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krasna:e-03-04-00

3.4 Die Gemarkung der Kolonie Krasna

Lage und Größe der Gemarkung von Krasna

Die Geländeformation

Das Krasna zugemessene Landstück (Nr.7) bildet ein leicht verkantetes Rechteck (s. Karte der Parzellen der Kolonien in Ziff. 1.2). Aufgrund des gegebenen Flächenmaßes von 6948 Desjatinen (rund 7590 ha) und den bestehenden Entfernungen zu den Nachbarkolonien kann man etwa eine Länge von 10 - 12 km und eine Breite von 6 - 7 km annehmen.

Der Kogälnik durchfloß die Krasnaer Gemarkung von Nord nach Süd etwas von der Mitte versetzt. Der aus Richtung Tarutino kommende Bach Antschiokrak mündete nördlich des Dorfes in den Kogälnik. Beide Gewässer bildeten einzelne Teiche aus. Der Ort selbst lag ziemlich in der Mitte der Gemarkung.

Die Gemarkung wurde (nach der Abtrennung von Katzbach im Jahre 1824/25) begrenzt durch die Gemeindefluren von Katzbach, Ciuleni, Tarutino, Beresina, Klöstitz, Paris, Alt-Elft. Die Gemarkungsgrenzen verliefen schnurgerade.

Abb 32: Karte der Gemarkung Krasna von H. Ruscheinsky in Heimatbuch, 20 Jahre nach der Umsiedlung, S. 26

Die im Jahre 1814 den Krasnaer Kolonisten zugemessene Landfläche betrug 8012 Desjatinen. Nach Abtrennung des auf die nach Katzbach wegziehenden evangelischen Wirts-Familien entfallenden Landanteils verblieben 6948 Desjatinen1), siehe unten.

Die Gemarkung war ursprünglich auf 133 Wirtschaften à 60 Desjatinen verteilt. Nach Wegzug der 19 evangelischen Familien waren es 114. In einer Statistik für das Jahr 1825 werden 114 Wirtschaften gezählt2).

Das Land der Kolonie Krasna und seine Aufteilung nach dem Stand von 1827
⇒ Zu den russischen Maßen und ihrer Umrechnung s. Ziff. 4.6

Desjatinen Faden
Brauchbares Land3):
Der Ort 48 1580
Wiesen 2244 1560
Weingärten 127
Äcker und Weiden 4267 2104
Zusammen nutzbares Land 6688 444
Unbrauchbares Land
Kogälnikbett und Antschiokrak
mit Teichen
68 1800
Wege 50 750
Gräben 17 1750
Zusammen unbrauchbares Land 136 1900
Kirchlicher Besitz
Pfarrland4) 400
Wohnung/Garten des Geistlichen 3
Wiesen 120
Zusammen kirchlicher Besitz 123 400
Im ganzen 6948 344

Spätere Dokumente sprechen von 6910,2 Desjatinen.

  • Ein Dokument vom 29. Mai 18855) hält fest, welchen Landbesitz die ehemalige Kolonie Krasna am 01. 07.1871 (Zeitpunkt der Umwandlung des Koloniallandes in Privateigentum) gehabt hat. „Die Siedlung besitzt 6641,3 Desjatinen kultivierten Landes und 268,9 Desjatinen nicht kultivierten Landes; insgesamt 6910,2 Desjatinen.“
  • In einem Aktenstück mit dem Datum vom 27. Januar 19136) wird zu Krasna ausgeführt : „Im Jahre 1816 haben die aus Deutschland nach Rußland gekommenen Vorfahren der heutigen deutschen Kolonisten den staatsbürgerlichen Eid geleistet und das Dorf Krasna gegründet, zur Erinnerung an das Ereignis im Jahre 1812 [Sieg bei Krasnoje über Napoleon]. Bei der Ansiedlung wurde der Gemeinde ein Gesamtbestand von 6910 Desjatinen Land geschenkt.“

Die Gemarkungsgröße hat sich offensichtlich bis zum Jahre 1940 nicht verändert, wie sich aus weiteren Unterlagen ergibt:

  • Keller sagt 19127): Das Gemeindeland der Kolonie Kraßna beträgt 6910,2 Desjatinen – zählt 114 Wirtschaftstellen,
  • 1940 betrug die Landmenge der Gemeinde Krasna (Gemarkung Krasna) 7532 ha8). Dies entspricht ziemlich genau 6910,2 Desjatinen (bei einem Umrechnungsfaktor von 1,09).

Die Nutzungsarten der Gemeindeflur

Die Gemarkung wurde für Ackerland, Bastane, Weingärten, Wald, Viehweide, Heuschlag, Krautgärten, Obst- und Gemüsegärten genutzt.
Wie alle Kolonien so hat auch die Gemeinde Krasna bei ihrer Gründung das Land in drei Kategorien eingeteilt:

  1. Hofflächen
    Jeder Bauer (Wirt) bekam innerhalb des Dorfes ein Stück Gehöftland von ca. 1 Desjatine Fläche = Grundstück für Haus, Hof und Garten zu dauerndem Besitz zugewiesen.
  2. Ackerland und Wiesen.
    Darüber hinaus wurden allen Familien zu gleichen Teilen Felder und Wiesen zur eigenen Nutzung überlassen.
  3. Gemeindeweide
    Ein Teil des Landes wurde zur gemeinsamen Nutzung als Viehweide zur Verfügung gestellt (die Wirte mußten dafür einen Teil ihres Landes bereitstellen). Sie befand sich um das Dorf herum. Jede Wirtschaft hatte das Recht, eine bestimmte Zahl von Pferden, Rindern, Jung- und Kleinvieh darauf zu weiden. Ab etwa 1875 wurden vom Weideland zunehmend kleinere oder größere Stücke abgeschnitten und in Ackerland umgewandelt.

Eduard Ruscheinsky9): „Das Land ist gegenwärtig (etwa 1935-1940) so verteilt: Ackerland 5670,69 ha, Weide 1363,44 ha, Wege und Hofplätze 357,98 ha.“

Aufteilung des Geländes in Flurstücke/Gewanne

Die Landfläche außerhalb des Dorfes (Ackerland und Heuschlag, nicht die Viehweide) war in Fluren / Gewanne eingeteilt.

Flurstücke wurden vielfach nach der Lage oder Form der Grundstücke benannt, manchmal mit Hinweis auf markante Punkte oder Geländeformen. Z. B. deuten folgende Bezeichnungen auf Gewanne in Krasna hin: Tarwaner Loch, Tarwaner Berg, Judetal, Judeberg, Netjetal, Stojan, Eichwald, Heuschlag, Kesselloch, Antschiokraker Tal, Mittelberg. (Es war nicht nachprüfbar, ob dies alles Gewanne waren, ob dies alle in Krasna vorkommenden Fluren waren oder ob es weitere gab.)
Die Flurstücke/Gewanne waren meist schmal und lang, z. T. bis zu mehreren km Länge. In diesen erhielt jeder Wirt ein „Los“ (so genannt, weil die Stücke früher verlost wurden), manchmal auch mehrere, aber nicht nebeneinander. Somit war der gesamte Landbesitz des einzelnen Bauern in mehr oder weniger schmalen Streifen von je etwa 1-2 Desjatinen auf der ganzen Gemarkung des Dorfes verstreut. Der Besitz eines Siedlers konnte durchaus auf 12-15 Stellen verteilt sein. Dadurch erreichten die Kolonisten zwar eine gerechte Verteilung des unterschiedlich weit vom Dorf entfernten und unterschiedlich ertragreichen Landes, nahmen aber auch die Zersplitterung ihrer Anteile in Kauf. Wegen dieser Zersplitterung ihres Landanteils mußten sie weite Wege zurücklegen und verloren viel kostbare Zeit. Die Entfernung bis zu dem entferntesten Landstück konnte 8-10 km betragen10).

Bodenform

Die Landfläche wurde durch Mulden und Wellen sowie mehrere Seitentäler geformt. Lt. österreichischer Militärkarte von etwa 1910 war der westliche Höhenzug bis 147 m, der östliche Höhenzug bis 129 m hoch. Die Talsohle des Kogälnik war ca. 3 km breit. Die Höhendifferenz zwischen Berg und Tal betrug bis ca. 70 m.

Kurgane

Kurgane waren kegelförmige Aufschüttungen, die Hügelgräber enthielten aus uralter Zeit. Nach verschiedenen Untersuchungen sollen sie um 400 n. Chr., zum Teil viel früher angelegt worden sein.

Abb. 33: So etwa sahen Kurgane aus, hier eine Aufnahme von der Gemarkung Sarata

Man hat bei Ausgrabungen, z. B. in Alt-Elft, um die Jahrhundertwende darin Menschen- und auch Pferdeknochen gefunden, ebenso Tontöpfe und -krüge, Messer, Ringe. Im Volksmund wurden diese Hügelgräber „Kanonenhügel“ genannt, weil man glaubte, in früheren Kriegen seien auf den Hügeln Kanonen aufgestellt gewesen.
Auf der Krasnaer Gemarkung befanden sich Kurgane auf dem Judenberg, im Antschiokraker Tal und auf dem Mittelberg.

Bodenbeschaffenheit

Das Land war besonders im Kogälniktal fruchtbar. An den Abgängen der Höhenzüge kamen sogenannte „salpetrige Stellen“ zum Vorschein, wo die Ernteerträge, besonders in regenarmen Jahren, schwächer ausfielen. Dies waren vom Schwarzen Meer kommende Salzadern. Dölker urteilt11): „Bessarabien fällt nach seiner Bodenart zu dem südrussischen Schwarzerdegebiet. Die Schwarzerdeschicht schwankt von 30 cm bis zu einer Mächtigkeit von 1,5 m und mehr. Der Boden zählt zu den fruchtbarsten Böden.“

Gute Ackerböden waren ein herausragendes Merkmal der Gemarkung Krasnas. Mit den Worten des Gemeindeberichts von 1848: „Im Tale ist 2 Fuß tief Schwarzerde; dann kommt salpetriger Boden. Auf der Anhöhe ist der Boden 2 Fuß tief schwarz aber mit Sand gemischt. Der Boden trägt gut Winterweizen, Roggen, Hafer, Gerste, Hirse, Mais, Hülsenfrüchte u. Kartoffel.“

Auf der Krasnaer Gemarkung gab es keine Steinbrüche wie in einigen Nachbarkolonien.
⇒ s. unter Ziff. 3.6 Bau- und Heizmaterial

Flora und Fauna um Krasna

Die Pflanzen- und Tierwelt im Raum Krasna war vielfältig, weniger bei Bäumen. Hierbei vorherrschend waren die Akazie und die Robinie, weitere Bäume waren Obst-, Flieder- und Holunderbäume. Wälder im eigentlichen Sinne gab es nicht, nur kleine Gehölze, die von den Kolonisten angelegt wurden. 1940 gab es laut obiger Gemarkungskarte zwei kleine Wäldchen, den unteren Wald und den oberen Wald. Wann sie angelegt wurden, war nicht zu ermitteln.
Auf der Krasnaer Gemarkung gedieh Wein. Weingärten waren angelegt insbesondere an den Hängen beiderseits des Flusses und am Heuschlagerberg.

Auf den Feldern wuchsen hauptsächlich Winterweizen, Gerste, Mais, Hafer, Roggen. Für den eigenen Bedarf wurden Kartoffeln und als Viehfutter Rüben und Kürbisse angebaut.
⇒ s. Ziff. 4.1. Die Landwirtschaft in Krasna

Die Vogelwelt, aber ebenso andere Tierarten und auch die Pflanzenwelt, wie sie sich etwa 1940 darstellten, beschreibt Erwin Heer sehr anschaulich12). Weitere Literatur zur Tier- und Pflanzenwelt in Bessarabien s. Literaturliste.
Erwähnt sei hier nur der Weißstorch, der in früheren Jahrzehnten in Bessarabien sehr verbreitet war. Der Kogälnik bot ihm reichlich Futter. In den letzten Jahren waren aber die Storchennester rar geworden.

1)
Es gibt eine Diskrepanz zwischen den Zahlen in unterschiedlichen Quellen. Dies ist möglicherweise auf unterschiedliche Auffassungen zurückzuführen, was zählt (nur brauchbares oder auch unbrauchbares Land? mit oder ohne Pfarrland? mit oder ohne Fläche für öffentliche Gebäude?).
2)
Rempel, Hans, Deutsche Bauernleistung am Schwarzen Meer Bevölkerung und Wirtschaft 1825 Ort/Verlag Leipzig: Hirzel, 1942, Tabelle 22
3)
Das Kolonistengesetz besagte: „Bei der Zuteilung der Landstellen an die Kolonisten wird nur das brauchbare Land angerechnet, alle anderen Stellen wie Flüsse, Seen, Sümpfe, Moor-, Kalk-, Salz-, Ton- und Sandböden und andere für Acker- und Wiesenbau ungeeignete Böden werden nicht in Rechnung genommen, dem Dorf aber in allgemeinen Besitz übergeben.“
4)
Dies ist wohl der Bauplatz für die Kirche
5)
State Archive of Odessa Region, Odessa; Fond etc. not identified
6)
Beschreibung der deutschen Kolonien des Akkermaner Kreises (Wortlaut s. unter Ziff. 9. Dokumente, Berichte, Fakten)
7)
Keller, Konrad, Die Kolonie Kraßna (Gouvernement Bessarabien), Neuer Haus- und Landwirtschafts – Kalender für deutsche Ansiedler im Südlichen Rußland auf das Schaltjahr 1912, 44. Jahrgang, Odessa.
8)
Eduard Ruscheinsky: Die katholische Diasporagemeinde Krasna/Bessarabien. Vor dem herannahenden Gewitter des Zweiten Weltkrieges (1939-1940), Heimatbuch der Bessarabiendeutschen 1960, S. 7
9)
Ruscheinsky, Eduard; Chronik der Gemeinde Krasna, erschienen im Bauernkalender , Jahrbuch der Deutschen in Bessarabien / Kultur- und Presseamt des Deutschen Volksrates für Bessarabien 1939, S. 164-172
10)
In der Chronik von Katzbach heißt es: „Leider besitzt ein Wirt sein Land nicht auf 3-4 Stellen, sondern viele haben 30-40 Lose, so daß sehr viel Zeit mit vielem Weiterfahren Anfurchen und Aufhören verspielt wird…Manche Lose haben eine sehr große Länge, was in vieler Hinsicht von Nachteil ist.“
11)
Dölker, Johannes, 125 Jahre Landwirtschaft in Bessarabien, Eigenverlag, 1974, S. 4
12)
Erwin Heer:“ Der Budschak in Landschaften in: Heimatkalender der Bessarabiendeutschen 1987, S. 139
krasna/e-03-04-00.txt · Zuletzt geändert: 2019/05/21 18:28 von Otto Riehl Herausgeber