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ebook:herkunft:g-00-02-10

5.2 Die Entwicklung der Kolonie bis 1843

Die ersten offiziellen Daten über die Entwicklung der Kolonie Krasna haben wir aus dem Jahre 1818: „Statistische Nachrichten über die im eigentlichen Bessarabien oder Budshak angesiedelten Warschauischen Kolonien“ (State Historical Archive of St. Petersburg, Fond 383, Inventory 29, File 417) Sie enthalten Daten über die Entwicklung der bis 1818 errichteten Kolonien. Hier die Angaben zu Krasna:

Abb. 28: Statistische Nachrichten zu Krasna per 1818

Auf jede Familie kommen also: 80 Deßjat. und 512 5/11 Fad. Ackerland; folglich auf jede Familie 20 D. 512 5/11 F. mehr als nach der Vorschrift (von der Regierung waren 60 Deßjat. festgelegt).
An Vieh besitzen die Kolonisten: 228 Pferde, 1.103 Stück Rindvieh, 289 Schweine; darunter sind von der Krone gegeben worden: 242 Ochsen und 147 Kühe.
Auf dieser Kolonie befinden sich drei verpachtete Meiereien1).

Der Bericht gibt uns schon eine Vorstellung vom Zustand der Kolonie im gleichen Jahr:

  • Aus dem Nichts waren nach drei Jahren praktisch Häuser für gut 130 Familien fertig oder fast fertig, wenn sie auch noch sehr einfach waren aus Geflecht.
  • Es gab schon einen recht großen Viehbestand
  • Es gab ein Bethaus
  • Eine einfache Mühle

Der Beginn der landwirtschaftlichen Arbeiten kann nicht vor 1815 gelegen haben. Am Anfang stand die Rodung des Bodens, d. h., wenn überhaupt etwas im Jahre 1815 geerntet werden konnte, dann war es sehr dürftig. Und doch: schon drei Jahre nach dem Beginn der Rodungsarbeiten auf der Steppe und dem Beginn des Dorfaufbaus gab es zunehmend Erfolge. Die Zahlen zeigen eine große Dynamik in der Entwicklung der Kolonie in weniger als zwei Jahren nach der Ankunft der letzten Siedlergruppe.

Der folgende Bericht beschreibt die Situation nach dem Wegzug der evangelischen Siedler 1824/1825 (siehe Abschnitt 5.3.3 Evangelische Familien aus Krasna siedeln 1824/1825 nach Katzbach um).

Der Bericht des Bessarabischen Kontors für ausländische Ansiedler für das Jahr 1825 vom 29.01.1826 enthält folgende Daten für Krasna:

Aus vorgenanntem Bericht Tabelle 19:
Familien 138*)
Personen
Männliche 270
Weibliche 251
Zusammen 521
Viehbestand
Hornvieh 1395
Pferde 268
Schafe 264
Schweine 69
*) Nach Tabelle 22 gab es im Jahre 1825
114 Landwirtschaften mit 215 männlichen und
207 weiblichen Personen, insgesamt 422 Personen.
Demnach hatten 24 Familien mit insgesamt 99 Personen
keine Landwirtschaften.

Quelle: Deutsche Bauernleistung am Schwarzen Meer: Bevölkerung und Wirtschaft 1825 / bearb. von Hans Rempel Ausgabe 2. Aufl. Ort/Verlag Leipzig: Hirzel Jahr 1942

Eine ähnliche Aufstellung wie die von 1818 gibt es dann wieder aus dem Jahre 1827
„Statistische Beschreibung Bessarabiens und des sogenannten Budshaks“

Die Kolonie Krasna: Sie zählte 1827 insgesamt 136 Familien mit 280 M + 255 W = 535

Gebäude:
Hölzernes Bethaus 1
Häuser aus Stein 2
Häuser aus Geflecht 68
Häuser aus gebrannten Ziegeln 37
Windmühlen 1
Wassermühlen an dem Kogälnik 1
Bodenmühlen 1
Brunnen 71
Neu angepfl. Obst- und Weingärten 114
Pferde 265
Vieh 1335
Schafe 367
Land
Nutzbares Land 6688 Dessj.
Nicht nutzbares Land 136 Dessj.
Kirchlicher Besitz 124 Dessj.
Zusammen 6948 Dessj.

Die Gesamtlandmenge war 1818 mit 10872 Dessjatinen erheblich höher als 1827 mit 6948 Dess.. Wie in dem obigen Dokument von 1818 ausgeführt wird, waren damals noch nicht alle möglichen Landwirtschaftsstellen besetzt. 3924 Dess. wurden daher der Nachbarkolonie Katzbach zugeschlagen, ein Teil bei ihrer Gründung 1822, ein weiterer Teil beim Wechsel der 19 evangelischen Familien nach Katzbach 1825 (siehe Abschnitt 5.3.3 Evangelische Familien aus Krasna siedeln 1824/1825 nach Katzbach um).

Das verbliebene Land abzüglich des Pfarrlandes reichte nur für 114 Landwirtschaften à 60 Dessj. Nach dem Wegzug der evangelischen Familien 1825 wird die Zahl von 114 Landwirtschaften auch genannt (s. oben). Die anderen Familien hatten kein Land. Da die Grundstücke nicht geteilt werden durften, nahm die Zahl der landlosen Einwohner zu (siehe auch Abschnitt 6 Schlußbetrachtung).

Hier noch einige weitere Jahreszahlen mit der Entwicklung der Einwohnerzahlen von Krasna:

  • In einer Aufstellung von 1831 (Gebietsamt Wittenberg) werden 124 Familien mit 293 männlichen und 284 weiblichen Personen, insgesamt 577, gezählt.
    363 Pferde, 1224 Vieh, 812 Schafe, 172 Schweine, 103 Pflüge, 103 Eggen, 103 Wagen (Quelle: State Archives of the Odessa Region, Odessa, Fond 383, Inventory 29, File 630).
  • In einer Aufstellung aus 1832 über die Pfarrei Krasna werden 114 Familien mit Hofstellen und 10 andere Familien genannt mit 305 männlichen und 301 weiblichen Personen (Quelle Staatsarchiv St. Petersburg Fond 383, Inventory 29 Akte 622 Seiten 147,148)
  • Schließlich haben wir eine Aufstellung über die Bevölkerung am 01.01.1834: Danach lebten in Krasna 318 männliche und 305 weibliche Personen, insgesamt 623
    Quelle (State Archives of the Odessa Region, Odessa, Fond 6, Inventory 1, File 3151).

Es gibt noch einige weitere Statistiken, die zeigen wie sich Ackerbau, Viehhaltung, Obstanbau in den ersten dreißig Jahren entwickelt haben.
Natürlich war da nicht nur diese erfreuliche Entwicklung. Naturkatastrophen und Kriegslasten führten zu großen Belastungen. Seuchen bei Menschen und Vieh, Dürre, Hagelschäden, Erdbeben, Heuschrecken setzten den Kolonisten zu. Der Krasnaer Gemeindebericht von 1848 listet diese Übel im Einzelnen auf.

Infolge dieser Drangsale und der hohen Kindersterblichkeit verharrte die Einwohnerzahl trotz hoher Geburtenraten von 1825-1835 weitgehend auf gleichem Niveau, d. h. zwischen 535 und 635 Personen. Als sich die Lebensverhältnisse spürbar zu bessern begannen, stieg die Bewohnerzahl kontinuierlich an: um 1850 gab es bereits 209 Haushalte mit 1019 Personen.

Nach schweren Anfangsjahren stabilisierte sich Krasna wie die meisten anderen Kolonien gegen Ende der 1830er Jahre wirtschaftlich; es begannen sich geordnete Strukturen eines Gemeindelebens abzuzeichnen.
Die Zeit bis etwa 1850 war die Zeit einer dynamischen Entwicklung der Kolonie. Es gab immer wieder schwere Rückschläge: Aber die Menschen ließen sich nicht unterkriegen und dreißig Jahre nach der Koloniegründung hatten sie einen gewissen Wohlstand erreicht, wie wir im

Gemeindebericht 1848 lesen können: „Den Wohlstand verdankt die Kolonie außer Gott und der Obrigkeit, dem Fleiße in Acker- und Weinbau, der Viehzucht.

Ein Punkt in dieser mehr als dreißigjährigen Entwicklung bleibt noch zu behandeln: die Fluktuation von Kolonisten (siehe nächsten Abschnitt).

1)
Aus dem Krasnaer Gemeindebericht von 1848 kennen wir die Namen der Pächter: „Das Land war verpachtet an drei Bulgaren namens Iskro, Loto und Karpp“.
ebook/herkunft/g-00-02-10.txt · Zuletzt geändert: 2023/08/10 09:38 von Otto Riehl Herausgeber