Deutsch
Die bessarabische Küche wurde von mehreren Einflüssen geprägt: Zum einen waren es die überlieferten Rezepte aus der deutschen Heimat der Vorfahren, zum anderen wurden Gerichte von anderen Nationalitäten übernommen, von Polen, Ukrainern, Moldauern. Der bäuerliche Charakter der bessarabischen Küche ergab sich naturgemäß aus den zur Verfügung stehenden Zutaten und dem dörflich geprägten Leben. In den ersten Jahrzehnten muß man sich die Kost der Kolonisten Krasnas sehr einfach vorstellen. Der Speisezettel war nicht üppig und immer der Jahreszeit angepaßt. Im Laufe der Jahrzehnte traten Veränderungen in den Eßgewohnheiten ein. Die Hauptforderung der Krasnaer beim Essen war: das Essen muß kräftig und nahrhaft sein. Vereinfacht kann man sagen: je wohlhabender die Krasnaer wurden, desto üppiger wurde ihre Kost.
Mehl war die Nummer 1 unter den Nahrungsmitteln der Krasnaer.
Zur Zubereitung dieser Dinge waren oft Sauerteig oder Hefe notwendig. Man gewann sie wie folgt:
Fleisch aß man reichlich.
Milch und Milchprodukte waren auch ein wichtiger Bestandteil der Krasnaer Küche. Ohne Milch, Butter und Käse war der Küchenzettel nicht denkbar. Butter stellte man zu Hause her. Der von der Milch abgeschöpfte Rahm wurde in ein Butterfaß gegeben. Das Butterfaß war eine Tonne aus Holz, in der von Hand ein Stößer auf und ab bewegt wurde bis aus dem Rahm Butter enstanden war. Ab Mitte der 1920er Jahre stellten auch Molkereien Butter her.
Schafskäse war bis in die letzten Jahre beliebt. Er wurde vom Melkschäfer hergestellt und konnte, eingesalzen in Tontöpfen, eine zeitlang aufbewahrt werden.
Ein solcher Melkschäfer, ein Bulgare, hatte hinter dem Gartengraben von Georg Steiert seine Melkstelle (Strunga). Die Strunga war mit einem Gehege (Okol) verbunden, in dem er 250 Melkschafe in der Nacht eingesperrt hielt. Die Strunga war aus vier Baumstämmen und einer Überdachung hergerichtet.
Eier wurden neben der Verwendung beim Backen in verschiedener Zubereitung bei den Mahlzeiten gegessen.
Bei den Mittags- und Abendmahlzeiten kam auch Gemüse und Obst auf den Tisch. Im Winter aß man sauer eingelegtes Gemüse wie Gurken, Paprika, Tomaten und Arbusen (s. unter Haltbarmachen).
Die aufgetragenen Speisen waren sehr von der Jahreszeit abhängig, das hatte auch etwas damit zu tun, daß man Speisen nur begrenzt haltbar machen konnte. Man aß, was in der jeweiligen Jahreszeit vorhanden war. Im Winter gab es oft die ganze Woche Schwein, im Frühjahr Lamm, im Sommer Hühner und im Herbst Weintrauben mit Schafskäse.
Weil die Äcker weit vom Dorf entfernt lagen, nahmen unsere Eltern im Sommer die Verpflegung für Mittagessen und Vesper in der Feldkiste (Steppenkasten) verpackt mit aufs Feld. Auch Trinkwasser mußte in einem Wasserfaß auf dem Wagen mitgenommen werden.
Vielfach gab es auch Brot, Speck, Käse, Oliven, Dauerwurst, Milch, auch Buttermilch, Butter.
Eingebratenes wurde während der Feldarbeiten gern als Vesperspeise verzehrt. Bei weit entlegenen Feldern auf der Steppe wurde dort gekocht.
Rezepte anderer Nationalitäten, die in den Speiseplan aufgenommen wurden. (Man erkennt sie schon an den Bezeichnungen).
Sowohl die Namen der Speisen als auch die Rezepte selbst waren manchmal von Familie zu Familie leicht unterschiedlich.
Im einzelnen wird auf einschlägige Bücher mit Rezepten aus der bessarabischen und der Krasnaer Küche verwiesen1), z. B.
Für Naschzeug zu Weihnachten (Nüsse, Äpfel, Apfelsinen, Lebkuchen, Johannesbrot, genannt Buchshörner) benutzte man den Sammelbegriff „Saches“.
Es gab keine Kühlschränke, keine Tiefkühlkost, keine Konservendosen.
Lebensmittel, die länger haltbar gemacht werden sollten, mußten mit den damals bekannten konventionellen Konservierungsmethoden behandelt werden.
Im Herbst wurde das erste Schwein geschlachtet. Ihm folgte vor Eintritt der großen Kälte das zweite oder gar dritte (je nach Größe der Familie). Wer viel Wurst haben wollte, schlachtete gleichzeitig mit dem Schwein auch noch eine Kuh, ein Rind oder ein Kalb. Das gab dann reichlich Wurst und auch genügend Suppenfleisch. Neben dem Preßmagen (einer je Schwein), der niemals fehlen durfte, gab es Leberwurst (soviel man in kurzer Zeit essen konnte, sie war nicht lange haltbar). Andere Wurst (als Dauerwurst, keine Blutwurst), Schinken, Rippenstücke wurden geräuchert oder „eingebraten“ (s. Haltbarmachen von Lebensmitteln).
Es gab in jedem Familienclan bzw. in jeder Nachbarschaft Hausschlachter, die das Schlachten unentgeltlich oder gegen Naturalien besorgten. Schlachttage waren immer kleine Familienfeste. Die Chronik von Alt-Posttal2) beschreibt das Schlachten und das Schlachtfest sehr anschaulich. Hieraus stammt der nachfolgende Auszug: „…Das Schweinestechen geschah ohne vorherige Betäubung und das Blut ließ man wegfließen, weil keine Blutwurst gemacht wurde.…Gewöhnlich ist das saubergeschabte Schwein draußen an einer aufgestellten Leiter, nur bei schlechtem Wetter in einem Raum, an den Hinterbeinen aufgehängt, gut abgewaschen, ausgenommen und gründlich ausgewaschen worden. Während alles was zur Zubereitung von Leberwurst und Preßmagen (Preßwurst) nötig war, auf dem Hof im großen Schlachtkessel kochte, hat der Schlachter mit einem Helfer Därme, Magen und Blase gereinigt…“