Die russische Regierung hatte den Kolonisten in ihrem Aufruf vom 29. 11. 1813 zugesagt „Freiheit von sämtlichen Abgaben und (Landesverpflichtungen) von dem Tage ihrer Ankunft nach Rußland an, auf 10 Jahre, ausgenommen einer geringen Bezahlung an die bessarabischen Pächter.“
Für Krasna waren die Freijahre etwa 1825/1826 zu Ende, je nachdem welches Anfangsdatum man zugrunde legt (1814-1816 Gründung der Kolonie). Nach Ablauf der Freijahre hatten die Kolonisten Steuern zu zahlen und Naturalleistungen zu erbringen. In einer Aufstellung aus dem Jahre 18271) heißt es „Die Warschauer Kolonisten, soweit ihre Freijahre vorüber sind, zahlen für jede Desjatine brauchbaren Landes jährlich 15 Kopeken und die Grundsteuern gleich den anderen Bürgern nach dem von den Behörden zur Besteuerung auferlegten Schlüssel.“
Aufgeschlüsselt auf die Abgabenarten betrafen die Zahlungen der Kolonisten:
Neben den in Geld zu entrichtenden Steuern und Abgaben waren die Kolonisten zu Naturalleistungen verpflichtet. Abgesehen von der Quartierpflicht für durchziehende Heerestruppen und der Verpflichtung zur Stellung von Fuhren für die Post, den Gefangenentransport sowie die Beförderung durchreisender Beamter und privilegierter Privatpersonen betrafen die geforderten Leistungen Tätigkeiten für das eigene Dorf.
⇒ s. Ziff. 6.4 Gemeinschaftsaufgaben/Selbsthilfeeinrichtungen
Im Zarenaufruf vom 29. 11. 1813 war auch bestimmt, daß die den Kolonisten gewährten Unterstützungen der Krone (Kronschulden) nach zehn Freijahren in zehn Jahresraten zurückzuzahlen sind.
Obwohl, der von der Regierung bewilligte Vorschuß den Kolonisten nur zum Teil in barem Geld ausbezahlt worden ist und sie einen Teil in Form von landwirtschaftlichem Gerät erhalten hatten (s. Ziff. 2.2 Krasna in den ersten fünf Jahrzehnten seines Bestehens (ca. 1814-1860)), mußten sie den Gesamtbetrag in Geld zurückzahlen. Für Krasna betrug die Gesamtsumme 129.338 Rubel3)).
Bei 114 Hofstellen ergibt das je Hof eine Summe von 1134 Rubel.
Die russische Regierung hatte angenommen, daß die Kolonien sich nach wenigen Jahren etabliert haben würden und dementsprechend die Abgabenfreiheit auf 10 Jahre festgelegt. Angesichts der Anfangsschwierigkeiten verlängerte man aber die Frist, in der die Kronschulden zinslos in Raten zurückgezahlt werden mußten, um 10 auf 20 Jahre4). Nach dem Gemeindebericht 1848 von Wittenberg begann dort die Rückzahlung im Jahre 1833.
Man kann also feststellen, daß die Krasnaer Kolonisten ab etwa Mitte der Dreißiger Jahre des 19. Jahrhunderts neben den Jahresraten für die Kronschuld beträchtliche Summen an Steuern und Abgaben aufbringen mußten.
Als Beispiel für den Umfang der Steuerzahlung mögen die Angaben aus dem Gemeindebericht von 1848 der Kolonie Wittenberg dienen.
“Im Jahre 1848 hat die Gemeinde folgende Abgaben zu bezahlen
Diese Beträge scheinen aber noch nicht alle Zahlungsverpflichtungen gegenüber der öffentlichen Hand zu beinhalten. Es gibt eine Aufstellung5), in der für das Jahr 1839 für die Kolonie Wittenberg Steuern/Abgaben in Höhe von 2712,46 Rubel aufgeführt werden. Für Krasna, das erheblich größer war als Wittenberg, sind darin für das gleiche Jahr an Steuern, Abgaben ein Betrag von 4828,69 Rubel und an rückzahlbarer Kronschuld ein Betrag von 3300,00 Rubel ausgewiesen. Es ist denkbar, daß die Aufstellung von 1839 auch die Ausgaben der Gemeinde (Schule, Gemeindeverwaltung, Reparaturen, Personalkosten für den Geistlichen, Lehrer, Schulzen, Küster, Hirten, Schütz etc.) enthält. Die Wittenberger Auflistung von 1848 enthält letztere nicht. Die Gemeindeausgaben wurden in Krasna für das Jahr 1854 mit 1487 Rubel veranschlagt6).
Diese Art der Steuerfestsetzung ging im Prinzip so bis 1871, wenn auch zwischenzeitlich gewisse Erhöhungen vorgenommen wurden. 1861 wurde ein neues Gesetz erlassen, so daß ab 1862 eine erweiterte Umlage mit höheren Steuern entstand.
Die Kolonien bekamen die allgemeinen Abgaben, die sie zu entrichten hatten, in einer Summe genannt. Es blieb ihnen überlassen, festzulegen, wie diese Abgaben auf die Gemeinde umgelegt
werden sollten. Am häufigsten war Aufteilung pro Kopf; man kann vermuten, daß dies in Krasna auch der Fall war. Daher nannte man diese Umlage Kopf- oder Seelensteuer.
Ein Teil der Steuern wurde pro Desjatine Land erhoben.
Das Schulzenamt zog die Kronschulden und Steuern ein. Es war für Steuerveranlagung und – einzug verantwortlich. Das eingezogene Geld leitete der Schulz an das Gebietsamt und dieses führte es an die vorgesetzte Behörde ab. In der Gemeindeverwaltung wurden Steuerlisten geführt. Die Kolonistengesetze enthielten strenge Vorschriften bezüglich der Rechnungsführung. Die Gebiets- und Dorfschulzen hatten sogenannte Schnurbücher zu führen, in denen alle Geldeingänge und geleisteten Zahlungen nachzuweisen waren. Am Jahresende hatten drei gewählte „zuverlässige und verständige Wirte“ die Bücher und die Kasse zu prüfen.
Auch nach Aufhebung des Fürsorgekomitees im Jahre 1871 zahlten die Deutschen ihre Steuern weiter an das Schulzenamt. Das blieb so bis zur Angliederung Bessarabiens an Rumänien.
Durch Gesetz vom 04. Juni 1871 wurden neue gesetzliche Bestimmungen herausgegeben, die die Steuerpflicht veränderten. An die Stelle des Unterhalts für die Kolonialverwaltung traten jetzt Beiträge für den Semstwo. Die entscheidende Neuerung war aber, daß man den Besitzern von Kronsland eine staatliche Zinsabgabe für 20 Jahre auferlegte, ‚Obrok’ genannt. Nach vollständiger Abzahlung sollte das Land den Kolonisten als Eigentum gehören. Dies war quasi der allmähliche Auskauf des seinerzeit „geschenkten Landes“. Uns liegt ein Dokument vor, das den Landbesitz der Kolonie Krasna zum Stichtag der Umwandlung des Kronslandes in
Privateigentum feststellt und die Höhe der Abgeltungssteuer bestimmt:
„…Die Siedlung besitzt 6641,3 Desjatinen kultivierten Landes und 268,9 Desjatinen nicht kultivierten Landes; insgesamt 6910,2 Desjatinen Land. Für das Recht, das zugewiesene Land dauerhaft zu benutzen, muß die Siedlung zum festgesetzten Termin die Staatssteuer von 2689 Rubeln und 73 Kopeken bezahlen7))…“
Durch den Erlaß vom 12. Juni 1886 wurde die Obroksteuer in eine Loskaufsteuer umgewandelt und als neuer Termin für deren endgültige Abbezahlung ohne Herabsetzung der jährlichen Quote der 01. Januar 1913 (?) festgesetzt. Manche Kolonisten beeilten sich, die Loskaufsumme, die auch beschleunigt werden konnte, so schnell wie möglich aufzubringen, um in den Besitz der vollen Eigentumsrechte zu gelangen. 1907 wurde die Loskaufsteuer endlich aufgehoben. Danach zahlten die Kolonisten nur die allgemeinen Steuern.
Bezüglich der vorgeschriebenen Naturalleistungen blieb es weitgehend bei der bisherigen Regelung, die an die neuen Verwaltungsverfahren angepaßt wurde.