Erwähnt sei, daß man gleich nach dem sowjetischen Einmarsch Ende Juni 1940 in Tarutino das Bezirksvollzugskomitee (Rajonij Ispolnitelnij Komitet) schuf. In den einzelnen Dörfern wurden Gemeindeversammlungen abgehalten, auf denen jeweils ein Dorfrat gewählt wurde. Alles befand sich noch in einem Übergangsstadium; die sowjetischen Gesetze wurden wohl erst teilweise angewandt. Auf die weitere Beschreibung der Verwaltungsstrukturen, die sich erst im Aufbau befanden und erst rudimentär vorhanden waren, wird verzichtet. Dieser Zeitabschnitt war so kurz, daß außer den ersten Maßnahmen nach der Besetzung und den Umsiedlungsaktivitäten im Alltag der Menschen kaum mehr etwas von der neuen Verwaltung spürbar wurde.

Allerdings bekamen die Leute schon einen Vorgeschmack sowjetischer Behördenwillkür. Die bisherigen Primare (Bürgermeister) wurden abgesetzt und durch sogenannte Dorfräte ersetzt. Das waren oft Leute, die durch nichts für diese Aufgabe prädestiniert waren. In Krasna wurde der Kuhhirte Simeon nun Ortsvorsteher. Kaspar Ternes erinnert sich¹⁾: Die Ämter der Gemeinde übernahmen die Sowjets. Der Schafhirt des Unterdorfs erhielt das Amt des Bürgermeisters, ohne jegliche Qualifikation – seine russische Abstammung genügte. Meist betrunken und grölend, ließ er sich in einem Einspänner von seinem Diener durchs Dorf kutschieren.“

Max Riehl berichtet aus seiner Erinnerung. „Ein Schafhirte, der nicht lesen und schreiben konnte, sollte nun die Verwaltung von Krasna im Sinne der Kommunisten führen. Die erste Amtshandlung war, anzuordnen, daß der Acht-Stunden-Tag einzuhalten sei, in einer Jahreszeit, in der üblicherweise 12 – 16 Stunden gearbeitet wurden, um die Ernte einzubringen. Diese weltfremde Anweisung wurde nach wenigen Tagen aufgehoben, und nun sollte zur Rettung der Ernte auch an Sonntagen gearbeitet werden. Diese und andere widersinnigen Befehle ließen bei den Krasnaern die Erkenntnis reifen, daß ein Bleiben in der Heimat unter den Kommunisten kaum möglich war.“
⇒ s Ziff. 2.4.2 Sowjetisches Bessarabien, Zeit bis zur Umsiedlung (Juni –November 1940)