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krasna:g-05-01-02

5.1.2 Zugehörigkeit zur Diözese Tiraspol 1848 -1921

Nach einem am 3. August 1847 abgeschlossenen Konkordat zwischen dem Vatikan und der russischen Regierung wurde für die Katholiken im Süden des Zarenreichs (auch für die deutschen Kolonien in Bessarabien - damals nur Krasna) ein eigenes Bistum eingerichtet. Am 3.Juli 1848 wurde das Bistum Cherson gegründet, welches kurz darauf in Bistum Tiraspol umbenannt wurde und dessen Sprengel sich von der Krim bis nach Bessarabien erstreckte. Diözesanverwaltung und Priesterseminar unterhielt die russische Regierung aus Mitteln des beschlagnahmten Jesuitenkapitals1).

Der Oberhirte des Bistums hatte allerdings seinen Sitz nicht in Tiraspol. Über Tiraspol, nach dem die Diözese benannt war, schreibt Walter Kolarz2): „Tiraspol war als Bischofssitz ein seltsamer Ort, denn er besaß nicht einmal eine katholische Kirche. Er wurde als nomineller Bischofssitz ausgewählt mit der Absicht, die orthodoxe Kirche, die eifersüchtig das Anwachsen 'lateinischen Einflusses' beobachtete, nicht zu kränken. Das tatsächliche Jurisdiktionszentrum der Katholiken Süd-Russlands war nie Tiraspol, sondern zuerst Odessa und später Saratov…„

Der erste Bischof, Ferdinand Helanius Kahn, wählte Saratow an der Wolga als Wohnort, wo auch seine Nachfolger bis 1917 residierten. 1857 gründete er dort ein Priesterseminar zur Ausbildung eines eigenen Klerus. Sein Nachfolger war Bischof Franz Zottmann. Ihm folgte Bischof Antonius Zerr, der als erster Rußlanddeutscher die Bischofsweihe erhielt3). Nächster Bischof wurde Alois Josef Keßler. Er verlegte den Sitz nach Odessa, um den Bolschewiki zu entgehen. Nach deren Sieg floh er zunächst nach Krasna (das damals noch zu seiner Diözese gehörte), dann nach Deutschland. Das Bistum blieb während der Sowjetzeit verwaist. So kam es, daß vorübergehend von Januar 1920 bis Ende 1921 der letzte Bischof von Tiraspol in Krasna residierte4).

Die oben beschriebenen Differenzen zwischen den Kolonisten und den polnisch-litauischen Priestern und die daraus entstandene unhaltbare Situation waren für Bischof Zottmann (1872-1889) Grund für sein Bestreben, diese Geistlichen so schnell wie möglich aus den Kolonien abzuberufen. Auch die Pfarrei Krasna wurde ab 1870 von deutschen, oft auch von rußlanddeutschen Pfarrern verwaltet. Sie wurden in dem Priesterseminar in Saratow an der Wolga ausgebildet. Der erste deutsche Pfarrer von Krasna war Pater Georg Mayer.

Zunehmend wurden Kolonistensöhne Priester. Unter ihnen war Peter Müller aus Krasna, der 1882 als erster Krasnaer die Priesterweihe empfing. Es folgten weitere Kolonistensöhne aus Krasna.
⇒ zum Priester geweihte Krasnaer s. Ziff. 7.9 Kirchliche Würdenträger

1)
Die katholischen deutschen Ansiedler in Rußland wurden anfänglich von Jesuiten betreut. Im Jahre 1820 wurden diese aus Rußland ausgewiesen und ihr Vermögen beschlagnahmt. Krasna hat aber von Anfang an polnische Priester gehabt
2)
Kolarz, Walter, Religionen in der Sowjetunion, Freiburg 1963, S. 179 f.
3)
Er stammte aus der Kolonie Franzfeld bei Odessa. Verwandte von Bischof Zerr lebten auch in Krasna
4)
„Streiflichter aus der Geschichte der Tiraspoler Diözese“ und eine eingehende Beschreibung ihrer Pfarreien sowie detaillierte Nachrichten über ihre Kleriker finden sich im 1. Teil von J. Schnurr, Die Kirchen und das religiöse Leben der Rußlanddeutschen, Stuttgart 1972, S. 1-214
krasna/g-05-01-02.txt · Zuletzt geändert: 2019/04/02 11:01 von Otto Riehl Herausgeber