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krasna:f-04-05-02

Inhaltsverzeichnis

4.5.2 Postdienste

In den Anfangsjahrzehnten der Kolonien gab es wohl überhaupt keinen geregelten Postdienst. Erst allmählich entwickelte sich ein kärgliches Postwesen. Über 1860 hinaus wurde die Post für alle Gemeinden des Gebietsamtes Alt-Posttal (also auch für Krasna) wöchentlich einmal aus Kauschany1) abgeholt und bzw. dort abgeliefert, einige Jahre dann in Sarata und danach in Dennewitz. Die Gemeinden brachten die Post zum Gebietsamt und ließen eingehende Postsachen dort abholen. Privatpost konnten die Leute in der Gemeindekanzlei abgeben und abholen. Gelegentlich hat auch der Schütz nicht abgeholte Eingangspost abgeliefert.

Hinsichtlich der Behördenpost schrieb das Kolonistengesetz vor: „Die von der Obrigkeit zugesandten Briefe und Pakete sind bei Strafe in größter Eile von einem Dorf ins andere, in der Reihenfolge und ohne Widerrede weiterzuleiten. Zur Eintragung aller eingehenden und ausgehenden Schriftstücke haben die Gebiets- und Dorfschulzen besondere Bücher anzulegen, in die genau einzutragen ist, wann und von wem die Schriftstücke eingingen, sowie auch, wohin und an wen solche abgesandt wurden.“

Für den Postdienst haben die Gemeinden die erforderlichen Reiter und Fuhrleute gestellt.
In Tarutino wurde 1875 ein Postamt eingerichtet, 1877 eine Telegraphenstation. Die Post wurde ab etwa 1880 täglich vom Bahnhof Leipzig zugestellt, ein erheblicher Fortschritt.
Das Postamt in Tarutino war auch zuständig für Krasna. Die Post wurde 2-3 mal die Woche von Tarutino gebracht und abgehende nach dort mitgenommen.
Während des ganzen 1. Weltkriegs und darüber hinaus bis 1921 war Paris die einzige von der Regierung zugelassene Poststation weit und breit. Nur von hier aus konnte man zum Beispiel Post, Telegramme und Pakete an Soldaten im Krieg schicken.

In rumänischer Zeit wurde zunächst vom Postamt in Tarutino ein Postillion zu den umliegenden Gemeinden geschickt. Er brachte mehrmals wöchentlich Postsachen (Briefe und Zeitungen) in die Primaria nach Krasna. Von dort nahm er ausgehende Post mit. Die Bürger mußten ihre ausgehende Post dort abliefern bzw. eingehende Post abholen oder der Schütz trug sie aus.
In den Dreißiger Jahren des 20. Jahrhunderts gab es in Krasna selbst eine kleine Poststelle in der Gemeindeverwaltung. Die Posthalterei wurde an den Meistbietenden versteigert.

Die Qualität des Postzustelldienstes war wohl in rumänischer Zeit nicht besonders hoch. Pfarrer Schumacher stellte 1938 fest: „Von der Tageszeitung, die ich abonniert habe, bekomme ich nur drei bis vier Stück die Woche, manchmal sogar nur eine. Meine Post kommt überhaupt nicht in regelmäßiger Weise…“ Er zählt dann einige Fälle auf, wo Post nachweislich überhaupt nicht angekommen ist und wo Geldsendungen gestohlen wurden2).

Poschtare

Eine spezielle Einrichtung in den Kolonien war der sogenannte Poschtardienst. Nach dem Kolonistengesetz waren die Schulzenämter der Kolonien verpflichtet, alle Beamten und von der Obrigkeit entsandte Personen, die in den Kolonien zu tun hatten oder durchreisten, „der Reihe nach“ weiterzubefördern.

In den gesetzlichen Vorschriften hieß es u. a.:
„Die Kolonisten sind zur Stellung von Fuhren verpflichtet:
1. an die Post, zur Aushilfe,
2. zur Eskortierung von Arrestanten,
3. an durchreisende Beamte, die sich auf Dienstreise befinden,
4. an Privatpersonen, die im Besitz von Ausweisen sind. …Die Schulzen haben darauf zu achten, daß die Kolonisten keinem Durchreisenden, außer den Beamten der Landpolizei, die gesetzlich berechtigt sind, für ihre Dienstreisen unentgeltlich Fuhren zu verlangen, Pferde und Fuhren ohne Zahlung der Streckengelder und ohne Reisepaß ablassen.
Den Durchreisenden ist es verboten, eine größere Anzahl von Pferden als die in ihrem Reisepaß verzeichneten zu verlangen.
Um Mißbrauch zu verhüten, sind in den Kolonien besondere Hefte einzuführen, in die einzutragen sind: Die Namen der Durchreisenden, von wem ihre Reisepässe ausgestellt sind, für wieviel Pferde, Anzahl der abgelassenen Pferde, wer sie gefahren hat und ob der Durchreisende die genannten Streckengelder zahlte.“

Manche Gemeinden entledigten sich der auferlegten Naturallast in Anlehnung an das staatliche Postwesen durch Anstellung eines sogenannten Posthalters (Poschtar), der gegen Entgelt alle Amtsfahrten durchführte. In der Chronik von Alt-Posttal kann man lesen3): „… Wer den niedrigsten Lohn verlangte, den hat man für drei Jahre genommen, wenn er die anderen Bedingungen erfüllte. Der Poschtar für das Gebietsamt mußte zwei gute Pferde und einen guten Wagen mit Federsitz haben. Das Gemeinde-Poschtaramt konnten nur solche bekommen, die vier gute Zugpferde, zwei gute Wagen mit Federsitzen und ein gutes Reitpferd besaßen. Sie mußten zu jeder Tag- und Nachtzeit bereit sein und die berechtigten Amtspersonen in die nächsten Gemeinden bringen. Während der Dienstfahrten hatten sie die Postglocke vorne an der Deichsel befestigt, wer sie hörte, mußte gehorsam die Straße freimachen. Diese Einrichtung wurde nach dem Anschluß an Rumänien bald abgeschafft.“

Wie Auswärtige diesen Dienst einschätzten, können wir nachstehender Notiz entnehmen4): „Das Reisen in der Steppe ist nicht ganz einfach. In jedem Dorf hat ein Bauer abwechselnd den Postdienst, dieser ist verpflichtet, den Reisenden bis ins nächste Dorf zu befördern, wo man dann wieder den Postbauern aufsuchen muss, um weiterbefördert zu werden. In Tarutino musste ich noch zwei Tage bleiben, es wurde mir einfach kein Fuhrwerk gestellt.“

1)
dort bestand bis 1833 das Verwaltungskontor für Bessarabien
2)
ARCHIVAL MATERIAL FROM THE COMMUNITY OF KRASNA; MICROCOPY T81, ROLL 599, from the NATIONAL ARCHIVES II at College Park, MD, USA
3)
Gackle, Herbert, Geschichte der Gemeinde Alt-Posttal (Bessarabien), Markgronigen/Wuerttemberg, 1983, S. 241
4)
Aus dem Bericht von Oskar Walcker, dem Enkel vom Firmengründer Eberhard Friedrich Walcker. Er beschreibt eine Reise nach Bessarabien zum Aufbau einer Orgel im Jahre 1905
krasna/f-04-05-02.txt · Zuletzt geändert: 2019/05/22 14:52 von Otto Riehl Herausgeber