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krasna:j-07-05-00

7.5 Fluktuation bei den Kolonisten Krasnas

Am Anfang gab es große Bewegungen bei den Siedlern.

  • Nicht für alle Familien reichte das Land aus; auch Krasna hatte schon am Anfang mehr Familien als ausgewiesene Hofstellen. Die nicht versorgten Familien zogen weiter, sobald sich eine Gelegenheit bot, in einer anderen Kolonie eine Hofstelle zu erhalten. Andere blieben und mußten sich als Tagelöhner durchschlagen.
  • Nach statistischen Unterlagen aus dem Jahre 18251) gab es eine ganze Reihe von Fällen, wo die neuen Hofeigentümer nicht das landwirtschaftliche Können besaßen, sie wurden umgesetzt.
  • Manche mußten anderen Platz machen, weil der Bauer starb oder arbeitsunfähig wurde.

Vieles bleibt im Dunkeln. Was wurde aus den alleinstehend Eingewanderten, die keinen Hof erhielten? Blieben sie oder zogen sie weiter? Wir wissen auch nicht, was die Familien taten, die aus Mangel an Hofstellen leer ausgingen. Im allgemeinen zogen jeweils einzelne Familien weg oder zu. Man kann dies in verschiedenen Jahresaufstellungen sehen, die ein Auf und Ab bei den in Krasna vorhandenen Familienzahlen anzeigen.

Es gab aber auch größere Bewegungen. Der erste größere Wegzug von Familien von Krasna fällt in das Jahr 1824/1825, als 19 Familien nach Katzbach übersiedelten (s. vorangehenden Abschnitt).

Im Census/1835/1850 sind über 20 Familien Krasnas genannt, die zwischen 1835 und 1850 aus Krasna wegzogen, die meisten um 18402). Die Gründe dafür sind nicht aufgeführt. In einigen Fällen wird es sich um Landlose gehandelt haben. In anderen Fällen wird man annehmen können, daß es Gründe waren, die eine Bewirtschaftung des Hofes erschwerten oder verhinderten (z. B. Krankheit, Todesfälle, aber auch Unzulänglichkeit des Inhabers) oder, daß den Leuten das Kolonistendasein in Krasna zu anstrengend war.

Nach Vorschrift des Fürsorgekomitees wurden gegen Wirte, die ihre Landwirtschaft nachlässig betrieben, strenge Maßnahmen ergriffen, um Abhilfe zu schaffen. Das reichte von Arrest über Geldstrafen, öffentliche Arbeit, Rutenhiebe bis hin zur Entfernung von dem Hof.

In jener Zeit kamen auch strebsame Wirte, die keine erwachsenen Kinder hatten und sich fremde Arbeitskräfte nicht leisten konnten, ihrer Verpflichtung nicht immer so nach, wie es das Fürsorgekomitee verlangte. Solche Leute schätzten sich glücklich, wenn sie Abnehmer für ihre Wirtschaften fanden - anfangs für die darauf ruhenden „Prestationen“, (das heißt: Lasten, wie Steuern, Vorspann und Fronen), später gegen eine geringe Bezahlung. Es soll vorgekommen sein, daß für ein Paar Schuhe eine halbe Wirtschaft verhandelt wurde. Verarmt zogen viele von ihnen weiter; manche in ihre alte Heimat zurück, wo sie nicht immer freundlich empfangen wurden.

In Folge der Pest um 1830 starben ganze Familien aus. Der Cholera, die im Jahre 1831 in Krasna wütete, fielen ebenfalls viele Menschenleben zum Opfer. Cholera und Typhus traten auch in späteren Jahren auf. Diese Epidemien forderten stets einen hohen Tribut. Dadurch wurden Hofstellen frei. Die freigewordenen Wirtschaften wurden nach öffentlicher Bekanntmachung von Landlosen besetzt

  • aus Krasna selbst und den bessarabischen Nachbarkolonien:
    die Gemeinden standen unter sich stets in regem Austausch. Je nach Bedarf und Möglichkeit übernahm die eine von der anderen Bevölkerungsüberschuß. Dies wird durch verschiedene Gemeindeberichte von 1848 bestätigt und trifft auch für Krasna zu. Es kamen in den ersten 30 Jahren nachweislich Zuzüge aus Borodino und Alt-Elft.
  • aus den Kolonien im Chersoner Gouvernement (Raum Odessa):
    Wie der Census von 1850 ausweist, kamen aus dem Raum Odessa, wo um 1804 - 1809 deutsche Kolonisten angesiedelt worden waren, in den 40er Jahren über 25 Familien nach Krasna3) (s. Ziff. 7.3 Krasnaer Einwandererfamilien).
    Die Kolonien im Raum Odessa, die schon 10 Jahre früher als Krasna gegründet worden waren, litten bald unter Bevölkerungsüberschuß. Dortigen Familien wurde gestattet, die freien Höfe in bessarabischen Kolonien zu übernehmen. Über die „Triwwischen“, wie man die von drüben (jenseits des Dnjestrs) aus dem Cherson-Gebiet Gekommenen nannte, liegen uns verschiedene Dokumente vor, z. B. zu Ihli, Braun, Nagel.
  • durch Nachzügler aus Deutschland:
    Ein weiters Dokument belegt, daß der Auswanderer Joseph Groß aus dem Elsaß, der im Jahre 1832 nach Odessa kam, im Jahre 1836 in Krasna als Kolonist aufgenommen wurde.

Die neuen Wirte mußten die auf der Wirtschaft ruhenden „Prestationen“ (siehe oben) übernehmen. Sie mußten folgende „gewissenhafte Versicherung an Stelle eines Eides“ unterschreiben: „Ich Ende dies unterschriebener Kolonist der Kolonie . . . verspreche hiermit vor Gott nach meinem besten Wissen und Gewissen, daß ich gegen die hohe Krone Rußlands alle Treue beobachten, die vorliegenden Allerhöchsten Gesetze pünktlich und getreulich erfüllen, mich im ganzen als rechtschaffener Kolonist zu betragen suchen und die auf der käuflich an mich gebrachten Wirtschaft ruhenden Obliegenheiten nach Vorschrift pünktlich entrichten werde.“
So eine Verpflichtung ist von dem Krasnaer Siedler Gebhard Braun erhalten.

In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts und in den ersten Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts gab es beträchtliche Wegzüge aus Krasna, insbesondere wegen Landmangel.

⇒ s. Ziff. 7.6 Aus- und Abwanderung aus Krasna

1)
Rempel, Hans, Deutsche Bauernleistung am Schwarzen Meer: Bevölkerung und Wirtschaft 1825, Leipzig 1942
2)
In der Chronik Friedenstal (Nachbarkolonie von Krasna) können wir lesen, daß dort um das Jahr 1842 neue Siedler zuzogen. Es ist möglich, daß darunter auch Leute aus Krasna waren, jedenfalls tauchen entsprechende Namen dort auf. Krasnaer können auch in andere Nachbarkolonien gegangen sein.
3)
aus den Kolonien Baden, Franzfeld, Glückstal, Josephstal, Kleinliebental, Landau, Speier und Sulz, alle östlich des Dnjestr gelegen
krasna/j-07-05-00.txt · Zuletzt geändert: 2019/05/23 14:45 von Otto Riehl Herausgeber