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krasna:g-05-02-04

5.2.4 Höhere Bildungseinrichtungen

Noch gegen Ende des 19. Jahrhunderts zeigten die Kolonisten wenig Interesse an höherer Schulbildung. „Wir geben unseren Söhnen Land, das ist mehr wert als Schule“, sagten sie. In Krasna blieb es bis zur Umsiedlung bei einer Volksschule. Weiterführende Schulen gab es nur auswärts. In Krasna war es wohl ähnlich wie in anderen Nachbarorten. Die Katzbach-Chronik konstatiert: „Auf Schulbildung hält man in Katzbach nicht viel. Die meisten sind der Ansicht, daß eigentlich nur diejenigen lernen, die zur Arbeit zu faul sind.“

Zur höheren Schule wurden Kinder nur geschickt, wenn sie überdurchschnittlich begabt waren und wenn man auf ihre Arbeitskraft verzichten konnte, d. h. wenn andere Kinder vorhanden waren, die bei der Arbeit helfen konnten.

Die ersten 30 Jahre nach Gründung der Kolonien gab es im Kolonistengebiet praktisch keine weiterführenden Schulen. Im Jahre 1843 wurden auf Erlaß des Fürsorgekomitees sogenannte Zentralschulen eingeführt, „…in welchen die Kolonistenknaben, nachdem sie mit Erfolg den gewöhnlichen Lehrkurs der Dorfschule geendigt haben, sich solche Kenntnisse erwerben können, die erforderlich sind zu Bekleidung eines Lehramtes in den Kolonien1).“ Diese Schulen dienten zugleich der Heranbildung Gemeinde- und Gebietsschreibern.

Für die glaubensmäßig isolierte Kolonie Krasna lagen in russischer Zeit die nächsten katholischen höheren Schulen im Raum Odessa. Krasnaer Jungen, die Priester werden wollten, gingen auf das Internat beim Priesterseminar in Saratow, das mehrere 100 km von Krasna entfernt war. Diese weiten Entfernungen haben manchen Lernbegierigen vom Besuch einer weiterführenden Schule abgehalten. Erst in rumänischer Zeit begannen die Krasnaer in dieser Hinsicht gegenüber den sie umgebenden evangelischen Gemeinden aufzuholen, die diese Restriktionen nicht hatten.

Nach der Jahrhundertwende gab es für Krasnaer Kinder folgende Möglichkeiten zum Besuch weiterführender Schulen.

  • Evangelisch-deutsche Schulen in Tarutino (höhere gymnasiumsähnliche Schule für Jungen (1906 eröffnet) und Mädchen (1878 eröffnet) sowie in Sarata die Werner-Schule. Von diesen Möglichkeiten machten Krasnaer immer noch wenig Gebrauch, weil diese Schulen protestantisch orientiert waren.
  • Katholisch-deutsche Schulen in Karlsruhe/Odessa und Neufreudental/Odessa.
  • Nach 1918 schickten immer mehr vermögende Bauern ihre Kinder auf rumänische Gymnasien, z.B. die Staatsschule Akkerman.
  • In Oradia-Mare und Bukarest gab es für Buben und Mädchen Internate, z. T. in Klöstern.
  • Jassy war jetzt die meist genutzte Bildungsstätte für Priester- und Lehrernachwuchs.
  • In Arzis bestand seit 1935 zur Fortbildung junger Landwirte eine Bauernschule.

Eduard Ruscheinsky beschreibt die Situation so2): „In Bessarabien gab es keine höhere katholische Schule. Aber unsere Eltern waren sehr besorgt, ihren Kindern ihre angestammte Religion zu erhalten. Aus dieser Sorge heraus scheuten sie nicht die weiten Entfernungen und die hohen Kosten und schickten ihre Söhne in die höheren katholischen Schulen des Wolgaund Schwarzmeergebietes. Sehr viele wählten das katholische Priesterseminar zu Saratow, das ja auch unser Diözesanseminar war. Andere traten in das katholische Gymnasium des Professors Jakob Scherr in Karlruhe ein, einer deutsch-katholischen Kolonie des Schwarzmeergebietes. Ganz vereinzelt studierten auch einige Krasnaer Söhne in höheren evangelischen Schulen unserer Heimat Bessarabien, und zwar im deutschen Gymnasium zu Tarutino und in der deutsch-evangelischen Lehrerbildungsanstalt, der sogenannten Wernerschule zu Sarata. Ganz wenige bekamen auch eine höhere Schulbildung in staatlichen Schulen, sowohl zur russischen Zeit als auch zur rumänischen.“

Man muß auch sehen, daß die Unterbringung der Kinder in Internaten Kosten verursachte, die die Krasnaer Eltern, wenn sie denn nicht wohlhabende Bauern waren, nur mit Mühe aufbringen konnten.

1)
Erlaß von Staatsrat von Hahn vom 16. Julie 1843; abgedruckt in; Konrad Keller, „Die deutschen Kolonien in Südrußland, S. 107
2)
Kulturbilder aus unserer alten Heimat Krasna, Bessarabien
krasna/g-05-02-04.txt · Zuletzt geändert: 2019/04/02 12:16 von Otto Riehl Herausgeber