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krasna:e-03-06-00

3.6 Bau- und Heizmaterial

Baumaterial

Als Baumaterial für die Häuser dienten in Steinbrüchen gewonnene Natursteine bzw. in der Sonne getrocknete Lehmziegel.

  • Natursteine (Muschelkalkstein oder Sandstein), auch Sägsteine genannt:
    In Krasna gab es keinen Steinbruch. Die Steine mußten in anderen Orten gekauft und herangefahren werden. Muschelkalksteine kamen im Bulgarendorf Dewelatsch vor und in Alt-Elft. Von letzterem wurden sie nach Aussage der Chronik Alt-Elft gegen gutes Geld auch nach Kasna verkauft.
    In der Gemarkung Tarutino gab es Steinlager aus hartem Sandstein und reichlich Sand. Auch in Klöstitz befand sich ein Steinlager.
    Man benutzte die Natursteine für aufwendigere Bauten (Kirche) und wenigstens für die Eckbereiche der Häuser. Auch mußten Brunnen ab einer Tiefe von etwa 5 m aufwärts ausgemauert werden.
  • Ungebrannte Ziegel (Batzen aus Lehm, der aus der Lehmgrube in Krasna stammte):
    Man nahm Lehm, Sand, (in den letzten Jahren auch noch Kalk) kurzes Stroh und Wasser. Durch Herumtreiben von Pferden auf diesem Haufen wurde alles gut gemischt. Die fertige Masse wurde mit den Händen in eine Form (Ziegel- oder Batzenmodell) gedrückt, glatt gestrichen und in Reihen zum Trocknen in die Sonne gelegt. Solche Lehmziegel erwiesen sich in der Steppe als besonders geeignetes Baumaterial. Interessante Ausführungen zum Baustoff Lehm macht Albert Rüb1).
Abb. 40: Herstellung von Batzen: aus der Form genommene Lehmsteine werden zum Trocknen ausgelegt
  • Gebrannte Ziegel, z. B aus einer Ziegelei in Friedenstal:
    In Krasna hatte Gottlieb Leinz das Ziegelbrennen ins Auge gefaßt. Der Befund genommener Lehmproben besagte, daß der Krasnaer Lehm für diese Zwecke angeblich zu mager war.
  • Bauholz war knapp in Bessarabien. Im Budschak gab es bei Ankunft der Siedler keine Wälder. Die später gepflanzten Baumarten waren nicht gut geeignet als Bauholz. Deshalb mußte Bauholz eingeführt werden. Holz für die Häuser kam oft aus Ismail. In den letzten beiden Jahrzehnten gab es in Tarutino bereits Holzhandlungen, die Holz auf Lager hatten.
  • Lehm, Sand:
    Dieses Baumaterial kam in Krasna vor.
  • Kalk:
    gelöschter Kalk, er wurde an der Baustelle zur Verarbeitung vorbereitet. Der Rohkalk wurde von auswärts bezogen.
  • Dachmaterialien:
    Zuerst waren die Häuser mit Rohr (Schilf) gedeckt. Rohr für die Dächer wurde am Ufer des Kogälnik geschnitten. Später verwendete man Ziegel, Schindel oder Blech. Seit den 1890er Jahren kamen meistens Zementziegel aufs Dach. Selten waren Blechdächer. Oft sah man auf den Dächern das Baujahr eingelegt oder eingezeichnet.
    Später (etwa nach der Jahrhundertwende) konnte man Baumaterial wie Holz, Kalk, Zement, Dachziegel, Glas, Nägel, Farben und andere Teile in Tarutino kaufen.

Hausbau

Eduard Ruscheinsky sagt: „Anfangs, bei der Gründung, wurden die Häuser gestampft oder mit Lehmziegeln (Patzen) gebaut und mit Rohr gedeckt.“ Aber auch später waren die Wohnhäuser selten ganz aus Naturstein. Das Fundament war gewöhnlich aus Stein, ebenso die Hausecken. Da die Steine teuer waren, erstellte man die übrigen Wände aus luftgetrockneten Lehmziegeln (Lehmbatzen). Diese Häuser waren recht dauerhaft.

Die Häuser wurden innen und außen mit einer Sand-Kalkmischung oder einer Lehm-Kalkmischung verputzt. Für Ställe und andere Wirtschaftsgebäude benutzte man zum Verputzen eine etwas kostengünstigere Verbindung aus Lehm und feinem Strohspreu. Die Gebäude waren stets weiß getüncht. Alljährlich wurden die Mauern und öfter auch die Häuser, meist zu Pfingsten, neu „geweißelt“ (getüncht). Dazu benutze man dünnflüssigen Kalk2). Dieses Material wurde auch für die Innenräume verwendet, mit dem Zusatz der gewünschten Farbe. Für Türen und Fenster nahm man Ölfarben oder auch schon Lack.

Die Wirtschaftsgebäude waren in der Konstruktion ähnlich wie die Wohnhäuser, nur einfacher. Die Kolonisten errichteten sie meist selbst, oft mit Unterstützung der Nachbarn und Verwandten.

Die Maurer waren in den meisten Fällen Russen oder Bulgaren. Sie kamen aus den umliegenden bulgarischen oder russischen Dörfern. Die Dachkonstruktion aus Holz erstellten vorwiegend Bulgaren. Tischler und Zimmerer waren in Krasna selbst vorhanden.

Heizmaterial

Es gab weder Brennholz noch Kohle in Bessarabien. Man mußte sich deshalb anderweitig behelfen. Meyer’s Konversationslexikon von 1890 stellt fest: „Doch ist dieser (der Budschak) völlig strauchlos, und Schilfrohr und Mist nebst dem eigentümlichen Steppengras (Burian) bilden die einzigen Feuerungsmittel.“ Geheizt wurde auch im 20sten Jahrhundert noch mit Stroh, trockenen Maisstengeln und mit Brennmist.

  • Stroh war ein weithin benutztes Heizmaterial. So wurden anfänglich sogar die Dampfmühlen mit Stroh gefeuert. Dazu mußten Kolonnen von Strohwagen laufend für Nachschub sorgen (s. Die Mühle in Krasna unter Ziff. .4.4).
  • Die vom Vieh abgefressenen Maisstengel und –kolben wurden als Brennmaterial geschätzt.
  • Die größte Heizkraft von den verwendeten Brennmaterialien hatte noch der Viehmist3), seine Herstellung war jedoch sehr aufwendig: Der Stalldung, der im Laufe des Winters anfiel, wurde auf dem Hof auf einen Haufen gesetzt. Dann wurde er ausgebreitet, festgedrückt und in quadratische Stücke gestochen, die zum Trocknen zu Stapeln aufgeschichtet wurden. Die Mistquader ähnelten in ihrem Aussehen den Torfsoden, wie man sie in früheren Jahren in Norddeutschland zum Heizen verwendete.

Max Riehl erinnert sich: „Als Brennmaterial wurden alle Pflanzenteile verwendet, die nicht zur Fütterung der Tiere genutzt werden konnten. Der anfallende Mist des Viehs wurde übers ganze Jahr auf einem Misthauen aufgeschichtet, wo er zu einer speckigen Masse verrottete. Im zeitigen Frühjahr wurde diese Masse auf dem Dreschplatz so ausgebreitet, daß es nach dem Festwalzen eine 10 -15 cm dicke feste Schicht ergab; diese wurde ein paar Tage trocknen gelassen. Dann wurde das Ganze mit einem scharf geschliffenen Spaten oder besser mit einem scharfen Stroh/Heuschneider in viereckige Stücke geschnitten von etwa 25×25 cm. Diese Würfel wurden zum Trocknen hochkant aufgestellt. Nach dem Austrocknen stapelte man die Stücke übereinander zu großen ‚Türmen’. So konnten sie über mehrere Jahre aufbewahrt werden, ohne an Brennwert zu verlieren. Der Heizwert des Mistes unterlag großen Schwankungen, er war abhängig vom Strohanteil und dem Grad der Verrottung. Diese Art der Brennstoffgewinnung hatten die deutschen Kolonisten den Tataren abgeschaut, die bei ihrer Ankunft in Bessarabien lebten.“

Abb. 41: Brennmist wird in runden Haufen aufgeschichtet

Alle diese Heizmaterialien verursachten Schmutz und mußten wegen ihres geringen Brennwertes in großen Mengen zu den Öfen gebracht werden. Hinzu kam die Beseitigung der Asche.

1)
Albert Rüb, Vom Baustoff Lehm und seiner Verwendung in Bessarabien, Jahrbuch der Deutschen aus Bessarabien 2002, S. 78 ff.
2)
Dieses Verfahren sollte gleichzeitig der Desinfizierung dienen
3)
Mist diente neben anderem Material auch zum Aufschütten von Dämmen, um das Flußwasser zu stauen
krasna/e-03-06-00.txt · Zuletzt geändert: 2019/05/22 11:17 von Otto Riehl Herausgeber