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krasna:h-06-04-00

6.4 Gemeinschaftsaufgaben / Selbsthilfeeinrichtungen

Es gab schon recht früh Ansätze zu einer gegenseitigen Unterstützung der Kolonisten in Notsituationen. Das betraf zunächst insbesondere Waisen, Brand, Notvorräte und die Alten. Später kamen genossenschaftliche Regelungen hinzu. Nicht zu vergessen sind auch unentgeltlich zu leistende Dienste für die Allgemeinheit.

Waisenkasse

Schon bald nach der Gründung der Kolonien ergab sich die Notwendigkeit, eine Regelung für Waisen zu finden, denn irgendein Schutz für sie von staatlicher Seite bestand nicht, und infolge der hohen Sterblichkeitsrate der Kolonisten gab es viele Waisen. Diese Aufgabe übernahmen zunächst die Dorfverwaltungen. Von der Gemeinde wurden schon bald Vormünder bestellt1), die das Vermögen der Waisen bis zur Volljährigkeit verwalteten. Konnten die Witwe oder große Kinder die Wirtschaft nicht weiterführen, wurde das bewegliche landwirtschaftliche Vermögen einschließlich des lebenden Inventars versteigert und das Land verpachtet. Der Erlös bzw. die Pachteinnahmen wurden an Privatpersonen gegen Zinsen ausgeliehen. Bei Volljährigkeit erhielten die Waisen ihr Geld nebst Zinsen zurück. Die Vormünder waren der Gemeinde gegenüber zur Rechenschaft verpflichtet2).

Zwar führten die Vormünder in der Regel ihr Amt ordentlich und gewissenhaft, aber immer wieder traten Probleme auf, wenn die Waisen volljährig wurden und das Geld von Schuldnern eingetrieben werden sollte. Um diesen Schwierigkeiten vorzubeugen und zur besseren Verwaltung der Gelder fingen einzelne Kolonien an, Waisenkassen zu gründen3). Diese Kassen zahlten nach dem Ende der Vormundschaft die aufgelaufenen Summen dann mit Verzinsung an die Waisen aus. Wann die ersten Waisenkassen eingeführt wurden, ist nicht mehr eindeutig zu ermitteln. Jedenfalls gibt es Belege, daß im Bezirk Liebental (bei Odessa) schon 1830 eine Waisenkasse gegründet wurde.
Entsprechende Bemühungen führten dazu, daß 1869 das Fürsorgekomitee die Kolonien anwies, nach dem Liebentaler Vorbild Waisen-, Leih- und Sparkassen einzurichten. Als Statuten dienten die vom Fürsorgekomitee herausgegebenen „Regeln einer gemeinschaftlichen Waisen- Leih- und Sparkasse“. Diese Statuten wurden 1871 im Rahmen der Verwaltungsneuordnung bestätigt4).
Der Anordnung des Fürsorgekomitees nachkommend gründete das damalige Gebietsamt Malojaroslawetz II 1869 eine Waisenkasse für die zu seinem Gebiet gehörenden Kolonien; zunächst gehörte dazu auch Krasna. Nach der Einrichtung eines eigenen Bezirks/Gebiets ab 1871 in Krasna blieb Krasna weiterhin Mitglied in der Waisenkasse von Malojaroslawetz II.

Die Waisenkasse war keine eigenständige Körperschaft, sondern eine Einrichtung des Gebietsamtes. Ihre Verwaltung bestand aus drei gewählten, vom Gebietsamt vereidigten und vom Fürsorgekomitee (später vom Landvogt) bestätigten Personen: einem Direktor und zwei Mitgliedern. In jeder Gemeinde des Gebietsamtes wurde ein sogenannter Waisenvater gewählt, der die Belange der Waisen und der Waisenkasse in seiner Gemeinde vertrat. Alle Waisenväter der Mitgliedsgemeinden wirkten an der Verwaltung der Waisenkasse mit. Zur Prüfung der Bücher wurden Revisoren gewählt. Staatliche Behörden konnten die Waisenkasse ebenfalls prüfen. Hauptamtliche Angestellte hatte die Waisenkasse nicht, vielmehr wurden die anfallenden schriftlichen Arbeiten vom Gebietsschreiber erledigt. (Geschäftsführer, Buchhalter)5).

Die Waisenkasse hatte drei wichtige Funktionen:

  • Verwaltung der Waisenvermögen, deren Sicherheit durch die Gemeinden verbürgt wurde. Die Waisen durften über ihr Geld einschließlich der Zinsen nach Volljährigkeit verfügen.
  • Ausleihung von Waisengeldern an kreditwürdige Bürger gegen Sicherheit (Vermögensverpfändungen, Bürgschaften Dritter).
  • Annahme und Verwaltung von Einlagen auch von Privatleuten und von Gemeinden.

Die Einlagen wurden zur russischen Zeit zu 5% verzinst, für die ausgeliehenen Darlehen erhielt die Kasse 6%6). Vom Darlehensbetrag wurden jährlich 10 % plus fällige Zinsen zurückgezahlt. Von der Differenz in Höhe von einem Prozent wurden alle Auslagen gedeckt und noch ein Reservekapital gebildet. Überschüsse der Kasse wurden gemeinnützigen Zwecken zugeführt. Alle Einlagen waren durch das Gesamtvermögen der Gemeinden verbürgt und gesichert.

Die Waisenkassen waren gewissermaßen die ersten Kreditanstalten Bessarabiens, und sie blieben es faktisch bis kurz vor dem 1. Weltkrieg
⇒ S. Ziff. 4.7 Geld- und Bankwesen

Die Waisenkasse in der rumänischen Ära

Die Waisenkassen blieben zunächst bestehen und setzten ihre Arbeit nach den alten Statuten fort. Das Waisengeld Krasnas wurde in den Zwanziger Jahren der Waisenkasse von Malojaroslawetz II entnommen und in die am Ort in Krasna ansässige Volksbank Koncordia eingezahlt. Wann das genau geschah, konnte nicht festgestellt werden. Laut Chronik von AltPosttal, S. 237 gehörten im Jahre 1923 der Waisenkasse Malojaroslawetz II noch die Gemeinden Alt-Posttal, Wittenberg Katzbach und Krasna an. Es ist denkbar, daß der Anlaß zur Entnahme der Krasnaer Gelder darin begründet war, daß nach Aufhebung der Gebietsämter ab 01. 01.1924 die Waisenkasse eine eigene Verwaltung benötigte und man in Krasna glaubte, dies allein zweckmäßiger erledigen zu können. Im übrigen lag ab 01.01.1925 die Zuständigkeit für die Waisenversorgung bei der Comuna (s. Ziff. 4.8 Die Verwaltung). Wie die Verwaltung der Krasnaer Kasse im einzelnen aussah, ist nicht bekannt. Nach Alois Leinz7) hat zuletzt Thomas Schäfer in Krasna die Waisenkasse geführt.

Im Jahre 1928 ordnete die rumänische Regierung an, daß alle Waisengelder in die staatliche Kasse „Casa de depunari“ eingelegt werden sollten. Damit drohte der guten alten Einrichtung die Auflösung. Durch mehrere Interventionen in den Ministerien in Bukarest wurde die Verordnung zunächst auf unbestimmte Zeit aufgeschoben. Doch schon im Jahre 1933 ordnete die rumänische Regierung an, daß vom 01. Juli 1933 an keine Waisengelder mehr angenommen werden durften.

Da die alten Waisengelder jeweils auf 10 Jahre ausgeliehen waren (Tilgung pro Jahr 10% plus Zinsen), bestand die Regelung aus dem Jahr 1869 de facto bis zur Umsiedlung im Jahre 1940; für Waisen ab Juli 1933 galt sie allerdings nicht mehr.

Brandkasse

In dem heißen Steppenklima und bei der gegebenen Bauweise in Südbessarabien war die Brandgefahr insbesondere im Sommer besonders groß.
Weil ein Brand den betroffenen Kolonisten ruinierte, begann man sehr bald, sich dagegen gemeinschaftlich zu wappnen, ohne große bürokratische Anstalten. Man behalf sich, und wenn ein Haus abbrannte, halfen alle mit, um möglichst schnell wieder ein neues aufzubauen.

Diese Regelung war auf Dauer nicht ausreichend, und so wurden bereits ab 1849 auf Anordnung des Fürsorgekomitees Brandkassen eingerichtet (Einrichtung von Feuerversicherungsgesellschaften bei den drei Gebietsämtern Klöstitz, Sarata und Malojaroslawetz II, zu dem Krasna gehörte). Einheitliche Regeln fehlten zunächst. Jedes Gebietsamt regelte zunächst die Verfahren selbst. Ein Kolonistenkongreß im Jahre 1866 sprach sich für eine einheitliche Lösung aus und entwarf entsprechende Statuten. Diese wurden am 14. Juni 1867 vom Minister der Reichsdomänen bestätigt. Diese Statuten galten de facto bis in die rumänische Zeit hinein, bis zur Aufhebung der Gebietsämter am 01. Januar 1924.

Die Arbeitsweise der Brandkasse war sehr einfach angelegt, funktionierte aber ausgezeichnet. In jeder Gemeinde des Gebietsamtes wurden die Gebäude vom örtlichen Brandältesten und von der Gemeinde gewählten Taxatoren unter Anleitung des Schulzen und des Gebietsbrandältesten geschätzt. Der Wert jedes Gebäudes wurde in das sogenannte Hypothekenbuch eingetragen. Die Schätzung wurde nach 10 Jahren überprüft und wenn nötig korrigiert. Brandsteuern mußten die Mitgliedern nur zahlen, wenn eine Feuersbrunst im Gebiet stattgefunden hatte. Dann stellten die Taxatoren der einzelnen Gemeinden im Beisein des Oberschulzen und des Gebietsbrandältesten den Schaden fest. Die Schadenssumme wurde dann durch die Gemeinden als „Brandsteuer“ erhoben. Die Höhe der Beträge jedes einzelnen richtete sich nach dem Schätzwert seiner eigenen Gebäude.

Als Krasna 1871 ein eigenes Gebietsamt erhielt, gründete man keine eigene Brandkasse, sondern blieb weiter Mitglied in der Brandkasse von Malojaroslawetz II.
Laut Chronik von Alt-Posttal8): gehörten dieser Brandkasse im Jahre 1923 nur noch die Gemeinden Alt-Posttal, Wittenberg, Katzbach und Krasna an. Weil Katzbach und Krasna sich nicht mehr beteiligen wollten, ging sie ein. Krasnas Haltung hängt vermutlich damit zusammen, daß mit der Aufhebung der Gebietsämter 1924 die Brandkassen den Waisenkassen angegliedert wurden und Krasna ab dieser Zeit eine eigene Waisenkasse hatte (s. Waisenkasse).

Aus mündlichen Quellen und auch aus Pressemeldungen9) wissen wir, daß in Krasna die Brandkasse auf freiwilliger Basis nach rumänischen Bestimmungen weitergeführt wurde.
⇒ s. auch Feuerwehr weiter unten

Das Getreidevorratsmagazin

Auf Anordnung des Fürsorgekomitees wurden nach den verheerenden Mißernten und sonstigen Plagen in den ersten Jahrzehnten ab etwa 1835 in den deutschen Kolonien Getreidemagazine eingerichtet. Bei guten Ernten mußten die Bauern Erntemengen einlagern, damit in Notzeiten daraus Brot- und Saatgetreide abgegeben werden konnte. In besseren Jahren mußte dann jeder soviel Getreide, wie er entnommen hatte, zurückgeben.

Das Kolonistengesetz schrieb sehr präzise vor, welche Mengen von welchen Getreidearten abzuliefern waren, wie sie zu verwalten und zu schützen waren. Das Getreide mußte alljährlich gegen neues ausgetauscht werden. Die Aufbewahrung und die Rechnungsführung über das Getreide waren einem der zwei Beisitzer des Schulzen übertragen, der auch den Speicherschlüssel in Verwahrung hatte. Die Türen der Speicher wurden vom Schulzen versiegelt, so daß beide für den Getreidebestand verantwortlich waren.
Eine Tabelle des zuständigen Gebietsamtes aus dem Jahre 1846 gibt für Krasna die eingelagerten Mengen der einzelnen Getreidearten an und bestätigt, daß die Aufbewahrung im Getreidemagazin unter sehr guten Bedingungen erfolgt10).

Im Laufe der Zeit, wohl nach 1871, ist man von Getreideeinlagerung abgekommen. Statt dessen wurde das von den Kolonisten einzuliefernde Getreide verkauft und das Geld beim Kreisrentamt angelegt. Mutschall11) schreibt: „Im Bedarfsfall sollten die Gemeinden die nötigen Summen erhalten, allein es nie soweit gekommen. Zur Zeit der ersten Unruhen sind die zinstragenden Papiere untergegangen, und niemand hat je etwas von dem „Verpflegungskapital“ gesehen.“
In rumänischer Zeit haben die Getreidemagazine und die Einrichtung als solche nicht mehr bestanden.
⇒ Zum Standort des Getreidemagazins in Krasna s. Ziff. 3.1 Das Dorf Krasna, seine Lage und sein Aussehen

Altenteil

Auch für die alten Leute unserer bessarabischen Heimat wurde durch Satzungsgewalt der Gemeinde gesorgt. Die Gemeindeversammlung setzte fest, was Kinder für ihre alten Eltern in Naturalien zu leisten hatten. Einem älteren zurückbleibenden Elternteil stand ein Altenteil (Ausgeding) zu, welches gewöhnlich aus Wohnung, Ernährung oder auch einem Landanteil bestand.

Übel bestellt war es um die alten Leute, deren Kinder mittellos waren. Da mußte die schwache Fürsorge der Gemeinde einspringen. Eine staatliche Wohlfahrt gab es nicht. In solch einem Falle setzte die Gemeinde eine Kollekte an.
Ein Altenheim oder dergleichen gab es nicht. In Tarutino wurde 1932 mit der Einrichtung eines solchen auf recht schmaler Basis begonnen (ein Einfamilienhaus). Für Krasna hatte das aber keine Bedeutung.
⇒ Zum Thema Bedürftige s. auch Ziff. 4.3 Landbesitzer und Landlose in Krasna.

Gründung von Genossenschaften

Seit der Jahrhundertwende wurden in vielen deutschen Kolonien Konsumgenossenschaften gegründet, die die Versorgung der Kolonisten übernahmen. Der Grund für deren Errichtung rührte her aus den zunehmenden Behinderungen im ökonomischen Bereich von außen. Dem versuchten die Deutschen mit eigenen Selbsthilfeeinrichtungen etwas entgegenzusetzen. Die ersten Genossenschaften entstanden um die Jahrhundertwende. Auf breiter Basis entfalteten sie sich ab 1907 im Zuge der Stolypinschen Reformen. Zunächst gab es Gemeindeläden. Aus diesen gingen etwas später auch andere Genossenschaften hervor, wie Banken, Molkereien. In Krasna gab es sowohl einen Gemeindeladen (Konsum) als auch eine Genossenschaftsbank.
⇒ Ziff. 4.4 Handwerk, Handel, und Bankwesen in Krasna

Die Konsum- und anderen Genossenschaften waren in den Krisenjahren der Zwanziger Jahre eine nützliche Stütze der Deutschen.

Nach dem Anschluß an Rumänien erlangte das Genossenschaftswesen in der damaligen ökonomischen Situation (Wegfall des bisherigen Absatzraumes Odessa) einen noch höheren Stellenwert. Die Genossenschaften, die Überschüsse bäuerlicher Erzeugnisse gemeinsam vermarkteten, wurden nach den Kriegsjahren schnell wieder aktiviert, mußten aber ihre Statuten dem rumänischen Recht anpassen.

Die Genossenschaften hatten sich 1921 zum Wirtschaftsverband zusammengeschlossen.
⇒ s. Ziff. 5.4 Verbände, Räte, Vereine

Wohltätigkeitsdienste

Familien konnten in Krasna sehr schnell arm und bedürftig werden. Armut kam z. B. auf, wenn jemand längere Zeit arbeitsunfähig war oder ein Familienmitglied sich in eine teure ärztliche Behandlung begeben mußte (Operation oder dgl.). Eine Absicherung gab es nicht. Es gab keine Krankenkasse, keine Rentenversicherung. Es gab weder in russischer noch in rumänischer Zeit so etwas wie eine staatliche Wohlfahrt (Sozialhilfe) oder ähnliches. Es gab aber in Krasna wohltätige Menschen, die immer hilfsbereit waren und halfen, wo sie konnten. Bei Unglücksfällen und Notlagen hat die Gemeinde Geld, Getreide und andere Sachen sammeln lassen, um den Betroffenen zu helfen.

Unentgeltlich zu leistende Gemeinschaftsdienste

Die Dorfbewohner waren (freiwillig oder gezwungenermaßen) auch in anderen gemeinnützigen Dingen engagiert. Nach den Kolonistengesetzen hatten sie allgemeine Naturalpflichten zu leisten. Ähnliche Vorschriften fanden sich auch in den nach 1871 geltenden Gesetzen. Es bestanden insbesondere folgende Pflichten.

  • Bau und Reparatur der Wege, Brücken, Dämme auf Gemeindeland (Frondienste)
    Die Arbeiten, die in der Zuständigkeit der Gemeinde lagen, wie Gewässer- und Wegeunterhaltung, Pflege der Weiden, Instandhaltung der öffentlichen Gebäude usw. wurden in Gemeinschaftsarbeit (Fron) erledigt.
    Einige Male im Jahr war „Fron“. Jeder Hof mußte eine bestimmte Anzahl von Fahrzeugen und Leuten stellen. Die Gemeindeversammlung bestimmte die Frontage und die Größe des Aufgebots je Hof. Dies war von der Größe der Landwirtschaft oder des Betriebes abhängig. Die Aufsicht über die Arbeiten hatten die Sotzki und Hirtenschulzen. Ein Frontag war ein Dorfereignis; es kamen ein paar hundert Leute, meist jüngeren Alters, mit vielen Fuhrwerken vor der Kanzlei zusammen. Jeder brachte sein Werkzeug mit. Neben der Arbeit spielten die Begegnung und der Austausch von Dorf- und anderen Neuigkeiten eine wichtige Rolle.
    Auch bei Arbeiten für die Kirchengemeinde wurde unentgeltlich Gemeinschaftsarbeit geleistet. Zu nennen sind z. B. Bau der Pfarrkirche und kurz vor der Umsiedlung Bau des Heimes.
  • Quartierpflicht für durchziehende Heerestruppen, s. unter Ziff. 4.11 Militärdienst und Kriegszeiten.
  • Postfahrten, s. unter Ziff. 4.5 Verkehrsinfrastruktur, Post und Telefon.
  • Feuerschutz, Feuerwehr

Die Konstruktion der Gebäude (Rohrdächer), die oft langanhaltenden Trockenperioden und das viele Stroh in den Höfen bargen große Brandgefahren.
Schon früh war deshalb der Feuerschutz eine Gemeinschaftsaufgabe. In den ersten Jahren hatte man praktisch nur den Eimer als Feuerlöschgerät. Man kann sich vorstellen, daß damit gegen ein Großfeuer wenig auszurichten war.
Man begann nach wirksameren Bekämpfungsmethoden zu suchen, und es entwickelte sich allmählich ein System, das 1868 in eine Verordnung über die Feuerwehr in den Kolonien einmündete. Diese Verordnung trat mit den vom Minister für die Reichsdomänen erlassenen Regeln über die Feuerversicherung (s. Brandkasse) am 1.1.1868 in Kraft.
Sie schrieb eine ganze Reihe von Vorsichtsregeln zur Verhütung von Bränden vor. Die Einhaltung der Bestimmungen hatte der Oberschulze zu überwachen. Wurden bei regelmäßig durchzuführenden Inspektionen Mängel festgestellt, so hatte der betroffene Kolonist ein Bußgeld an die Brandkasse zu entrichten.

Jede Gemeinde war verpflichtet, mindestens „eine Feuerspritze mittlerer Größe zu haben; mit eisernen Reifen beschlagene Fässer auf Karren; Feuerhaken, Schilder und Leitern.“ Zur Aufbewahrung der Geräte wurde ein besonderer Gemeindeschuppen gebaut.

Die Wolostversammlung legte fest, mit welchem Gerät der Hausbesitzer an der Brandstelle zu erscheinen hatte: Eimer, Gabel, Beil, Feuerhaken usw. Vorsätzliches Fernbleiben wurde bestraft.

Brandälteste waren dafür verantwortlich, daß die Vorschriften eingehalten und die Geräte stets einsatzbereit waren. Zweimal jährlich hatten sie, sowohl in den Privat- als auch in den Kommunalgebäuden die Feuerlöschgeräte, und „alles, was sich auf die Wirkung des Feuers bezieht, auf`s eingehendste zu inspiziren.“
Bei einem Brand wurden die Glocken geläutet, mit einer bestimmten Klangfolge.

Im Falle von Feueralarm war den Einwohnern auferlegt, sofort „an den Ort der Feuersbrunst zu eilen und dort ohne Widerrede die Befehle des Dorfs- und Brandältesten oder der sie vertretenden Personen von der örtlichen Verwaltung zu erfüllen.“
Das Löschwasser mußten die Brunnen liefern.

Die benachbarten Gemeinden waren verpflichtet, dem von einer Feuersbrunst heimgesuchten Dorf zu Hilfe zu eilen.

Diese Regelung galt faktisch bis zum Ende der Zugehörigkeit zu Rußland. Natürlich wurden die Geräte der technischen Entwicklung angepaßt. So kann man in verschiedenen Chroniken von Nachbargemeinden Krasnas lesen, daß um 1890 modernere Feuerspritzen angeschafft wurden.

Einzelheiten zur Feuerwehr in Krasna konnten nicht ermittelt werden, z. B. wie sie organisiert und ausgestattet war, wer die Brandältesten waren. Schriftliche Zeugnisse wurden bisher nicht gefunden. Man kann aber unterstellen, daß das Feuerlöschwesen ähnlich geregelt war, wie in den Nachbarorten Krasnas. Die Krasnaer Feuerwehrgeräte waren an der Kanzlei untergebracht (s. bei „Kanzlei“ in Ziff. 3.1 Das Dorf Krasna, seine Lage und sein Aussehen )

Ab 1938 bestand Feuerwehrpflicht für alle erwachsenen männlichen Einwohner.

  • Aufrechterhaltung der Ordnung, Sauberkeit Reinlichkeit (Selbstschutz/ Wachaufgaben)

Hierfür mußten die Kolonisten selbst sorgen. Sie organisierten diese Dienste auf eine praktische Art und Weise (s. unter Ziff. 4.9 Gerichtsbarkeit, öffentliche Ordnung und Sicherheit).

1)
Nach noch vorhandenen Akten wurden schon nach 1820 Vormundschaften bestimmt
2)
Nach 1871 (Auflösung des Fürsorgekomitees) unterlagen die Vormundschaftsakten zunächst der Revision des Friedensrichters und später der des Landvogts.
3)
Sicher konnte auch die Waisenkasse kriminelle Machenschaften von Vormündern nur eindämmen, nicht gänzlich verhindern. In manchen Fällen haben sich sogar Verantwortliche der Waisenkassen an den Waisen bereichert, die sie eigentlich schützen sollten.
4)
Durch Kaiserlichern Allerhöchsten Erlaß am 04.06.1871 bestätigt und in Band XI der Reichsgesetze aufgenommen
5)
Eine recht detaillierte Beschreibung der Waisenkassen findet sich bei Suckut, Arthur, Paris in Bessarabien: Chronik der Gemeinden Paris und Neu-Paris in Bessarabien, Eigenverlag des Verfassers, 1986, Seite 65 ff
6)
In der rumänischen Zeit waren die Zinssätze etwas höher
7)
20 J. nach Umsiedlung s. 92
8)
Gäckle, Herbert, Geschichte der Gemeinde Alt-Posttal (Bessarabien), Markgronigen, 1983. S. 239
9)
Deutscher Volkskalender für Bessarabien, Jahrgang 1938, S. 124 f
10)
State Archives of the Odessa Region, Odessa Fond 6, Inventory 1, File 9197
11)
Mutschall, Wilhelm, Geschichte der Gemeinde Tarutino, 1934, S. 85
krasna/h-06-04-00.txt · Zuletzt geändert: 2023/08/08 14:11 von Otto Riehl Herausgeber