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krasna:g-05-01-04

5.1.4 Das Leben in der Pfarrgemeinde Krasna in den letzten Jahrzehnten

Zivilgemeinde und Kirchengemeinde Krasna waren in russischer Zeit praktisch identisch. Während der rumänischen Periode wurde eine strikte Trennung vorgeschrieben.
Die Zahl der Mitglieder der katholischen Kirchengemeinde Krasna kann man nahezu mit der Einwohnerzahl des Dorfes gleichsetzen. Es gab nur ganz wenige Nichtkatholiken im Dorf. Dies blieb so bis zur Umsiedlung.

Die Kirche war bis zum Schluß das kulturelle und religiöse Zentrum des Dorfes. Bis zum Anschluß Bessarabiens an Rumänien war die Kirche Trägerin der Krasnaer Schule. Während in rumänischer Zeit in der Schule für die deutsche Sprache kein Platz mehr war, fanden deutsche Sprache und Kultur in der Kirche eine Förderin.
Viele Einzelheiten über das Leben in der Pfarrgemeinde Krasna können bei Eduard Ruscheinsky: 126 Jahre kirchliches Leben in unserer alten Heimat Krasna/Bessarabien nachgelesen werden1).

⇒ Über den kirchlichen Landbesitz s. unter Ziff. 3.4 Die Gemarkung der Kolonie Krasna

⇒ Zur Enteignung kirchlichen Besitzes in der rumänischen Landreform s Ziff. 4.3 Landbesitzer und Landlose in Krasna.

⇒ Kirchliche Gebäude, Friedhof s. Ziff. 3.1 Das Dorf Krasna, seine Lage und sein Aussehen.

Der Pfarrer war wohl die am höchsten geachtete Persönlichkeit am Ort. Er wurde mit großem Respekt behandelt. Er wurde von den Leuten „Pater“, also Vater, nicht Pfarrer oder Pastor genannt. Aus Ehrfurcht küßten die Gläubigen dem Priester die Hand. Man grüßte ihn mit: „Gelobt sei Jesus Christus!“
Sein Rat war besonders in schwierigen Zeiten geschätzt. Die Gläubigen brachten ihrem Geistlichen großes Vertrauen entgegen.

Eduard Ruscheinsky bemerkt2)): „Man konnte eine richtige kindliche Verehrung dem Pfarrer gegenüber bei den Leuten feststellen.“ Der Pfarrer war auch in den politischen Entscheidungsprozeß der Gemeinde einbezogen. Er hatte dabei großen Einfluß. Nur einmal war das gute Einvernehmen dahin, das war 1934. Weil es nicht gelang, die Unstimmigkeiten zu schlichten, versetzte der Bischof Pfarrer Leibham an einen anderen Ort. Der Grund ist nicht eindeutig festzustellen. Eduard Ruscheinsky führt Widersprüche zwischen Pfarrer und Gemeinde vieldeutig auf „Schwächen und Gebrechen beider Teile“ zurück.

Der letzte Seelsorger in Krasna vor der Umsiedlung war Wilhelm Schumacher3). Er war sehr rührig, was einigen in der Gemeinde und manchen örtlichen Rumänen mißfiel und ihm viel Ärger einbrachte (s. unten). Er ließ das für die Jugend gedachte Vereinshaus „Unser Heim“ bauen (s Ziff. 3.1. Das Dorf Krasna, seine Lage und sein Aussehen).

Abb. 65: Pfarrer Schumacher

Pfarrer Schumacher bemühte sich sehr, das kulturelle Element in Krasna in mannigfaltiger Weise zu fördern (Musik, Theater, Änderungen im Gottesdienst). Er geriet in die politischen Mühlen der rumänischen örtlichen Potentaten. Er war Reichsdeutscher und bot daher eine Angriffsfläche. Es gelang nur mit Mühe, seine Aufenthaltsdauer zu verlängern. Man machte ihm den Prozeß unter dem Vorwurf subversiver Tätigkeit. Hauptbelastungspunkt war sein Bemühen, in dem neuen Heim ein kulturelles Zentrum und der deutschen Sprache einen Hort zu schaffen. Dies mißfiel u. a. dem rumänischen Schulleiter. Es entspann sich ein regelrechter „Kulturkampf“ mit der Schulleitung. Während die deutschen Veranstaltungen des Pfarrers im Heim stets nahezu das ganze Dorf anzogen, blieben die Plätze bei rumänischen Veranstaltungen leer, zumal wenn sie zur gleichen Zeit stattfanden wie die des Pfarrers oder zu Meßzeiten.

Pfarrer Schumacher wurde wegen angeblicher nationalsozialistischer Umtriebe etwa zwei Wochen in Bukarest festgehalten. An diesen Vorwürfen war nichts dran. Man muß einfach unterstellen, daß allein sein Engagement für die Pflege deutscher Kultur den Rumänen mißfiel. Die Gemeinde solidarisierte sich mit ihrem Pfarrer. Der Kirchenrat sammelte Unterschriften unter einer Erklärung, die die Verdienste des Pfarrers für die Gemeinde herausstellte. Daraufhin durfte er zu seiner Gemeinde zurückkehren. Einiges Material über diese Angelegenheit ist erhalten geblieben4).

Der Kirchenrat

Neben dem Pfarrer hatte der Kirchenrat in rumänischer Zeit entscheidendes Gewicht in der Pfarrgemeinde Krasna, nachdem die in russischer Zeit bestehende Einheit zwischen Zivil- und Pfarrgemeinde aufgehoben worden war. Der Kirchenrat beriet und entschied gemeinsam mit dem Pfarrer über alle wichtigen Angelegenheiten der Gemeinde, von den Gottesdiensten über die Finanzen, die Gebäude und das Personal.
Einzelheiten über dieses Gremium (Kompetenzen, Zusammensetzung, Wahlperioden etc.) konnten nicht ermittelt werden.

Lediglich zwei Hinweise auf Mitglieder des Kollegiums wurden gefunden.

  • Beim Besuch des Bischofs in Krasna im November 1921 wurde im Pfarrhaus ein Protokoll aufgenommen, das neben den beiden Bischöfen, der Ortspfarrer Bernhard Leibham und die Repräsentanten der Kirchengemeinde unterzeichneten. Es waren dies Peter und Gottlieb Leintz, Maximilian Hein, M. Volk, S. Dirk, A. Sauterle und M. Ternes.
  • Das Photo einer Männergruppe bei der Grundsteinlegung des Pfarrheims (s. Ziff. 3.1 Das Dorf) scheint den 1936 im Amt befindlichen Kirchenrat zu zeigen.

Kirchenväter

Als Kirchenväter bezeichnete man acht jährlich gewählte Aufseher über die Kinder und Jugendlichen während der Messe. Zwei waren den Knaben und Jugendlichen, zwei den Mädchen zugeordnet. Zwei waren am Kircheneingang postiert und zwei auf dem Chor. Auf diese Weise wurde Zucht und Ordnung gewährleistet, denn niemand von den Jugendlichen und Kindern wollte es riskieren, eine ordentliche Ohrfeige zu kassieren.
Nach einer Meldung der Dakota Rundschau vom 13. Februar 1931 wurden im Jahre 1931 als Kirchenväter bestellt: „…bei den Knaben Reimund Schäfer, bei den Burschen Josef Lorenz Riehl, bei den kleinen Mädchen Michael Wingenbach und bei den großen Mädchen Kaspar Söhn. Auf dem Chor sind Kaspar Gedack und Eusebius Herrmann.“

Küster/Organist

In Krasna hatte der Küster eine andere Funktion als der Küster in Deutschland5). Er hatte Religionsunterricht zu erteilen, die Orgel zu spielen, den Kirchenchor zu leiten, wenn erforderlich, Wortgottesdienst zu halten. Diese Funktion wurde meist von Lehrern wahrgenommen. Folgende Männer konnten als Küster in Krasna ermittelt werden: Maximilian Hein, Felitian Glas, Edmund Gansky, Michael Ziebart.

Der Sonntag und der sonntägliche Gottesdienst

Der Sonntag war geheiligt. An Sonntagen wurde keinerlei Arbeit verrichtet, auch nicht in der Ernte- und der Dreschzeit. Die ganze Familie ging am Sonntagvormittag zur Kirche. Es gab eine Frühmesse und das Hochamt. Nachmittags war Vesper.

Pfarrer Schumacher beschreibt in seinem ersten Jahresbericht die Krasnaer Gläubigen:

„Die Messen wurden in traditioneller Weise gehalten. Messen und Vesper sind gut besucht. Inhalt und Format der Meßfeier ist durch lange Tradition vorgegeben. Jeder Versuch, dies zu ändern, jeder Vorschlag, der in diese Richtung geht, wird strikt abgelehnt, sogar von katholischen Lehrern.
Man hält auf militär-ähnliche Disziplin:

  • Acht jährlich gewählte Aufseher halten während der Messe Ordnung (s. Kirchenväter).
  • Am Ende der Messe verlassen die Gottesdienstbesucher die Kirche geordnet und in vorgeschriebener Weise. Frauen, die schnell nach Hause müssen, um zu kochen, gehen zuerst. Ihnen folgen die kleinen Jungen und die männlichen Jugendlichen. Dann gehen die Männer, angeführt durch den Primar und die Kirchenratsmitglieder. Es folgen die kleinen Mädchen, die weiblichen Jugendlichen und die Frauen, die nicht zum Kochen nach Hause müssen.
    Das Experiment, dienstags und freitags Werktagsmessen anzubieten, ist bis jetzt nicht gut eingeschlagen.“

Höhepunkte des Kirchenjahres waren die Fastenwochen, die Karwoche und Ostern, Pfingsten, Fronleichnam, Allerseelen, Allerheiligen, Advent, Weihnachten.
Die Taufe, die Sterbesakramente, das gemeinsame Rosenkranzgebet, die Maiandacht erfüllten die religiöse Sehnsucht. Feierliche Prozessionen und große Kommunionfeste begeisterten die Gemeinde Krasna.
⇒ s. auch unter Festtagsbräuche in Ziff. 5.3 Kultur, Sitten und Gebräuche

Die Fastenzeiten

Die in den ersten Jahrzehnten in Krasna eingesetzten polnischen Geistlichen nahmen es mit dem Fastengebot sehr streng. Es gab die großen Fasten von Aschermittwoch bis Ostern, das vierwöchige Adventsfasten vor Weihnachten, die vier Quatemberfasten6) und das zweitägige Fasten in der Woche das ganze Jahr hindurch.
Die von den polnischen Geistlichen ebenfalls eingeführten „schwarzen Fasten“ (zusätzlich zur Enthaltung von Fleischspeisen auch Abstinenz von Eier- und Milchspeisen während der großen Fasten) wurden seit Ende des 19. Jahrhunderts nicht mehr praktiziert. Alle anderen Fasten wurden bis zum Schluß mehr oder weniger streng gehandhabt.

Karwoche und Ostern

Nach dem Brauch der katholischen Kirche schwiegen ab Gründdonnerstag die Glocken. Sie wurden erst am Samstag wieder geläutet. Die Klapperbuben mit ihren Rätschen ersetzten das Glockenläuten (s. Ziff. 5.3 Kultur, Sitten und Gebräuche).
Das Allerheiligste wurde am Gründonnerstag in der sogenannten Meßdienersakristei ausgesetzt. Dort hielten Gläubige Wache (Beten vor dem Allerheiligsten).
Über Tag wachten hauptsächlich Jungen und Mädchen. Jede halbe Stunde wurde ihre Wache abgelöst. Abends und nachts übernahmen Erwachsene diese Wachen.

Der Karfreitag wich von üblichen Feiertagen ab. An diesem Tag durfte man nicht in der Erde arbeiten, andere Tätigkeiten aber verrichten. Auch die Liturgie der Karfreitagsmesse war anders als an anderen Feiertagen. Lassen wir Alois Leinz als Klapperbube zu Wort kommen7): „Nach der Kreuzverehrung ist das Grab geöffnet, welches sich am Altar auf der Knabenseite (Josephsaltar) befindet. Eine in Menschengröße hingestreckte Figur stellt den Leichnam des Herrn im Grabe dar. Das Allerheiligste von der Meßdiener-Sakristei, wo am Gründonnerstag gewacht wurde, ist jetzt hier ausgesetzt. Die Klapperbuben wachen jetzt am Grabaltar. Gläubige treten hinzu und küssen die Stellen der fünf Wunden auf dem Kruzifix, was man im Volksmund ‚Herrgottschmutzä’ nennt, wobei jedesmal ein Geldstück in den daneben stehenden Opferteller klingt. Den ganzen Tag über hält das ‚Herrgottschmutzä’ an. Jung und alt verehren das Kreuz.“

Der Höhepunkt und der Abschluß der Karwoche war die Feier der Auferstehung am Ostersonntag morgen. In dieser Messe war die Kirche bis auf den letzten Platz besetzt. Der Kirchchor sang, die Rekruten standen mit Fahnen am Kircheneingang, viel Weihrauch wurde verstäubt. Nachdem der Priester das Allerheiligste enthüllt und den Ruf angestimmt hat „Der Heiland ist erstanden“ fielen Chor und Gläubige ein. Machtvolles Glockengeläut erscholl über das Dorf und die Steppe. In einer Prozession mit der Heilandfigur und dem Kreuz ging man singend dreimal um die Kirche.

Weihnachten

In der Heiligen Nacht war um 0.00 Uhr die feierliche Christmette. Das festlich geschmückte Gotteshaus war überfüllt mit Menschen. Ein großer Christbaum mit vielen brennenden Kerzen stand am Altar.
Am ersten und zweiten Weihnachtstag nahmen wieder fast alle Einwohner am Gottesdienst teil. Auch am dritten Weihnachtstag (Johannestag) wurde in Krasna ein Gottesdienst gefeiert.

Taufen

Wie der Taufakt im einzelnen ablief, ist nicht überliefert. E. Ruscheinsky berichtet lediglich, daß die Eltern aus Sorge, das Kind könnte vorher sterben, die Taufe so früh wie möglich angesetzt wurde, meist wohl schon wenige Tage nach der Geburt. Ortsüblich fand der Taufakt in der Kirche am Sonntag nach der Vesper statt. S. auch unter Ziff. 5.3 Kultur, Sitten und Gebräuche

Abb. 66: Taufe von Anselm Leeb

Erstkommunion

Die Erstkommunion war jedes Jahr ein großes kirchliches Ereignis. Am besten beschreibt es E. Ruscheinsky8)): „Eine sehr erbauliche Sitte in der alten Heimat war die Feier der ersten heiligen Kommunion. Sie galt als einer der größten Feiertage des ganzen Jahres. In jedem Hause, wo ein Erstkommunionkind war, wurde schon lange vorher gearbeitet und vorbereitet, um die Feier recht schön zu gestalten. Die Kinder schön gekleidet, die Knaben in Schwarz mit einem Sträußchen auf der Brust, die Mädchen in Weiß mit Kränzchen und Schleier auf dem Kopf, wurden am Weißen Sonntag mit feierlicher Prozession unter Glockengeläut von der Schule abgeholt und in die Kirche geleitet. Alle Kinder trugen brennende Kerzen in den Händen. In der Kirche angelangt, wurden die Kleinen in einer feierlichen Ansprache an diesen wichtigen Augenblick erinnert und zur Erneuerung des Taufgelübdes aufgefordert. Nach dieser Feierlichkeit begann das Hochamt, in dem die Kinder paarweise zum Tisch des Herrn hinzutraten.“

Damit die Kinder von armen Leuten auch einen schönen Kommuniontag bekamen, war es in Krasna Brauch, zumindest in den letzten Jahren unter Pfarrer Schumacher, daß mit Hilfe von Spenden aller Eltern ein gemeinsames Essen der Erstkommunikanten im Pfarrhaus stattfand.

Abb. 67: Erstkommunion-Gruppe Krasna Juni 1910 mit Pfarrer Bernhard Leibham

Firmung

Die Firmung der Jugendlichen war immer ein besonderes Fest. Es kam nur alle paar Jahre vor. Dann kam der Bischof ins Dorf. Er wurde am Bahnhof in Beresina mit Fahnen abgeholt, von Reitern begleitet. Die Dorfstraße war mit Girlanden geschmückt.

Abb. 68: Der Bischof wird im Pfarrhaus abgeholt

Trauungen

Trauungen wurden gewöhnlich während der Wintermonate gehalten. Die meisten Hochzeiten fanden im November statt (dann war die Feldarbeit getan). Das Hochzeitsaufgebot wurde vor der eigentlichen Zeremonie in Gegenwart der ganzen Gemeinde erlassen (dreimaliges Aufgebot von der Kanzel im Abstand von jeweils einer Woche). Danach fand – meistens an einem Dienstag - die Trauung mit anschließender Meßfeier statt.
⇒ s. auch Hochzeitsbräuche unter Ziff. 5.3 Kultur, Sitten und Gebräuche.

Hier noch eine kleine Anmerkung: Wenn ein Paar „heiraten mußte“, d. h. die Braut bereits vor der Hochzeit schwanger war, mußten die Brauleute vor dem Hochzeitstag drei Sonntage mit einer Kerze in der Hand während des ganzen Gottesdienstes unmittelbar vor der Kommunionbank zwischen den kleinen Jungen und Mädchen knien. Alois Leinz9): „…Es war eine außerordentlich peinliche Angelegenheit, dort vorne von allen gesehen zu werden. Diese Methode hielt man bis etwa 1930 noch aufrecht.“

Beerdigungen (die Leicht genannt)

Der Sterbende empfing die Sterbesakramente. In der Sterbestunde selbst waren, wenn möglich, alle Angehörigen um ihn versammelt. Man verrichtete stille Gebete und weinte Abschiedstränen.

Nach dem Tod wurde der Angehörige aufgebahrt, eine Wachskerze angezündet und am Kopfende ein Weihwassergefäß hingestellt. Sobald die Verwandten die Trauerbotschaft erfahren hatten, kamen sie in das Totenhaus, knieten nieder und beteten für die Seelenruhe des Verstorbenen.
Todesfälle im Dorf wurden am Sterbetag durch „Ausläuten“ bekanntgegeben. Das sogenannte „Todzeichenläuten“ erfolgte nach folgendem Schema:

  • für Kinder bis 14 Jahre die kleine Glocke,
  • für Jugendlichen bis 21 Jahre die mittlere Glocke,
  • für Erwachsene die große Glocke

drei Mal je drei einzelne Anschläge. Danach läuteten alle drei Glocken zusammen.

Die Verwandten und Freunde nahmen Abschied von dem Verstorbenen am offenen Sarg, mehrmals wurde dort der Rosenkranz gebetet.

Abb. 69: Der verstorbene Michael Ternes 1929

Am Tag des Leichenbegängnisses wurde der Sarg nach einem letzten Gebet von Männern aus der Nachbarschaft aus dem Haus getragen und dann auf dem Pferdewagen zur Kirche gefahren, von den Trägern in das Gotteshaus getragen, dort vor dem Altar aufgestellt. Dann folgte eine Messe mit Trauerfeier. Anschließend führte der Leichenzug, von den Ortsbewohnern begleitet, auf den nahe der Kirche gelegenen Friedhof, wo die abschließende Zeremonie mit Beisetzung stattfand. Während des Ganges bis ans Grab läuteten die Glocken. In den letzten Jahren spielte oft die Blaskapelle am Grab.

Abb. 70: Totenmesse in der Krasnaer Pfarrkirche

Prozessionen

Die polnischen Priester hatten in Krasna einen Brauch eingeführt, der bei der Bevölkerung lebhaften Anklang fand: regelmäßige Prozessionen. Es gab verschiedene Formen zu unterschiedlichen Anlässen10).

  • Prozessionen mit dem Allerheiligsten Sakrament um die Kirche fanden an jedem erstklassigen Feiertag vor oder nach dem Hochamt statt. Dieser Brauch wurde bis zur Umsiedlung beibehalten.
  • Bittprozessionen
    Am Tage des hl. Markus am 25. April und an den drei Bittagen wurden Bittprozessionen veranstaltet, deren Zielpunkte die Dorf- und Feldkreuze waren. An der Spitze des Zuges trug ein Junge das Prozessionskreuz. Die Gemeinde folgte in einer bestimmten Ordnung. Vor dem Pfarrer gingen junge Männer mit Kirchenfahnen. Bis zur Ankunft am Feldkreuz wurde der Rosenkranz gebetet, unterbrochen durch den Sängerchor, der abwechselnd die Anrufungen und Bitten der Allerheiligenlitanei sang. Nach dem Besuch einiger Kreuze des einen Dorfendes zog die Prozession in derselben Ordnung wieder in die Pfarrkirche zurück. An den anderen beiden Bittagen wurden die Kreuze des anderen Dorfendes und der Mitte in gleicher Art und Weise besucht.
  • Fronleichnam
    Abb. 71: Junge Männer schmücken die Hauptstraße am Fronleichnamstag


    Fronleichnam war in Krasna so ziemlich das höchste kirchliche Fest.
    Die Feier von Fronleichnam wurde von der Bevölkerung aktiv mitgestaltet.
    Es gab eine feierliche Prozession. Vier Altäre wurden auf der Straße in Kirchennähe errichtet. Das Straßenstück, wo die Altäre standen, wurde mit grünen Baumzweigen und Gras geschmückt.
    J. Erker11): „Die Hauptstraße von Krasna wurde am Fronleichnamstag von jungen Männern festlich geschmückt. Dieses Fest war der höchste Feiertag der römisch katholischen Bevölkerung in Bessarabien.\\

    Abb. 72: Legen von Blumenteppichen zu Fronleichnam


    Während der Prozession streuten die Mädchen, die am vorangegangenen Weißen Sonntag zur Erstkommunion gegangen waren, vor dem Allerheiligsten Blumen. Mauern und Häuser standen zu diesem Fest alljährlich in neuem Glanz.“

Rosenkranzgebete und Maiandachten

Eine besondere Liebe hatten die Krasnaer für das Rosenkranzgebet. Im Rosenkranzmonat Oktober war an den Wochentagen in der Messe und sonntags in der Nachmittagsandacht ein gemeinsames Rosenkranzgebet.

Der Frühlingsmonat Mai war der Muttergottes geweiht. Jeden Abend versammelte sich die Gemeinde zur gemeinsamen Muttergottesverehrung in der Kirche. Diese Andacht hielt der Priester am geschmückten Muttergottesaltar auf der linken Seite der Kirche.

Kirchengesang

Bei der Gründung von Krasna benutzte man noch Gesangbücher aus der alten Heimat. Die polnischen Priester führten ziemlich bald den lateinischen Kirchengesang ein und verdrängten das deutsche Kirchenlied völlig. Als dann nach 1870 deutsche Priester kamen, fehlte das gute deutsche Gesangbuch. Lassen wir wieder Eduard Ruscheinsky zu Wort kommen12)): „Besser wurde es mit dem deutschen Kirchenlied, als im Jahre 1908 das für die ganze Diözese Tiraspol einheitliche Gesangbuch „Alleluja“ herauskam. Zur Hebung unseres Kirchengesangs führte auch die Anschaffung einer Orgel im Jahre 1906. Eine sehr starke Wendung zum Besseren trat in den letzten Jahrzehnten unseres Bestehens im Kirchengesang ein. Durch die Errichtung unseres Heims wurde für die Pflege des deutschen Liedes die günstige Stätte geschaffen.“

Volksmission

Um den religiösen Eifer zu beleben und anzuregen, hielt man Volksmissionen ab. Nachdem im Jahre 1906 in Rußland Versammlungsfreiheit erlaubt und weitere bürgerliche Rechte zugestanden worden waren, fand in Krasna im Jahre 1907 die erste Volksmission statt. Vier Redemptoristen aus Wien führten sie im Sommer durch. Zum Andenken an diese Mission brachten die Missionare ein mannshohes Kreuz im Innern der Kirche neben dem Beichtstuhl an.

Die Volksmissionen wiederholten sich zwischen den beiden Weltkriegen noch zweimal, die eine im Jahre 1922. Diesmal kamen die Missionare nicht mehr aus dem Ausland, sondern aus der rumänischen Stadt Tschernowitz/Bukowina. Die letzte Mission fand im Jahre 1934 statt. Eduard Ruscheinsky berichtet: „Diesmal wurde bloß ein Missionar geschickt, der zum großen Teil die Aufgabe hatte, das gute Einvernehmen zwischen dem Pfarrer und den Pfarrkindern, das in der letzten Zeit gestört war, wieder herzustellen. Leider ist es ihm nicht gelungen.“
Der Pfarrer wurde versetzt.

Kirchweihfest

Die Patronatsfeier für die Krasnaer Kirche war am Namenstag des Kirchenpatrons Joseph, am 19. März. Ein aufwendiges Kirchweihfest, wie in manchen anderen bessarabischen Dörfern, gab es in Krasna nicht

1)
erschienen in Heimatbuch der Bessarabiendeutschen, 20 jahre nach der Umsiedlung 1960, S. 10
2)
Eduard Ruscheinsky; 126 Jahre kirchliches Leben in unserer alten Heimat Krasna/Bessarabien (Heimatbuch der Bessarabiendeutschen 1960
3)
Er wurde am 23. 02. 1882 in Köln-Mühlheim geboren, er strab am 24. 08. 1953 und wurde in Pfaffendorf/Erft, seiner letzen Pfarrei, beigesetzt.
4)
ARCHIVAL MATERIAL FROM THE COMMUNITY OF KRASNA; MICROCOPY T81, ROLL 599, from the NATIONAL ARCHIVES II at College Park, MD, USA
5)
In Deutschland ist er verantwortlich für die Vorbereitung des Gottesdienstes, d.h. für die liturgischen „Geräte“ und Bücher, für die Pflege und das Bereitlegen der liturgischen Kleidung, für das Glockenläuten und andere Dinge
6)
Mit Quatember bezeichnet man die drei Fasttage Mittwoch, Freitag und Samstag, die viermal im Jahr stattfinden, und zwar nach Pfingsten, Kreuzerhöhung (14. September), Sankt-Lucia-Tag (13. Dezember) und dem 1. Fastensonntag in der Fastenzeit.
7)
Alois Leinz; Die Klapperbuben, abgedruckt in Heimatbuch, 25 Jahre nach der Umsiedlung, Herbst 1965, S.287
8)
126 Jahre kirchliches Leben in unserer alten Heimat Krasna/Bessarabien (Heimatbuch der Bessarabiendeutschen 1960, S. 10
9)
Alois Leinz, Von der Wiege bis zur Bahre, in Heimatbuch 25 Jahre nach der Umsiedlung, 1965, S. 220
10)
E. Ruscheinsky beschreibt sie im einzelnen in: 126 Jahre kirchliches Leben in unserer alten Heimat Krasna/Bessarabien, Heimatbuch der Bessarabiendeutschen 1960.
11)
Das Schicksal unserer Volksgruppe, S. 54
12)
126 Jahre kirchliches Leben in unserer alten Heimat Krasna/Bessarabien (Heimatbuch der Bessarabiendeutschen 1960
krasna/g-05-01-04.txt · Zuletzt geändert: 2023/02/18 12:26 von Otto Riehl Herausgeber