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Erfreulicherweise ist eine relativ große Zahl von Dokumenten und Berichten aus dem Bereich der Verwaltung, die Krasna betreffen, erhalten geblieben.
Eine recht umfangreiche Sammlung solcher Dokumente besitzt Ted Becker, Village Coordi-nator für Krasna bei der Germans from Russia Heritage Society (GRHS) in den USA.
Adresse:
Ted J. Becker 2929 – 21st Ave. S. #411 Minneapolis, MN 55407-4564 USA
E-mail: krasna@nemontel.net
Aus dieser Sammlung stammen fast alle in den vorangegangenen Abschnitten zitierten Schrift-stücke. Aus Platzgründen können hier nur einige wichtige Aktenstücke im Wortlaut wiedergegeben werden.
Aufruf an die Deutschen im Herzogtum Warschau vom 29. November 1813
zu einer „freiwilligen Auswanderung nach Rußland“.
In neun Punkten sind die Rechte und Pflichten der Auswanderer zusammengefaßt. Sie lauten nach I. Wagner und W. Mutschall:
Die russische Regierung nimmt die Kolonisten aus dem Herzogtum Warschau unter ihren besonderen Schutz und gewährt ihnen alle Rechte und Bequemlichkeiten, welche die Eingeborenen genießen.
Von den Kolonisten wird verlangt, daß sie sich vorzugsweise mit der Verbesserung des Acker-, Garten-, Wein- und Seidenbaues beschäftigen.
Mit Rundschreiben des Staatsrats Eugen von Hahn1) vom 08. 01. 1848 an alle Schulzenämter und Lehrer der ihm unterstellten deutschen Kolonien wurden diese aufgefordert, innerhalb von vier Monaten „kurzgefaßte geschichtliche Übersichten der Gründung und des Bestehens“ der einzelnen Kolonien vorzulegen. Die näheren Umstände dieses Auftrags sind von M. Woltner2) und von Leibbrandt3) dargestellt, die je für einen Teil der Kolonien diese Berichte veröffentlicht haben.
Den Krasnaer Gemeindebericht hat der damalige Dorfschulz von Krasna erstellt. Er datiert vom 08. Mai 1848. Der Bericht ist abgedruckt in einem Buch von Joseph Malinowsky4). Der Autor bemerkt vorab:
„Die Quellen der im folgenden herausgegebenen Berichte der Gemeindeämter wurden aus den Akten des Fürsorgekomitees für ausländische Ansiedler aus dem Archive des Odessaer (früher Jekaterinoslawer) Generalgouvernements (Archiv Odesskago Gradonatschalstwa) vom Jahre 1848 wörtlich abgeschrieben….Die Berichte sind genau wörtlich veröffentlicht, wie sie vorgefunden wurden, nur mit dem Unterschiede, daß die heute gültige Rechtschreibung angewandt wurde“.
Auf diesen Text beziehen sich üblicherweise spätere Beschreibungen über die Entstehung der Kolonie Krasna.
Auswanderung aus Deutschland und Niederlassung in Polen im Jahre 1800-1803
Die ersten Ansiedler der Kolonie Krasna, römisch-katholischer Religion waren Unterthanen des Churfürstentums – jetzt Königreichs Bayern im Minker (Münchner) Kreis5)
Versprochene Rechte:
Diesem Rufe folgend verließen die genannten Ansiedler – 133 Familien in armen und drückenden Umständen, aber mit Freuden einer besseren Zukunft entgegensehend ihre pol-nischen Ansiedlungen Orschokowin und Schitonitz 1814 unter der Anführung des Mattheis Müller und Peter Becker teils auf eigenen ärmlichen Fuhrwerken, teils auf gemieteten Wagen. Viele kamen auch zu Fuß, und als sie bei Utschiluk die russ. Grenze überschritten hatten, be-kamen sie Quartiere in Moldowanerdörfern. Auch in Kischinew hatten viele Quartiere. Ein großer Theil lag in Bender von September 1814 bis Juni 1815, und manche bis zum Frühjahr 1816.
Auf Verfügung der Obrigkeit kamen 90 Familien auf den zur Ansiedlung bestimmten Ort im Tale Kugelnik, wohin die anderen 43 Familien im Frühjahr 1816 nachfolgten. Die anzusiedelnde Steppe war mit hohem Gras und Burian bewachsen – ohne menschliche Wohnungen. Das Land war verpachtet an drei Bulgaren namens Iskro, Loto und Karpp. (Auch wohnte hie und da ein Tischler).
Zum Häuserbau bekam jeder Ansiedler das erforderliche Bauholz: 4 Eckpfosten, Türen, Fenster und ein Stück Holz für eine Bank und 8 Rubel Banco. Für die übrigen Bedürfnisse hatten die Ansiedler selbst zu sorgen. Als Wirtschaftsgeräte bekam jede vollständige Familie einen höl-zernen Wagen, zu welch letzterem ein Jahr späte etwas Eisen zur Verbesserung erhalten wurde. Ferner – eine Egge, 2 Sensen, zwei Sicheln, eine eiserne Schaufel, eine Hacke, einen Dängelstock u.a. kleine Geräte. Als Zugvieh bekam jede Familie ein Paar Stiere (Ochsen) und eine Kuh. Zur Aussaat - 4 Tschetwert Weizen, 2 Tschetwert Kartoffeln. Ferner bekam jede Seele 1 1/2 Jahre lang monatlich ein Pud Mehl aus einem Magazin in Tarutino. Obwohl nun die russ. Regierung Millionen für die Kol. Verausgabte, um den Kolonisten Unterstützung zu gewähren, so wurden doch die Kol. Von Lieferanten, besonders von einem Pollners sehr oft betrogen. Das gelieferte Vieh war sehr mager, die Gerätschaften sehr schlecht, das Mehl verdorben, die versprochenen 5 Kop. Tagegelder wurden meistens nicht erhalten. Auf diese Weise wurden die Ansiedler gezwungen sich als Tagelöhner zu verdingen, um ihre Familie nicht darben zu lassen. Aus Mangel an Zugvieh wurde die Landwirtschaft sehr schwach betrieben. Manchmal spannten 2-3 zusammen, um ihre Äcker zu pflügen. Viele machten mit der Hacke den Boden locker und säeten ihr bischen Getreide. Anfangs wurde die Kol. „Elisabeta“, nachher „Konstantinschutz“ genannt. Nach einigen Jahren wurde auf Allerhöchsten Befehl das Dorf Krasna genannt.
Zerteilung der Kol. Krasna und Ursachen derselben i. J. 1825. Unter den 133 in Krasna angesiedelten Familien, befanden sich 19 evangelische Familien. Da nun sowohl die Katholiken, als auch die Protestanten ihre besondere Feiertage und religiöse Gebräuche hatten, so entstand in den 9 Jahren des Zusammenwohnens, wenn nicht Streit und Haß, so doch manche Reibungen. Deshalb kam die Gemeinde überein, die höhere Obrigkeit zu bitten, den evangelischen Familien zu gestatten, in die damals neugegründete Kol. Katzbach zu übersie-deln, was auch 1825 genehmigt wurde.
Beschreibung des Tales und Anlage der Kolonie. Der Fluß Kugelnik zieht von Osten nach Süden. Das Dorf liegt mitten im Tal in 2 Häuserreihen. Krasna ist 100 Werst von der Gou-vernementsstadt Kischinew, 90 W. von Akkermann u. 90 W. von Ismail entfernt. Die Häuser waren früher meistens gestampft; auch einige von Luftziegeln und mit Rohr gedeckt. Auf bei-den Seiten des Dorfes hinter den Höfen sind Obstgärten angelegt. Im Jahr 1848 legten 48 Wirte 1 Werst vom Dorfe an einem Abhange Weinberge an, in welchem jeder 1500 Weinstöcke pflegte. Im J. 1847 gab es schon eine reichliche Weinernte.
1818 wurde ein steinernes Bethaus gebaut und mit Rohr gedeckt. Das Pfarrhaus ist aus Lehm gebaut, steht 8 Faden von der Kirche. 1836 wurde in der Mitte des Dorfes ein hübsches Schulhaus gebaut. 1844 wurde unweit des Schulhauses ein Vorratsmagazin aus Stein erbaut und mit Rohr gedeckt. 1839 wurde eine Gemeindekanzlei in der Mitte des Dorfes gebaut. Das Landquantum der Kol. Kr. Beträgt 6688 Dess. Und 844 Faden6). Die Landfläche wird durch mehrere Teiche und Täler durchkreuzt. Im Tale ist 2 Fuß tief Schwarzerde; dann kommt salpet-riger Boden. Auf der Anhöhe ist der Boden 2 Fuß tief schwarz aber mit Sand gemischt. Der Boden trägt gut Winterweizen, Roggen, Hafer, Gerste, Hirse, Mais, Hülsenfrüchte u. Kartoffeln. Grasarten sind folgende: Schmellen, Wicken, Steinklee, Haargras, Zwecken u.a. Künstliche Futterkräuter wurden noch nicht angepflanzt.
Ereignisse. Während des russisch-türkischen Krieges 1827 hatten die Kol. Einquartierun-gen und mußten viele Fuhren geben. Mißernten waren: 1830, 1832, 1833, 1834, 1839, wo kaum die Aussaat geerntet wurde. Die Feldmäuse machten großen Schaden in d. J. 1822, …23 u.…24. Heuschrecken waren: 1825,…26, …27, …36, u. …47. Durch Hagelschlag erlitt die Ge-meinde großen Schaden i. J. 1843. Viehseuche waren in den J. 1827,…34, …39 u. …44. Pfer-deseuche 1847, …48.
Den Wohlstand verdankt die Kol. Außer Gott u. der Obrigkeit, dem Fleiße in Acker- und Weinbau, Viehzucht. Besonders aber arbeiten die Frauen u. Mädchen im Winter: spinnen Wolle, Flachs und machen Tuch und verschiedene Decken (6 R. das Stück).
Kol. Krasna, den 8. Mai, 1848.
Schulz Müller.
I. Beisitzer Söhn.
II. Beisitzer Bonakowsky
Schulehrer Caspar Matery.
Die Umschrift aus der alten Handschrift besorgte Paul Wingenbach
(Odessa State Archive Fond 6 Inventory 4 file 18018 pages 44-47)
Es folgen 5 Seiten mit Unterschriften, die aus Platzgründen nicht abgedruckt sind. Ihnen schließt sich die Schlußseite mit dem Bestätigungsvermerk des Schulzen an (s. folgende Seite).
DAI Film – T81 316 (angefertigt vom Deutschen Auslandsinstitut für die Planungen zur Umsiedlung)
Ort: Krasna Ortsbezirk: Be 10 Krasna
Dorfbericht