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krasna:f-04-07-04

4.7.4 Bank- und Kreditwesen

In den deutschen Dörfern waren bis 1908 de facto die Waisenkassen (s. Ziff. 6.4 Gemeinschaftsaufgaben/Selbsthilfeeinrichtungen) die einzigen Kreditanstalten1). Erst dann kamen schrittweise Kassen/Banken auf. Ab etwa 1907 etablierten sich Kleinkreditgesellschaften und Banken. In dieser Phase entstand auch die Genossenschaftsbank in Krasna -1912/1913- (s. Ziff. 4.4). Dann kamen der Erste Weltkrieg und schließlich der Wechsel Bessarabiens zu Rumänien. In dieser Zeit brachen viele Institute wieder zusammen. Die Genossenschaftsbank Krasnas überlebte diese Krise als eine von wenigen Genossenschaftsbanken.

Nach 1920 entwickelten sich dann etwas bessere Möglichkeiten, um Bank- und Kreditgeschäfte zu tätigen. Zunächst seien die schon in russischer Zeit bestehenden Angebote genannt:

  • Kredit von kapitalkräftigen Landsleuten.
    Es gab gegen Ende des 19. Jahrhunderts durchaus wohlhabende deutsche Kolonisten, die über große Summen ersparten Geldes verfügten, die sie aber nicht einer Bank anvertrauten, sondern zu Hause verwahrten. Sie verliehen Geld an ihnen bekannte vertrauens- und kreditwürdige Mitbewohner. Nach Kern2) konnte man in Krasna „…immer und viel Geld leihen.“ Oft geschah dies lediglich aufgrund der Zusage, die ausgeliehene Summe termingerecht zurückzuzahlen und unter der Bedingung, daß niemand von der Transaktion erfährt.
  • Waisenkassen liehen Waisengelder an kreditwürdige Bürger gegen Sicherheit (Vermögensverpfändungen, Bürgschaften Dritter) aus. Die Kasse nahm auch Einlagen von Privatleuten und von Gemeinden an. Die Einlagen wurden zur russischen Zeit zu 5% verzinst, für die ausgeliehenen Darlehen erhielt die Kasse 6%. Vom Darlehensbetrag wurden jährlich 10 % plus fällige Zinsen zurückgezahlt. In der rumänischen Zeit waren die Zinssätze etwas höher.
  • Genossenschaftsbanken gewährten Darlehen an Mitglieder. Sie mußten dafür einen Bürgen benennen. Die Höhe des gewährten Kredits hing von der Kreditfähigkeit des Bewerbers ab.

⇒ s. Ziff. 4.4 Handwerk, Handel, und Bankwesen in Krasna

Neu waren die größeren Einrichtungen3).

  • Die Bessarabische Bauernlandbank (Bessarabskij posemelny bank) mit Sitz in Kischinew vergab langfristige Darlehen an Gemeinden und Gesellschaften zum Kauf großer Ländereien.
  • Bank-Aktiengesellschaften
    (schon vor 1918) die Bessarabische Bank (Banka Bessarabiea) und die Moldauische Bank (Banka Moldowa) jeweils mit Hauptsitz in Kischinew und Zweigstellen in allen größeren Orten Bessarabiens und (nach 1918) die Rumänische Bank (Banca Romaneasca) mit Hauptsitz in Bukarest und Zweigstelle in Akkerman.
    Diese Banken, die allerdings meist nur Darlehen mit kurzen Laufzeiten gaben, bedienten die Deutschen gern, denn sie galten als besonders kreditwürdig.
  • Die Banca rurala in Bukarest vergab Darlehen in ganz Rumänien. Von ihren Diensten machten nur besonders wohlhabende Bauern in Bessarabien Gebrauch, wenn Mißjahre sie zwangen, Futtermittel und Saatgut für zwei Jahre einzukaufen.

Es ist nicht bekannt, wie und wo die Krasnaer im einzelnen ihre Geldgeschäfte tätigten. Man kann aber annehmen, daß sie hauptsächlich die lokalen Institute nutzten. Da sie sehr mißtrauisch waren, haben sie sicher keine großen Sparbeträge zur Bank gebracht, sondern eher das Geld in den Strohsack gesteckt. Sie haben –wenn nötig - dann wohl auch lieber Geld bei Nachbarn oder Verwandten geliehen. Dies war zudem meist günstiger als Darlehen bei Banken, die sehr hohe Zinsen verlangten.

1)
Daneben fungierten häufig Juden als private Kreditgeber; Zinsen von 20 % und mehr waren bei ihnen durchaus üblich
2)
Kern, Albert. Heimatbuch der Bessarabiendeutschen. Hannover: Selbstverlag der Hilfskomitees der evangelisch-lutherischen Kirche aus Bessarabien, 1976, S. 440
3)
Ausführungen basieren auf dem Aufsatz von Christian Necker: Geldinstitute und Geldgeber in Bessarabien. In: Heimatkalender der Bessarabiendeutschen 1978, S. 82 ff
krasna/f-04-07-04.txt · Zuletzt geändert: 2019/04/01 16:53 von Otto Riehl Herausgeber