt lobend die handwerklichen Tätigkeiten der Hausfrauen. Sie spannen, strickten und nähten. Die Kolonistenfrau verfertigte Leinwand und einfarbiges Tuch zum häuslichen Gebrauch. Erst durch Aufkommen von Tuchfabriken um 1870 trat die Stoffweberei in den Hintergrund, aber Decken und Plachten wurden weiterhin gewebt. Ebenso legten die Krasnaer Frauen bis zur Umsiedlung Häkel- und Sticknadel nicht beiseite. Sie waren wahre Meisterinnen im „Ausnähen“ (Sticken). Bis zum Schluß wurden Wandschoner mit Sinnsprüchen, Kleidungsstücke, Decken, Taschentücher und anderes mit kunstvollen Stickereien versehen.

In der Erkenntnis, daß die Kultivierung der Steppe auch handwerkliches Können erfordert, besagten die russischen Kolonistengesetze, daß „in der Landwirtschaft nötige Handwerker“ als Kolonisten anerkannt werden. Entsprechend kamen neben Bauern Handwerker als Ansiedler nach Bessarabien. Zu dieser Gruppe gehörten Schmiede, Schuhmacher, Zimmerleute, Schneider, Steinmetze. Wertet man die alten vorhandenen Unterlagen aus, so ergibt sich für Krasna folgendes Bild.

Für das Jahr 1825 sind in einem Bericht des Bessarabischen Kontors für ausländische Ansiedler vom 29.01.18263) für Krasna noch keine selbständigen Handwerker aufgeführt. Dies mag daran liegen, daß vorhanden gewesene Handwerker – sie hatten wie die Bauern auch einen Landanteil von 60 Desjatinen erhalten - sich ebenfalls der Landwirtschaft widmeten, ihren erlernten Beruf nur im Winter ausübten und ihn deshalb nicht angegeben haben.
In einer Zusammenstellung über die Kolonien für das Jahre 1831 werden für Krasna ein Schmied, zwei Schuster, zwei Müller genannt4).

Das Kolonistengesetz schrieb vor: „In jeder Kolonie muß eine Schmiede sein. Der Schmied muß genügendes Material im Vorrat haben und mit seiner Arbeit die Leute unterstützen.
Es ist streng darauf zu achten, daß die Schmiede sowie die anderen Handwerker keine übermäßigen Preise für ihre Arbeit verlangen und sich mit den festgesetzten Preisen begnügen.“

Allein schon wegen der geltenden Erbfolge auf den Bauernhöfen (s. Ziff. 4.2 Landeigentums- und Erbrecht in Bessarabien) ergab sich die Notwendigkeit, für die nicht zum Zuge kommenden Kinder Erwerbsquellen außerhalb der Landwirtschaft zu suchen. Eine solche war in erster Linie das Handwerk. Doch es vergingen Jahrzehnte, bis eine, wenn auch geringe berufliche Differenzierung einsetzte.

Wenn jemand seine Kolonie verlassen wollte, um woanders Arbeit zu finden oder einen Beruf zu erlernen, brauchte er eine Genehmigung. Für Krasna sind noch zwei Bescheinigungen erhalten: eine, die es Susan Shtekl (Hittel?) erlaubt, drei Monate in Odessa und eine, die es Gotlieb Beitel (Hittel?) erlaubt, fünf Monate in Kischinew zu leben, um eine Arbeitsstelle zu finden (1834)5).
Nach Paul Rath6) war bis 1871 eine handwerkliche Ausbildung in der deutschen Handwerkerkolonie in der Stadt Odessa möglich. Es war nicht feststellbar, ob sie von Krasnaern genutzt wurde. Nachweisbar ist, daß Martin Dirk, 1831 in Krasna geboren, eine Tischlerlehre in der Kolonie Josephstal bei Odessa absolviert hat7).

Um 1850/1860 gab es in Krasna bereits mehrere Handwerker, wie viele, wissen wir nicht genau. Anscheinend fanden nicht alle genügend Beschäftigung im Ort, denn unter den Auswanderern nach Karamurat im Jahre 1874 waren Handwerker. Jedenfalls berichtet Florian Müller8), daß die Handwerker von Karamurat alle aus Krasna stammten.
Im Jahre 1912 zählte Krasna 14 Schmiede, 8 Stellmacher, 3 Tischler, 2 Schneider, 8 Schuster, 2 Anstreicher9).

Handwerker wurden in erster Linie bei Neuanschaffungen in Anspruch genommen. Da diese bei den sparsamen Krasnaern nicht sehr häufig vorkamen, hatten viele Handwerker nebenbei noch eine kleine Landwirtschaft oder halfen im Sommer bei größeren Bauern aus.

In der Struktur der vorhandenen Handwerksbetriebe zeigte sich noch in den 30er Jahren des 20. Jahrhunderts, daß in einem reinen Bauerndorf wie Krasna Handwerker nur insoweit vertreten waren, wie sie zur Unterstützung der Aktivitäten der Landwirte und zur Versorgung von deren Haushalte gebraucht wurden.

Unter Berücksichtigung dieser Verhältnisse war das Handwerk in Krasna gut vertreten, wie die Entwickung ab 1921 zeigt.

  • 1921 hatte Krasna nach einem Bericht einer amerikanischen Zeitung10) „…schon eine Vielzahl von Handwerkern: Schmiede, Wagenbauer, Schuhmacher, Tischler, Anstreicher, Küfer und andere, die einen heruntergekommenen, seit Jahrzehnten benutzten Wagen so herrichten können, daß er aussieht als käme er gerade aus der Fabrik’.“
  • 1928 arbeiteten in Krasna11) 8 Schmiede, 6 Stellmacher, 4 Tischler, 4 Schneider, 4 Schuster, 2 Maler, 4 Gärtner, 1 Metzger, 1 Böttcher, 1 Ofensetzer.
  • Um 1940 bestanden nach Ermittlungen von Ernst Schäfer12), der sich auf Informationen von Melchior Koch und Alex Hein bezieht, in Krasna folgende Handwerksbetriebe: 15 Schmiede, 8 Stellmacher, 6 Tischler, 7 Schneider, 7 Schuster, 4 Maler, 4 Sattler, 4 Metzger, 4 Böttcher, 1 Gabelmacher.

⇒ Ihre Namen s. Ziff. 7.11 Handwerker und Gewerbetreibende in Krasna (Stand 1940)
Hervorzuheben sind besonders der Wagenbau und die Faßbinderei.

Der Wagenbau nahm in Bessarabien mit der Einführung der eisernen Achsen, etwa 1850, seinen Aufschwung. Der Kolonistenwagen war leicht, gut belastbar und sehr strapazierfähig. Nicht nur bei den Bauern, sondern auch beim russischen und rumänischen Militär war er sehr begehrt.

Abb. 58: Ein bessarabischer Wagen wird auf dem Markt begutachtet
Abb. 59: Modell eines bessarabischen Wagens im Heimatmuseum der Bessarabiendeutschen.
Ein gut erhaltener Wagen dieser Art ist im Besitz des Bessarabiendeutschen Vereins, Landesgruppe Rheinland-Pfalz. Bei Veranstaltungen des Vereins wird er präsentiert; er dient oft als Hintergrund für Film- und Fotoaufnahmen.

Die Handwerker aus Krasna konnten ihre Wagen zu guten Preisen verkaufen.

  • Rudolf Weiß13) bemerkt: „Eine besondere Verbreitung erfuhren die bessarabischen deutschen Wagen. In russischer Zeit wanderten sie bis in den Kaukasus. Die Zentren des Wagenbaus waren Teplitz, Alt-Posttal, Wittenberg und Krasna.“
  • Florian Müller schreibt14): „Bekannt und geschätzt in allen deutschen Gemeinden der Dobrutscha war das Handwerk von Krasna, besonders der Wagenbau mit dem bekannten Radklang.“

Das Wagnerhandwerk verlor Anfang des zwanzigsten Jahrhundert immer mehr an Bedeutung und kam im Ersten Weltkrieg fast vollständig zum Erliegen. Mitte der 20er Jahre erholte es sich leicht, blieb aber weit hinter seiner früheren Bedeutung zurück. Das russische Hinterland als Absatzgebiet fehlte jetzt.

Um 1930 war die Faßbinderei ein prosperierender Handwerkszweig in Krasna. Die Fässer wurden im Umkreis bis 80 km nachgefragt. Leute aus Emmental kamen bis nach Krasna wegen der Fässer15).

Abb. 60: In der Werkstatt von Tischler Ernst (in der Mitte Pfarrer Schumacher).
Er hat die Holzarbeiten im Krasnaer Heim gemacht (Türen etc.)

Es muß angemerkt werden, daß das Handwerk Ende der 30er Jahre vor einer Blüte stand, denn die Einführung neuer Techniken und Produkte machte das Handwerk geradezu unentbehrlich. Zu nennen sind hier die Einführung der Elektrizität und der zentralen Wasserversorgung, die Bodenbewässerung, der sanitäre Bereich sowie der Einsatz von Motoren. Infolge der Umsiedlung 1940 konnten die Krasnaer Handwerker die sich bietenden Möglichkeiten nicht mehr nutzen.

Mühlen

Mühlen spielten für die Versorgung der Kolonisten von Anfang an eine wichtige Rolle. Mühlen waren denn auch die ersten größeren Wirtschaftsunternehmen, die die Kolonisten gründeten. Der Mühlenbesitz im Süden Bessarabiens, ob nun Getreide- oder Ölmühlen, war während der gesamten Siedlungszeit der Bessarabiendeutschen zumeist in deutscher Hand.
Mehl war ein sehr wichtiger Grundstoff in der bessarabischen Küche. Handmühlen reichten sehr bald nach der Gründung der Kolonien nicht mehr aus, um den Mehlbedarf zu decken. Deshalb verwundert es nicht, daß schon bald nach der Gründung der Kolonie von Mühlen in Krasna berichtet wird. Nach einer frühen amtlichen Unterlage16) gab es in Krasna 1827 bereits eine Bodenmühle (sie wurden mit Pferdekraft angetrieben), eine Wassermühle und eine Windmühle. Wo sie sich konkret befanden, ist nicht mehr feststellbar.

Das Kolonistengesetz schrieb zur Errichtung und zum Betrieb von Mühlen vor: „Alle Wassermühlen, die sich auf den den Kolonien zugewiesenen Ländereien befinden, ganz unabhängig davon, auf wessen Kosten sie erbaut wurden, sind Eigentum der Kolonistengemeinde, der das betreffende Land gehört.
Das Errichten von Windmühlen ist jedem Kolonisten auf seinem Landteil ungehindert gestattet. Wer auf Gemeindeland eine Windmühle erbauen will, muß die Genehmigung der ganzen Gemeinde dazu einholen und an diese eine jährliche Abgabe zahlen, die jedoch 60 Kopeken nicht übersteigen darf.“

Nach einer Landkarte von 1897 stand um die Jahrhundertwende je eine Windmühle oberhalb und unterhalb von Krasna. Conrad Keller17) berichtete 1912, daß es damals in Kraßna eine Wind- und eine Dampfmühle gegeben habe.
Nach Alois Leinz18) ist die Dampfmühle im Jahre 1895 von Gottlieb Leinz und Hieronymus Ternes erbaut worden. Er berichtet auch über viele weitere interessante Details dieser Mühle.

Die Feuerungsanlagen der Dampfmühlen wurden zunächst mit Stroh beheizt, was natürlich eine aufwendige Sache war. Alois Leinz: „Ständig hatte die Mühle zwei bis drei Ochsenwagen unterwegs, die von den Krasnaer Bauern und aus den umliegenden Orten auf großen Harbiwagen Stroh heranfuhren, um den glühenden Rachen der Heizeinrichtung am umfangreichen Dampfkessel zu sättigen…“

Die Krasnaer Mühle erhielt in den Jahren 1924/1925 einen Dieselmotor, wie man in einer Zuschrift an die Dakota Rundschau vom nachlesen kann: „In der Mühle wurde ein Motor eingestellt. Sie wird jetzt nicht mit Stroh gefeuert, wie früher. Die Wirte der Mühle sind: Rochus Ternes, Korbinian Leinz, Franz Dirk, Isidor Leinz, Alexius Riehl, Josef Steimann, Josef Ternes, Georg Schreiber und die Kinder des Karl Leinz.“ Das waren die Nachkommen der obigen Mühlengründer.
Dieser Motor war für die Eigentümer von Anfang an ein Fiasko. Es fing schon bei seiner Ankunft an. Alois Leinz schreibt: „Unter schwierigsten Umständen wurden die einzelnen Motorteile im Winter 1925 auf besonders vorgerichteten Langwagen vom Bahnhof Beresina nach Krasna gebracht. Der Weg war ausgefahren, und es mußten jeweils acht Pferde vorgespannt werden. Schon gleich bei der ersten Fahrt rutschte das Ungetüm beim Überfahren der kleinen Brücke vor dem Vorderdorf in Krasna auf dem Wagen so weit herum, daß die Last ein Übergewicht bekam und mitsamt dem Wagen ins Wasser fiel… Es kostete große Mühe, das fahrbare Gestell mit der schweren Last wieder aufzurichten…“.

Bei diesem Malheur verdreckte der Motor dermaßen, daß er auseinandergenommen und gereinigt werden mußte. Am Ende kostete der Motor mehr als 1,5 Mio. Lei. Als die Mühle nach langem Stillstand wieder den Betrieb aufnahm, zeigte sich, daß der Motor sehr störanfällig war. Ständig waren Reparaturen notwendig, wodurch die Mühle jeweils tagelang still lag. Dieser Zustand und die drückende Steuerlast (s. unten) ließ bei den Eigentümern den Plan reifen, die Mühle zu verkaufen.

Die Dakota Rundschau berichtete am 17. 04. 1931 aus Krasna: „Kürzlich haben unsere Mühlenbesitzer ihre Mühle an einen Juden Kain Sissmann für 1 Mio. Lei verkauft, welche Summe er in zwei Jahren zu zahlen hat. Dabei haben die Herren eine bedeutende Summe Geld verspielt, denn der Motor kostet allein 1,5 Mio. Lei, das Gebäude und das Werk nicht gerechnet.“

Da der Käufer nach Zahlung des sogenannten Handgeldes (Anzahlung), weitere Zahlungen nicht mehr leistete, fiel die Mühle an die Eigentümer zurück. Sie wurde danach an Jakob Ensslin aus Alt-Posttal und Emil Kräenbring aus Tarutino verkauft (s. Artikel die Mühle in Krasna von Alois Leinz).
Paul Rath19) schreibt über die Lage der Mühlen in rumänischer Zeit: „Unter rumänischer Herrschaft hatten die Mühlen schwer um ihre Existenz zu kämpfen. Die Steuerlast drückte hart….Viele technische Vorschriften mußten erfüllt werden.“ Davon war natürlich auch die Krasnaer Mühle betroffen, und das war nicht zuletzt ein Grund für ihren Verkauf.

Eine Berufe-Übersicht von 1928 gibt für Krasna zwei Müller und zwei „Ölmacher“ an.
1940 bestanden in Krasna zwei Windmühlen, eine Getreide- und Ölmühle (Motormühle) sowie eine Ölmühle. In den Ölmühlen wurde hauptsächlich Raps und die wildwachsende Pflanze “Hedrich” zu Öl raffiniert. ⇒ Die Namen der Betreiber s. Ziff. 7.11 Handwerker und Gewerbetreibende in Krasna (Stand 1940)
⇒ Zur örtlichen Lage der Mühlen s. Ziff. 3.1 Das Dorf Krasna, seine Lage und sein Aussehen.

Molkereien

Während im 19. Jahrhundert hauptsächlich Rinder zur Fleischproduktion gezüchtet wurden, bahnte sich nach der Jahrhundertwende eine andere Entwicklung an. Bis etwa 1918 wurde die Milch im eigenen bäuerlichen Haushalt verarbeitet und verwendet. Jetzt rückte die Milchgewinnung als Erwerbsquelle in den Vordergrund. Dazu brauchte man Molkereien. In Krasna wurde 1925 die erste Molkerei eingerichtet und zwar von der Volksbank. Diese Molkerei mußte aber bereits nach wenigen Jahren wieder schließen. Aus einem Bericht der Dakota Rundschau vom 01. 05.1931 geht hervor. daß sie im Jahre 1930 einen Verlust von 12.500 Lei gemacht hat.

An ihre Stelle traten dann private Molkereien. Nach einem Zeitungsbericht20) errichteten und betrieben ab Anfang 1930 Albertus Riehl und Simon Volk gemeinsam eine und Scheel Moise aus Paris auf dem Hof von Ludwig Braun eine weitere. Für 1940 werden zwei Molkereien mit den Besitzern Julius Ternes und Melchior Dirk genannt. Einzelheiten über Betrieb und Absatzwege der Molkereien konnten nicht ermittelt werden.

Ziegeleien

In Krasna bestanden seit den 20er Jahren Ziegeleien für Dachpfannen (Zementziegel). Als Material wurde am Ort gewonnener Sand und Lehm sowie Zement aus Braila (Rumänien) benutzt. Eine Ziegelei gehörte lt. Dakota-Rundschau Markus Ternes und Valerian Furch. Eine weitere besaßen Isidor Leinz, Johannes Herrschaft, Franz Dirk und Korbinian Leinz. Diese beiden Besitzergruppen werden auch in der Berufe-Übersicht von 1928 genannt.
Lehmziegel für den Hausbau (Batze) wurden weiter von Bauern für den Eigenbedarf hergestellt oder bei gewerblichen Ziegeleien in anderen Kolonien gekauft.
⇒ s. Ziff. 3.6 Bau- und Heizmaterial

Handel

Bis zum Ende des 19. Jahrhunderts war der Handel in Krasna wie in den anderen deutschen Siedlungen Bessarabiens nahezu ausschließlich in nichtdeutscher Hand. Im Dorf gab es keine Läden oder dergleichen. Das Getreide wurde von den Bauern selbst in die Stadt gefahren, auf dem Markt verkauft und die notwendigen Dinge dort für den Haushalt eingekauft. Alles andere, was sie für ihr bescheidenes Leben benötigten, hatten sie selbst. Es war auch in späteren Jahren noch oft so, daß Bedarfsgegenstände aus den Städten Odessa, Akkerman oder Kilia mitgebracht wurden.

Daneben hatten die regelmäßig stattfindenden Märkte in Tarutino, Arzis und Sarata eine wichtige Versorgungsfunktion für die Kolonien. Krasna war und blieb im Einzugsgebiet von Tarutino und dem dortigen Markt. Da das Geld im 19. Jahrhundert knapp war, fand ein reger Tauschhandel statt, bei dem der Kolonist seine Produkte einbrachte und dafür Waren erhielt, die er benötigte. Die Händler waren in den ersten Jahrzehnten Russen, Griechen, und Ungarn, die aus den Städten mit ihrer Ware auf die bessarabischen Märkte kamen und nach Marktschluß wegfuhren, beladen mit von den Kolonisten erstandenen Erzeugnissen.

Ab der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts fanden sich zunehmend Händler ein, die im Herbst und im Frühjahr ihre Waren von Dorf zu Dorf führten und die Leute mit dem Notwendigsten versorgten (Straßenhandel). Diese Handelsform blieb auch später von einiger Bedeutung. Vom Wagen herab verkauften vor allem Juden Schnitt-, Kurzwaren und Dinge des täglichen Bedarfs. Russische Händler boten Fisch, Salz, Obst an, Moldauer vor allem Petroleum für die Lampen, Mittel zur Pflege von Pferdegeschirren und Schmiere für die Wagenachsen. Umgekehrt zogen Juden als Kleinhändler von Dorf zu Dorf und kauften von den Bauern Eier, andere Lebensmittel, Rohleder, Federn, um diese Dinge in den Städten zu verkaufen.

Läden am Ort

Bald ließen sich einzelne von den fahrenden Händlern in den Dörfern nieder und eröffneten Kramläden oder Schnapsbuden in Pacht. Bis zu Jahrhundertwende waren die Verkaufsläden, wenn sie auch klein waren, in der Hand von Nichtdeutschen, meistens von Juden. Andererseits gab es im Ort keinen großen Bedarf an Läden. Die meisten Dinge brachten die Bauern von den Märkten in Tarutino, Arzis, Odessa oder Akkerman mit, wenn sie ihr Getreide in diesen Orten ablieferten (s. oben). Nach Pater C. Keller gab es 1912 in Krasna drei Kramläden und drei Weinhandlungen.
In rumänischer Zeit fanden sich auch Deutsche zunehmend als Ladeninhaber. Während 1928 erst zwei Läden existierten, bestanden 1939 in Krasna außer einem sogenannten Gemeindeladen mehrere Einzelläden ⇒ Namen s Ziff. 7.11 Handwerker und Gewerbetreibende in Krasna (Stand 1940)

Der Gemeindeladen war im 1. Weltkrieg errichtet worden und gehörte der 1912 gegründeten Volksbank „Concordia“ (s. unten).
Im Gegensatz zu Genossenschaftsläden in vielen anderen Kolonien, konnte sich der Krasnaer Laden halten, wenn es auch manche Krise gab. Der Laden lag an der Ecke Hauptstraße/Lafkeweg.

Die Funktion des Ladens war eine doppelte: einerseits hatten die Bürger die Möglichkeit, ihre Bedarfsgüter im Ort einzukaufen, andererseits wurden die Reingewinne des Unternehmens für andere gemeinnützige Zwecke zur Verfügung gestellt. Die Konsum- und anderen Genossenschaften waren in den Krisenjahren der Zwanziger Jahre eine nützliche Stütze der Deutschen. Nach dem Anschluß an Rumänien durfte der Laden nicht mehr auf der Basis der alten Regelung weitergeführt werden. Er mußte in eine sogenannte Kollektivgesellschaft umgewandelt werden. Der Laden, jetzt genannt „Cooperativa Concordia Com. Krasna“ war ein Zweig der Genossenschaftsbank und unterstand dessen Vorstand und Aufsichtsrat.

Einige Verantwortliche für den Laden sind uns bekannt.

  • Sept. 192821) Kassierer Joseph, Sohn von Peter Hilsendeger von Baden;
  • Verkäufer Joseph Michael Braun von Strassburg, Johannes Josef Müller von Krasna; Einkäufer Markus Ternes.
  • 192922) wurde der Laden verpachtet an Nikolaus Kelsch aus Banat; Pacht 3% vom Umsatz.
  • Nach Rückzug von Nikolaus Kelsch (Mai 1930)23) wurde der Laden von Joseph Braun geführt. Sein Gehalt 2,5 % vom Umsatz.
  • Laut Bericht der Dakota Rundschau vom 01. 05. 1931 machte der Laden im Jahre 1930 einen Reingewinn von 84.000 Lei. Joseph Braun wurde als Geschäftsführer bestätigt.
  • Im März 1931 wurden Respizius Krams und Lazarus Volk als Aufseher gewählt.

Kneipen/Schenken

Die Zahl der Gaststätten in den deutschen Kolonien war stets klein. In den ersten Jahrzehnten waren es meist Juden, die kleine Gaststätten betrieben. Das Bedürfnis, eine Schenke aufzusuchen, war nicht sehr ausgeprägt. Man hatte seinen eigenen Wein zu Hause und schenkte ihn gern Gästen aus, die zu Besuch kamen. In Krasna gab es wohl keine Schenken im eigentlichen Sinne, aber 1939 konnte man in zwei Geschäften etwas zu Trinken bekommen.
⇒ Zu den Namen s. Ziff. 7.11 Handwerker und Gewerbetreibende in Krasna (Stand 1940).

Getreide- und Viehhandel

Es ist schon an anderer Stelle ausgeführt wurden, daß die Kolonisten in den ersten Jahrzehnten ihr Getreide nach Odessa und später auch nach Akkerman bzw. Ismail fuhren, weil es zu Hause keine Absatzmöglichkeiten gab. In den ersten Jahrzehnten der Kolonien besorgten vor allem Griechen den Getreidehandel in den Hafenstädten. Als in den Jahren 1860-1870 die Griechen von den Juden allmählich verdrängt wurden, kamen letztere als Makler auch in die deutschen Dörfer, um das Getreide aufzukaufen.
Nachdem die Bahnlinie 1914 eröffnet wurde, war es möglich, Getreide zum Bahnhof in Beresina zu bringen. Der Getreide- und Viehhandel war um 1910 noch voll in jüdischer Hand. Später war es anders. Dies war mit gefördert durch den deutschen Wirtschaftsverband.
Neben dem Getreidehandel spielte der Handel mit Vieh und landwirtschaftlichem Gerät eine Rolle. Z.B. betrieben Ternes & Langbarth einen Handel mit landwirtschaftlichen Wagen, Geräten und Pferden. Sie bereisten die Märkte u. a. in Tarutino und Arzis. In Krasna gab es kurz vor der Umsiedlung 19 deutsche Pferde-, Wagen-, Getreidehändler.
⇒ Zu den Namen s. Ziff. 7.11 Handwerker und Gewerbetreibende in Krasna (Stand 1940)

Die Bank in Krasna

Die örtliche Wirtschaft wie auch Privatpersonen konnten seit etwa 1913 Geldgeschäfte bei der örtlichen Genossenschaftsbank abwickeln (s. auch Ziff. 4.7. Geld- und Bankwesen). Sie war 1912-1913 als Kleinkreditgesellschaft gegründet worden auf der Basis des in Rußland eingeführten Genossenschaftswesens. Genossenschaftsbanken mußten das Genossenschaftsstatut der Regierung zur Basis ihres Handelns machen und unterlagen staatlicher Kontrolle. Die Dienste der Banken standen nur Mitgliedern offen. Wer Mitglied werden wollte, mußte einen bestimmten Anteil an der Genossenschaft tragen und anteilig für die Aktivitäten der Bank haften. Die Haftungssumme der Bank war die obere Grenze, bis zu der sie fremde Gelder aufnehmen und bis zu der sie operieren durfte.
Wollte ein Mitglied ein Darlehen haben, so mußte ein kreditwürdiger Bürge gestellt werden. Die Höhe des Kredits hing von der Kreditfähigkeit des Bewerbers ab.

Während viele Genossenschaftsbanken in deutschen Gemeinden als Folge der Geldentwertung und des Wechsels von Rubel zu Lei eingingen, überlebte die Krasnaer Bank.

In der rumänischen Zeit waren die Statuten etwas anders; das Krasnaer Institut wurde jetzt auf genossenschaftlicher Basis als Volksbank „Concordia“ fortgeführt. Sie hatte 380 Mitglieder, im Herbst 1928 waren es 42024). Das waren über 70% aller Krasnaer Haushalte, also eine sehr hohe Beteiligung der Bürger.

Die Bank hatte satzungsgemäß

  • eine Verwaltung bestehend aus dem Vorsitzenden und zwei Mitgliedern,
  • einen Aufsichtsrat aus vier Mitgliedern und
  • eine Revisionskommission mit drei Mitgliedern.

Jedes Jahr wurde eine Generalversammlung einberufen und Neuwahlen der Verwaltung durchgeführt. Uns sind die Namen der Verantwortlichen der Bank im Jahr 1928/1929 überliefert25): Verwaltung: Vorsitzender Sebastian Koch; Buchhalter Eduard Ruscheinsky; Kassierer Isidor Leinz. Aufsichtsrat: Michael Riehl, Eusebius Herman, Johannes Bachmeier und Respizius Krams. Revisionskommission: Adalbert Gulewitsch, Viktor Nagel, und Maximilian Hein.
Auf der Generalversammlung der Bank am 12. 03. 1929 wurden gewählt26):
Verwaltung: Vorsitzender Johannes Herrschaft, Buchhalter (für Bank und Laden) Alexius Riehl, Kassierer Maximilian Arnold. Aufsichtsrat: Michael Koch, Alexander Ternes, Maximilian Haag, Dionisius Dressler, Johannes Bachmeier und Rochus Fenrich.

Wie bei bessarabischen Volksbanken üblich, beschäftigte sich die Bank neben Geldgeschäften auch mit Handel und Molkerei (s. dort). Man muß sich ihre Struktur sehr einfach vorstellen. Ein Hinterstübchen in der Lafke oder sonstwo reichte als Büro- und Geschäftsraum aus.

1)
Krasna - WW II Bessarabischer Dorfbericht DAI Film - T81 316
2)
Jahresbericht 1936 von Pfarrer Schumacher File # 10856/36W MICROCOPY T81, ROLL 599, from the NATIONAL ARCHIVES II at College Park, MD, USA
3)
Rempel, Hans, Deutsche Bauernleistung am Schwarzen Meer : Bevölkerung und Wirtschaft 1825 Ort/Verlag Leipzig: Hirzel 1942, Tabelle 19
4)
Odessa State Archive Fond 383, Inventory 29, File 630
6)
Rath, Paul ; Bollinger, Klara ; Fiess, Christian: Wittenberg, Bessarabien : die Geschichte eines Dorfes in der Steppe“, S. 119
7)
Biographie von Romuald Dirk (Sohn von Martin Dirk), abgedruckt in „Der Staats-Anzeiger“ (North Dakota), 19. Juni 1912
8)
Müller, Johannes Florian, OSTDEUTSCHES SCHICKSAL AM SCHWARZEN MEER, 1840-1940;
9) , 17)
Die Kolonie Kraßna (Gouvernement Bessarabien, in : Neuer Haus- und Landwirtschaftskalender für deutsche Ansiedler im Südlichen Rußland auf das Schaltjahr, Odessa
10)
Das Nordlicht, 29 December 1921
11)
Annual listing by name of people in commerce, industry, manufacturing and agriculture in Romania (Krasna, Bessarabia, Russia, included). 1928. From Anuarul Romaniei by Rodolf Mosse
12)
Ernst Schäfer, Erwerbsmöglichkeiten und Infrastruktur kurz vor der Umsiedlung in Krasna; in: Die Geschichte der Gemeinde Krasna, S. 74 ff als Manuskript gefertigt
13)
Weiß, Rudolf, Unsere bessarabische Vergangenheit, Geschichtlicher Rückblick, S. 44
14)
Dr Johannes Florian Müller, Ostdeutsches Schicksal am Schwarzen Meer, 1981, Eigenverlag, S. 111
15)
Bericht der Dakota Rundschau berichtet am 06. 11. 1931 aus Krasna
16)
Statistische Beschreibung Bessarabiens und des sogenannten Budschaks” aufgestellt in dem Jahren 1822-1828. Stuttgart, Mühlacker: Heimatmuseum der Deutschen aus Bessarabien, 1969
18)
Leinz, Alois, Die Mühle in Krasna in: 25 Jahre nach der Umsiedlung, s. 313
19)
Rath, Paul ; Bollinger, Klara ; Fiess, Christian: Wittenberg, Bessarabien, die Geschichte eines Dorfes in der Steppe
20)
Der Staats-Anzeiger, 8 April 1930
21) , 24)
Eureka Rundschau- Das Nordlicht vom 19. 10.1928
22) , 26)
Dakota Rundschau, 24. Mai 1929
23)
Dakota Rundschau, 30 Mai 1930
25)
Eureka Rundschau/Das Nordlicht, 19. Oktober 1928
krasna/f-04-04-00.txt · Zuletzt geändert: 2019/04/06 09:44 von Otto Riehl Herausgeber